Die Dame aus Potsdam
halb leer – aber gräm dich nicht, Octopussy, wir kommen ja zurück.«
Wenig später brummte UNI 81/12 über die Konrad-Adenauer-Brücke zum Ramersdorfer Kreuz, das als gewaltiges Kleeblatt aus Beton die Landschaft zierte.
»Herr des Himmels«, staunte Peters, der auf dem Beifahrersitz versuchte, den verdrehten Gurt in Ordnung zu bringen. »Du kannst ja schneller fahren als sechzig.«
»Gib den Status ein, und schnall dich an!« Lupus legte noch einen Zahn zu. Da die Strecke ausnahmsweise nicht sehr stark befahren war, hielt sich die Verkehrsgefährdung in Grenzen.
Nach der Abfahrt Beuel-Ost staute eine Fahrzeugkolonne des BGS bis zur Kölnstraße zurück. Auch das wütende Aufheulen des Motors ließ UNI 81/12 nicht schneller vorwärtskommen als die anderen Blechkisten. Die Richthofenstraße in Hangelar erinnerte daran, daß der Flugplatz nicht mehr weit sein konnte.
Der Verkehrslandeplatz Hangelar, nordöstlich von Bonn, war Lupus bestens vertraut. Hier hatte im Fall »Schnee im Regierungsviertel« sein Kommissar mit dem Dienstwagen das Flugzeug eines Bombenlegers gerammt, um ihn am Entkommen zu hindern.
Lupus steuerte an Tant’ Tinchens Fliegerklause vorbei bis vor den Eingang zum Tower. Den Hinweis am Verwaltungsgebäude »Zutritt für Unbefugte verboten« bezog er nicht auf sich. Er nahm die Treppenstufen zum Tower so schnell, daß Peters Mühe hatte, ihm zu folgen. Auf ein Klingelzeichen wurde das Elektroschloß von innen freigegeben, und die Tür sprang auf.
Lupus nahm es als einen Fingerzeig des Himmels, daß Freibergs Freund Stockmann Dienst hatte. Am Funktisch saß noch ein zweiter, sehr junger Mann, der – wie es schien – angelernt wurde.
»Nun – schon wieder die Kripo auf dem Tower?« wunderte sich Stockmann. »Das bedeutet nichts Gutes.«
Lupus grinste. »Darf ich bekannt machen: mein Kollege Peters, auch von der Mordkommission – Oberamtmann Stockmann von der Luftaufsicht Nordrhein-Westfalen.« Nach einem kurzen Händedruck fuhr Lupus beruhigend fort: »Heute gibt’s keine Jagd mit Autos. Wir möchten nur wissen, ob hier ein Bernd Kalisch bekannt ist.«
»Kalisch – aber natürlich! Der hat doch die Mooney gekauft, nachdem Freiberg den Vorbesitzer festgenommen hatte. Kalisch fliegt viel und zahlt pünktlich seine Gebühren. Aber um das zu erfahren, seid ihr doch nicht hergekommen. Worum geht es wirklich?«
»Ist Kalisch jetzt mit seiner Maschine unterwegs?«
»Das weiß ich nicht. Mein Dienst hat erst vor zwei Stunden begonnen. Aber ich rufe mal in der Halle an, ob sein Vogel dort steht.«
Kurz darauf kam die Antwort, daß der Standplatz nicht besetzt sei. Stockmann nahm sein Fernglas und suchte das Vorfeld ab. »Keine Mooney da – Kalisch muß unterwegs sein.«
»Können Sie denn feststellen, wann und wohin jemand fliegt?« fragte Peters. »Ich verstehe nichts von der Fliegerei und bin zum erstenmal in meinem Leben auf einem Tower.«
»Aber sicher können wir das. – Ich werd’ mal nachsehen.«
»Wenn, dann müßte er gestern gestartet sein«, sagte Lupus. »Am frühen Nachmittag vielleicht.«
»Das ist schnell geklärt.« Stockmann fuhr mit dem Finger senkrecht an den Seiten des Hauptflugbuchs entlang. »Ja, hier! Da habe ich ihn schon. Start um 15.21 Uhr.«
»Und wohin?«
»Abgemeldet hat er sich für einen Inlandsflug nach Hannover – aber nicht allein.«
»Und was heißt das?«
»Hier steht: Plus eins. Also ist ein Passagier dabei.«
»Der schaukelt wirklich mit der Randolf durch die Welt«, staunte Lupus.
Stockmann blickte verständnislos von einem zum andern.
»Wir brauchen die Aussagen der beiden in einem Mordfall«, klärte Lupus ihn auf.
Der Mann vom Tower kannte das Spiel. »Ich frage mal in Hannover an, ob die Mooney schon wieder raus ist.«
Während Stockmann telefonierte, sah sich Peters auf dem Tower um. Der zentrale Raum wurde beherrscht von einem Schalt- und Überwachungstisch, der noch beeindruckender war als die Funktische in der Einsatzleitstelle des Präsidiums. Eine Vielzahl von Schaltern, Kontrollgeräten, Oszillographen, dazu Telefone, Lautsprecher und Mikrofone ließen die geballte Technik erahnen, mit der auch auf kleinen Flugplätzen der Betrieb gesteuert wird. Unübersehbar ragte in der Mitte der rote Alarmknopf hervor. Die schräggestellten Panoramascheiben ermöglichten einen optimalen Rundblick auf das Flugfeld, die Startbahnen und Taxiways sowie Hallen und Abstellplätze. Im Westen ragte der Tower des Bundesgrenzschutzes über einer
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