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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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musste ein schlechtes Ende nehmen. Wisse, dass du heute, hier, im Schloss Stygga, gegen einen Orkan gepisst hast.«
     
    Irgendwo in den unteren Stockwerken tobte ein Kampf, jemand schrie entsetzlich, jammerte, heulte vor Schmerz. Etwas brannte dort. Ciri roch den Rauch und den Gestank von Verbranntem, spürte warme Luft heranwehen.
    Etwas krachte derart kräftig, dass die das Gewölbe tragenden Säulen erzitterten und der Stuck von den Wänden rieselte.
    Ciri schaute vorsichtig um die Ecke. Der Korridor war leer. Sie ging ihn schnell und leise entlang, in Nischen aufgestellte Statuen zur Linken und zur Rechten. Sie hatte diese Statuen schon irgendwann einmal gesehen.
    In Träumen.
    Sie kam aus dem Korridor. Und stieß geradezu auf einen Mann mit einem Spieß. Sie sprang zurück, bereit zu Saltos und Finten. Und da erkannte sie, dass es kein Mann war, sondern eine grauhaarige, dünne und gebeugte Frau. Und kein Spieß, sondern ein Besen.
    »Irgendwo hier ist eine Gefangene«, krächzte Ciri, »eine Zauberin mit schwarzen Haaren. Wo?«
    Die Frau mit dem Besen schwieg lange, bewegte den Mund, als ob sie etwas kaute.
    »Und woher soll ich das wissen, Täubchen?«, murmelte sie schließlich. »Ich mache hier ja bloß sauber.
    Nein, ich mache hier ja bloß sauber«, wiederholte sie, ohne Ciri eines Blickes zu würdigen. »Und die machen in einem fort Dreck. Guck selber, Täubchen.«
    Ciri schaute. Auf einer Satue sah sie einen im Zickzack verschmierten Blutfleck. Der Fleck zog sich ein paar Schritte weit hin und endete bei einem an der Wand zusammengekrümmten Leichnam. Weiter hinten lagen noch zwei Leichen, die eine zusammengekrümmt, die andere mit geradezu unanständig ausgebreiteten Armen und Beinen. Neben beiden lagen Armbrüste.
    »Überall Dreck.« Die Frau nahm Eimer und Hader, kniete sich hin, begann mit dem Scheuern. »Dreck, weiter nichts, nur Dreck, immer wieder Dreck. Da kannst du scheuern und scheuern. Hört das jemals auf?«
    »Nein«, sagte Ciri tonlos. »Niemals. So ist diese Welt nun mal.«
    Die Frau hörte auf zu wischen. Doch sie hob nicht den Kopf.
    »Ich scheure«, sagte sie. »Weiter nichts. Aber dir, Täubchen, sag ich, du musst geradeaus und dann nach links.«
    »Danke.«
    Die Frau senkte den Kopf tiefer und begann wieder zu wischen.
     
    Sie war allein. Allein und im Gewirr der Korridore verirrt.
    »Frau Yenneeefeeer!«
    Bisher hatte sie sich still verhalten, um sich nicht womöglich die Leute vonVilgefortz auf den Hals zu holen. Jetzt aber   …
    »Frau Yenneeefeeer!«
    Sie meinte, etwas gehört zu haben. Ja, bestimmt!
    Sie lief auf die Galerie hinaus und von dort in eine große Halle, zwischen schlanke Pfeiler. In ihre Nase drang abermals Brandgeruch.
    Bonhart tauchte wie ein Geist aus einer Nische auf und schlug ihr die Faust ins Gesicht. Sie taumelte, er aber stürzte sich auf sie wie ein Habicht, packte sie an der Kehle, presste sie mit demUnterarm gegen die Mauer. Ciri blickte in seine Fischaugen und fühlte, wie ihr das Herz in die Hosen fiel.
    »Ich hätte dich nicht gefunden, wenn du nicht gerufen hättest«, stieß er heiser hervor. »Aber du hast gerufen, noch dazu sehnsuchtsvoll! Hab ich dir so sehr gefehlt? Liebchen?«
    Während er sie noch immer gegen die Mauer drückte, griff er in ihre Haare am Genick. Ciri ruckte mit dem Kopf. Der Jäger grinste. Er fuhr mit der Hand über ihre Schulter, drückte eine Brust, fasste ihr brutal in den Schritt. Dann ließ er sie los, gab ihr einen Stoß, dass sie die Wand entlangrutschte.
    Und er warf ihr ein Schwert vor die Füße. Ihre Schwalbe. Und sie wusste sofort, was er wollte.
    »Es wäre mir in der Arena lieber«, sagte er mit Nachdruck. »Als Krönung, nein, als Finale vieler schöner Vorstellungen. Die Hexerin gegen Leo Bonhart! Ach, was würden die Leute bezahlen, um so etwas zu sehen! Heb das Eisen auf und hol es aus der Echse.«
    Sie gehorchte. Doch sie zog die Klinge nicht aus der Scheide, sondern hing sie sich nur so über den Rücken, dass der Griff in Reichweite war.
    Bonhart wich einen Schritt zurück.
    »Ich dachte«, sagte er, »es würde mir genügen, wenn ich meine Augen am Anblick der Prozeduren erfreue, die Vilgefortz für dich in petto hat. Ich habe mich getäuscht. Ich muss spüren, wie dein Leben an meiner Klinge verrinnt. Ich spucke auf Zauberei und Zauberer, auf die Vorherbestimmung, auf Prophezeiungen, auf das Schicksal der Welt, ich spucke auf das Ältere und das Jüngere Blut. Was bedeuten mir all diese Weissagungen

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