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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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paar hundert Schritt.«
    Ein paar hundert Schritt, dachte Flaut. Auf offenem Terrain, wie auf dem Präsentierteller. Die Aale wanden sich, suchten mit Macht einen Ausgang aus seinen Innereien. Mindestens einer, Flaut spürte das genau, war auf dem richtigen Wege.
    Ich habe einen Steigbügel klirren hören. Ein Pferd schnauben. Dort, mitten in dem saftigen Grün der jungen Tannen auf dem Sandhang. Hat sich dort etwas bewegt? Eine Silhouette?
    Umzingeln sie uns?
    Im Lager ging das Gerücht, vor ein paar Tagen hätten die Condottieri aus der Freikompagnie einen Beritt der Brigade »Vrihedd« in den Hinterhalt gelockt und einen Elf lebendig gefangen genommen. Es hieß, sie hätten ihn kastriert, ihm dieZunge ausgerissen, sämtliche Finger abgeschnitten   … Und zum Schluss hatten sie ihm die Augen ausgedrückt. Jetzt, hatten sie gespottet, kannst du dich auf keine Weise mehr mit deiner Elfenschlampe vergnügen. Und du kannst nicht einmal zuschauen, wenn sie sich mit anderen vergnügt.
    »Na, Herr?«, krächzte der Wachtmeister. »Springen wir mal kurz auf die Anhöhe?«
    Lamarr Flaut schluckte. »Nein«, sagte er. »Wir dürfen keine Zeit vergeuden. Wir haben festgestellt: Hier gibt es keinen Feind. Das müssen wir der Führung melden. Wir kehren um!«
     
    Menno Coehoorn hörte sich die Meldung an, blickte von den Karten auf.
    »Zu den Bannern«, befahl er knapp. »Herr Braibant, Herr de Mellis-Stoke. Angriff!«
    »Es lebe der Kaiser!«, schrien Tyrconnel und Eggebracht. Menno bedachte sie mit einem sonderbaren Blick.
    »Zu den Bannern«, wiederholte er. »Möge die Große Sonne eurem Ruhme scheinen.«
     
    Milo Vanderbeck, der Halbling und Feldchirurg, bekannt als Rusty, sog eifrig die durchdringende Mischung von Gerüchen nach Jod, Ammoniak, Alkohol, Äther und magischen Elixieren ein, die unter der Zeltplane hing. Er wollte sich jetzt mit diesem Geruch sättigen, solange er noch gesund, rein, jungfräulich unverdorben und klinisch steril war. Er wusste, dass es nicht lange dabei bleiben würde.
    Er schaute auf den Operationstisch, der ebenfalls jungfräulich weiß war, und auf das Instrumentarium, Dutzende von Gerätschaften, die mit der kühlen und bedrohlichen Würde kalten Stahls, mit der unbefleckten Sauberkeit des Metallschimmers, mit der regelmäßigen, ästhetischen Anordnung Respekt und Achtung einflößten.
    Beim Instrumentarium machte sich sein Personal zu schaffen– drei Frauen. Pah, berichtigte sich Rusty in Gedanken. Eine Frau und zwei Mädchen. Pah. Ein altes Weib, wenn es auch schön und jung aussieht. Und zwei Kinder.
    Die Magierin und Heilerin namens Marti Sodergren. Und zwei Freiwillige. Shani, eine Studentin aus Oxenfurt. Iola, eine Priesterin aus dem Tempel der Melitele in Ellander.
    Marti Sodergren kenne ich, dachte Rusty, mit diesem Schönchen habe ich schon ein paarmal gearbeitet. Ein bisschen nymphomanisch, neigt auch zur Hysterie, aber das macht nichts, solange ihre Magie wirkt. Betäubungs-, Desinfektions- und Blutstillungszauber.
    Iola. Priesterin oder eher wohl Adeptin. Ein Mädchen von einer Schönheit, rustikal und gewöhnlich wie Leinwand, mit großen, kräftigen Bauernhänden. Der Tempel hat verhindert, dass diese Hände von schwerer und schmutziger Feldarbeit verunstaltet werden. Doch er konnte ihre Herkunft nicht vertuschen.
    Nein, dachte Rusty, um die mache ich mir im Prinzip keine Sorgen. Die Hände einer Bäuerin sind sichere Hände, vertrauenswürdige Hände. Außerdem enttäuschen einen die Mädchen aus den Tempeln selten, in Augenblicken der Verzweiflung brechen sie nicht zusammen, sondern suchen Halt bei ihrer Religion, in ihrem mystischen Glauben. Und bemerkenswert: Es hilft.
    Er betrachtete die rothaarige Shani, die geschickt chirurgische Fäden durch die Öhre der gekrümmten Nadeln zog.
    Shani. Ein Kind stinkender Stadtgassen, das dank seines eigenen Wissensdurstes an die Uni gekommen ist – und dank unsäglicher Entbehrungen der Eltern, die die Gebühren bezahlten. Eine Studiosa. Eine Schlaubergerin. Eine Frohnatur. Was kann sie? Nadeln einfädeln? Druckverbände anlegen? Die Haken halten? Ha, die Frage lautet: Wenn die rothaarige Studentin ohnmächtig wird, lässt sie dann die Haken los und stürzt mit der Nase in den offenen Bauch des Operierten?
    Die Menschen sind so wenig widerstandsfähig, dachte er. Ich habe gebeten, mir eine Elfe zu geben. Oder jemanden von meiner eigenen Rasse. Aber nein. Sie haben kein Vertrauen.
    In mich übrigens auch nicht.
    Ich bin ein

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