Die Dame aus Potsdam
Bonn an, um Lupus über die Entwicklung zu unterrichten. Er bat ihn, alles zu unternehmen, um den Aufenthaltsort von Bernd Kalisch und Beate Randolf zu ermitteln. Beide müßten ständig und lückenlos beobachtet werden, so daß eine Vorladung oder Vorführung jederzeit möglich sei. Sie dürften auf keinen Fall Bonn verlassen. »In etwa sechs bis sieben Stunden sind Ahrens und ich wieder im Präsidium. Bis dann!« schloß er die Durchsage.
Der Flugleiter stand in der Tür und lächelte. So hatte er von der Geschichte doch noch etwas erfahren.
21
Das Sondereinsatzkommando unter der Leitung von Polizeihauptkommissar Petkofer, einem eher gemächlich wirkenden Mann, hatte sich unauffällig in dem unübersichtlichen Garten- und Gewerbeviertel nordwestlich des Schlosses Cecilienhof auseinandergezogen und den Gebäudekomplex der Großhandels GmbH Meierbeer umstellt. Die Straßenfront bestand aus einer großen Halle, in der Stückgut umgeladen wurde. Die anderen Gebäude schlossen zum Jungfernsee hin an. Vom Gästehaus ging der Blick über den See bis zum Königswald. Am Steg lag ein Boot mit Außenbordmotor.
Oberkommissar Hurler von der MUK hatte ermittelt, daß Hartenstein im großen Gästezimmer mit der vorgeschobenen Seeterrasse logierte. Darüber lag das Zimmer des Distel-Club-Vorsitzenden und Chefs des Handelsunternehmens, Dr. Persmann, der seine Verdienste aus dem MfS in den »Ruhestand« mitgenommen hatte.
Im Terrassenzimmer waren die Vorhänge zugezogen, die Tür war gekippt; unbemerkt ließ sie sich nicht aufdrücken. Die Landseite des Hauses wurde von SEK-Männern gesichert, die sich auf dem Nachbargrundstück als Gartenarbeiter nützlich machten. In der Nähe der Terrasse, die nur durch einen schmalen Weg und den bewachsenen Uferstreifen vom See getrennt war, saßen drei Angler und dösten in den Morgen. In ihren Weidenkörben bewahrten sie allerdings weder Fische noch Köder auf, sondern Blendgranaten und kurzläufige Maschinenpistolen der Firma Heckler & Koch. An der Bertinistraße machten sich zwei weitere Männer in blauen Arbeitskitteln an einem liegengebliebenen Fahrzeug zu schaffen; mehrere Straßenarbeiter füllten Schlaglöcher auf. Alle Beteiligten konnten ihre Tarnkleidung in Sekunden abstreifen, so daß sie beim Einsatz sofort als Polizist zu erkennen waren.
Am Tor in der Mauer stand das Befehlsfahrzeug mit Funkverbindung zum Präsidium. Dort wurde auch die Leiterin der MUK erwartet. Sie würde die Festnahme veranlassen. Die Durchführung war dann Sache des SEK.
Unter taktischen Gesichtspunkten erschien die Lage einfach und übersichtlich. In diesem abgelegenen Gelände ließ sich der Gebäudekomplex Meierbeer ohne Schwierigkeiten absichern. Insoweit bot auch die Wasserseite kein Problem, denn nach Osten konnte von dort niemand unbemerkt entkommen.
Die Vorbereitungen waren so zeitig abgeschlossen gewesen, daß Hauptkommissarin Lette die Festnahme schon bei der Abfahrt zum Flugplatz Schönhagen hätte anordnen können. Jetzt dehnten sich die Minuten. SEK-Einsatzleiter Petkofer sah immer wieder auf die Uhr; er wußte nur, daß noch zusätzliche Ermittlungen liefen. Über Funk hatte er seine Leute entsprechend informiert. Den Anglern, Gärtnern, Monteuren und Straßenarbeitern machte das Warten nichts aus – sie waren daran gewöhnt.
Für den Fall einer sofortigen Festnahme, auch vor dem Eintreffen der Kommissarin am Befehlsfahrzeug, war das Stichwort »Identität« vereinbart. Petkofer erfuhr von seinem Kollegen Hurler, daß damit die Übereinstimmung der Fingerabdrücke Hartensteins mit denen am Rallye-Klebeband vom Auspuff des Civic bestätigt werden sollte. Dem SEK-Chef war jedes Stichwort recht, wenn es nur nicht zu Verwechslungen führte.
Hauptkommissarin Lette war gegen neun Uhr wieder im Präsidium. Es wurde höchste Zeit, den Gruppenleiter über die neue Entwicklung und den Blitzstart ihres Kollegen nach Bonn zu informieren. Sie war sicher, daß sie an Freibergs Stelle genauso gehandelt hätte. Vielleicht hatte er so die Möglichkeit, die Morde in den nächsten Stunden in Bonn aufzuklären. Viel unangenehmer erschien ihr persönlich die Aufgabe, ihrem Chef deutlich zu machen, daß der personalaufwendige Einsatz des SEK unter Umständen ein Fehlschlag werden könnte.
Gruppenleiter Noack nahm die Information nicht gerade begeistert auf. »Was soll das heißen, Sie mußten im Fall Marino einer neuen Spur nachgehen und auf dem Flugplatz Schönhagen ermitteln? Wieso ist
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