Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
in den Ohren schmerzte und das ganze Schloss in den Grundfesten erbebte.
Das Krachen hallte im Schloss wider, die Wände erzitterten, die Girandolen begannen zu klingen. Polternd stürzte ein großes Ölporträt in vergoldetem Rahmen herab.
Den Söldnern, die vom Vestibül her gelaufen kamen, stand wilde Furcht in den Augen. Stefan Skellen brachte sie mit einem drohenden Blick zur Besinnung, rief sie mit kriegerischer Miene und Stimme zur Ordnung. »Was ist da los? Redet!«
»Herr Untersuchungsführer …«, brachte einer heiser hervor. »Es ist grässlich! Da sind Dämonen und Teufel los … Schießenunfehlbare Pfeile … Schlagen schrecklich drein … Dort ist der Tod … Es ist überall rot von Blut!«
»An die zehn sind gefallen … Vielleicht mehr … Und dort … Hört Ihr?«
Abermals krachte es, und das Schloss erbebte.
»Magie«, murmelte Skellen. »Vilgefortz … Na, wir werden sehen. Vergewissern wir uns, wer wen.«
Der nächste Söldner kam gelaufen. Er war bleich und mit Kalkstaub bedeckt. Lange brachte er kein Wort hervor; schließlich sprach er mit fahrigen Händen und bebender Stimme: »Dort … dort … ein Ungeheuer … Herr Untersuchungsführer … Wie eine große schwarze Fledermaus … Hat vor meinen Augen Menschen den Kopf abgerissen … Das Blut sprudelte nur so! Und er hat gepfiffen und gelacht … Solche Zähne hatte er!«
»Wir werden nicht davonkommen …«, flüsterte jemand hinter dem Rücken des Uhus.
»Herr Untersuchungsführer«, entschloss sich Boreas Mun zu reden. »Das sind Gespenster. Ich habe den jungen Grafen Cahir aep Ceallach gesehen. Und der ist ja tot.«
Skellen schaute ihn an, sagte aber nichts.
»Herr Stefan …«, stotterte Dacre Silifant. »Mit wem müssen wir hier kämpfen?«
»Das sind keine Menschen«, stöhnte jemand von den Söldnern. »Zauberer sind das und Höllenteufel! Dagegen sind Menschen machtlos …«
Der Uhu verschränkte die Arme vor der Brust, ließ den Blick kühn und herrisch über die Söldner schweifen. »Also werden wir uns«, verkündete er laut und prägnant, »nicht in diesen Konflikt der Höllenmächte einmischen! Sollen dort Dämonen mit Dämonen kämpfen, Zauberinnen mit Zauberern und Vampire mit aus dem Grabe Auferstandenen. Wir werden sie nicht dabei stören! Wir werden hier in Ruhe auf den Ausgang des Kampfes warten.«
Die Gesichter der Söldner hellten sich auf. Die Moral hob sich spürbar.
»Diese Treppe«, fuhr Skellen mit kräftiger Stimme fort, »ist der einzige Weg hinaus. Warten wir hier. Sehen wir, wer versuchen wird, hier herunterzukommen.«
Von oben her ertönte ein schreckliches Krachen, von der Decke rieselte hörbar Stuck. Es stank nach Schwefel und Brand.
»Hier ist es zu dunkel!«, rief der Uhu laut und kühn, um seine Truppe aufzumuntern. »Los, anzünden, was da ist! Fackeln, Leuchter! Wir müssen gut sehen, wer auf dieser Treppe erscheint! Füllt diesen eisernen Korb mit irgendetwas Brennbarem!«
»Womit, Herr?«
Skellen zeigte wortlos, womit.
»Mit den Bildern?«, fragte der Söldner ungläubig. »Der Malerei?«
»Genau«, fauchte der Uhu. »Was schaut ihr? Die Kunst ist tot!«
Die Rahmen wurden zerschlagen, die Leinwände zerrissen. Das gut ausgetrocknete Holz und die firnisgetränkte Leinwand fingen sofort Feuer, brannten mit heller Flamme.
Boreas Mun schaute zu. Er war schon fest entschlossen.
Es krachte, blitzte; die Säule, hinter die sie im letzten Moment hatten springen können, zerbarst. Der Schaft brach, das akanthusgeschmückte Kapitell stürzte zu Boden, zerschmetterte das Terrakottamosaik. Zischend kam ein Kugelblitz auf sie zugeflogen. Yennefer lenkte ihn ab, rief Zaubersprüche, gestikulierte.
Vilgefortz näherte sich ihnen, sein Umhang wehte wie Drachenflügel.
»Über Yennefer wundere ich mich nicht«, sagte er im Gehen. »Sie ist eine Frau, also ein evolutionsmäßig niederes Wesen, gelenkt von einem Mischmasch aus Hormonen. Du aber, Geralt,bist doch nicht nur ein von Natur vernünftiger Mann, sondern auch ein Mutant, der keinen Emotionen unterliegt.«
Seine Hand schoss vor. Es krachte, blitzte. Der Blitz prallte an dem von Yennefer gezauberten Schild ab.
»Trotz deiner Vernunft«, redete Vilgefortz weiter und ließ dabei Feuer von einer Hand in die andere fließen, »zeigst du in einer Hinsicht eine erstaunliche und dumme Konsequenz: Du versuchst immerzu, gegen den Strom zu rudern und gegen den Wind zu pissen. Das
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