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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Geste und einem zischelnd, aber recht nett klingenden Wort Einhalt.
    Als Gegenwert des Knopfes erwiesen sich eine Schüssel dicke Gemüsesuppe, ein Tontopf mit Bohnen und Speck, Brot und ein kleiner Krug mit verdünntem Wein. Beim ersten Löffel meinteCiri, sie werde gleich losweinen. Doch sie beherrschte sich. Sie aß langsam. Mit Genuss.
    Die Wirtin kam, klirrte eine Frage, legte die Wange an die zusammengelegten Hände. Ob sie über Nacht bleiben wolle?
    »Ich weiß nicht«, sagte Ciri. »Vielleicht. Jedenfalls danke für das Angebot.«
    Die Frau lächelte und ging in die Küche.
    Ciri öffnete den Gürtel, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Sie überlegte, was sie tun sollte. Der Ort – vor allem im Vergleich zu den paar letzten – war sympathisch, lud zum Verweilen ein. Sie wusste jedoch, dass zu viel Vertrauen gefährlich sein konnte und zu wenig Wachsamkeit verderbenbringend.
    Ein schwarzer Kater, genau so einer wie auf dem Schild, tauchte wer weiß woher auf, rieb sich an ihr, machte einen Buckel. Sie streichelte ihn, der Kater stupste leicht mit dem Kopf gegen ihre Hand, setzte sich und begann, sich das Fell auf der Brust zu lecken. Ciri schaute zu.
    Sie sah Jarre im Kreis von irgendwelchen unangenehm aussehenden, zerlumpten Kerlen an einem Lagerfeuer sitzen. Alle bissen in etwas, das wie Stücke von Holzkohle aussah.
    »Jarre?«
    »So muss es sein«, sagte der junge Mann und blickte in die Flammen. »Ich habe davon in der
Geschichte der Kriege
gelesen, dem Werk von Marschall Pelligram. So muss es sein, wenn das Vaterland in Not ist.«
    »Was muss sein? Kohlen kauen?«
    »Ja. Genau so. Das Vaterland ruft. Und teils aus persönlichen Beweggründen.«
    »Ciri, schlaf nicht im Sattel«, sagte Yennefer. »Wir sind gleich da.«
    An den Häusern der Stadt, wo sie gleich sein werden, an allen Türen und Toren sind große Kreuze zu sehen, mit weißer Farbe oder mit Tünche aufgemalt. Schwaden von dichtem und stinkendem Rauch ziehen einher, Rauch von Scheiterhaufen, aufdenen Leichen verbrannt werden. Yennefer scheint das nicht zu bemerken.
    »Ich muss mich schön machen.«
    Vor ihrem Gesicht, über den Ohren des Pferdes schwebt ein Spiegel. Der Kamm tanzt in der Luft, kämmt die schwarzen Locken. Yennefer verwendet nur Zauber, die Hände benutzt sie überhaupt nicht, denn   …
    Denn ihre Hände sind eine Masse geronnenen Blutes.
    »Mamalein! Was haben sie mit dir gemacht?«
    »Steh auf, Mädchen«, sagte Coën. »Bezwinge den Schmerz, steh auf, und auf den Kamm! Sonst kriegst du Angst. Willst du bis an dein Lebensende vor Angst sterben?«
    Seine gelben Augen leuchten ungut. Er gähnt. Seine spitzen Zähne funkeln weiß. Das ist überhaupt nicht Coën. Das ist der Kater. Der schwarze Kater   …
    Die viele Meilen lange Militärkolonne marschiert, über ihr weht und wogt ein Wald von Lanzen und Bannern. Jarre marschiert auch, auf dem Kopf hat er einen runden Helm, auf der Schulter eine Pike, so lang, dass er sie krampfhaft festhalten muss, mit beiden Händen, sonst würde sie ihn umwerfen. Trommelnd, dröhnend und rumpelnd schwillt Soldatengesang an und ab. Über der Kolonne kreisen Raben. Viele Raben   …
    Ein Seeufer, am Strand zusammengedrängte Schaummützen, angeschwemmtes verfaultes Schilf. Im See eine Insel. Ein Turm. Von Zinnen gekrönt, mit den Auswüchsen der Wehrgänge besetzt, ragt er auf. Über dem Turm ein indigoblauer Abendhimmel, ein glänzender Mond, hell wie ein mittendurch gehauener goldener Taler. Auf der Terrasse zwei in Sesseln sitzende Frauen, in Pelze gehüllt. Ein Mann in einem Boot   …
    Ein Spiegel und ein Gobelin.
    Ciri reißt den Kopf hoch. Ihr gegenüber am Tisch sitzt Eredin Bréacc Glass.
    »Du musst doch wissen«, sagt er, »dass du nur das Unvermeidlichehinauszögerst. Du gehörst uns, und wir werden dich kriegen.«
    »Von wegen!«
    »Du wirst zu uns zurückkehren. Wirst ein wenig durch Orte und Zeiten reisen, dann triffst du auf die Spirale, und auf der Spirale kriegen wir dich. In deine Welt und deine Zeit wirst du nie mehr zurückkehren. Übrigens ist es schon zu spät. Da ist niemand mehr, zu dem du zurückkehren könntest. Die Menschen, die du gekannt hast, sind längst tot. Über ihre Gräber ist Gras gewachsen, sie sind verfallen. Ihre Namen sind vergessen. Dein Name ebenfalls.«
    »Du lügst! Ich glaube dir nicht!«
    »Was du glaubst, ist deine Privatangelegenheit. Ich wiederhole, bald triffst du auf die Spirale, und dort warte ich schon. Insgeheim wünschst du

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