Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
Deckung gesucht hatte, zu feinem Mehl zerstieben. Er brüllte wütend auf, während er die Wolke von Rauch und Staub mit Feuerfäden durchdrang. Yennefer konnte beiseite springen, revanchierte sich mit einem eigenen Blitz, den der Zauberer aber mühelos ablenkte, geradezu achtlos. Er antwortete mit einem Schlag, der Yennefer zu Boden warf.
Geralt stürzte sich auf ihn, wischte dabei den Kalkstaub vom Gesicht. Vilgefortz wandte ihm die Augen und die Hand zu, aus der Flammen schlugen. Der Hexer deckte sich instinktiv mit dem Schwert. Die runenbedeckte Zwergenklinge, o Wunder, beschirmte ihn, teilte den Feuerstrahl mittendurch.
»Ha!«, schrie Vilgefortz. »Beeindruckend, Hexer! Und was sagst du dazu?«
Der Hexer sagte nichts. Er flog wie von einem Rammbock getroffen, stürzte zu Boden und rutschte darauf entlang, blieb erst am Fuße einer Säule liegen. Die Säule barst und fiel in Trümmer, wobei sie wiederum einen großen Teil des Gewölbes mitnahm. Diesmal gelang es Yennefer nicht, ihm magischen Schirm zu gewähren. Ein großes Bruchstück der Arkade traf ihn an der Schulter, warf ihn von den Füßen. Der Schmerz lähmte ihn für einen Augenblick.
Yennefer rief Zaubersprüche und schickte Blitz um Blitz in Richtung Vilgefortz. Keiner erreichte das Ziel, alle prallten kraftlos von der den Zauberer umgebenden magischen Sphäre ab. Vilgefortz streckte plötzlich die Hände aus, spreizte sie heftig. Yennefer schrie vor Schmerz auf, stieg empor, levitierte. Vilgefortz verdrehte die Hände, ganz so, als wringe er einen nassen Lappen aus. Die Zauberin heulte durchdringend auf. Und begann sich zu verdrehen.
Geralt sprang auf, überwand den Schmerz. Doch ihm kam Regis zuvor.
Der Vampir erschien wie aus dem Nichts in Gestalt einer riesigen Fledermaus, ging im lautlosen Flug auf Vilgefortz nieder. Noch ehe der Zauberer sich mit einem Spruch schützen konnte, riss ihm Regis die Krallen übers Gesicht und verfehlte das Auge nur, weil es unnormal klein war. Vilgefortz schrie auf, fuchtelte mit den Armen. Yennefer, von seinem Zugriff befreit, stürzte mit durchdringendem Stöhnen auf einen Haufen Schutt, aus der Nase schoss ihr Blut ins Gesicht und auf die Brust.
Geralt war schon nahe, hatte schon den Sihill zum Schlag erhoben. Doch Vilgefortz war noch nicht besiegt und dachte nicht daran aufzugeben. Den Hexer warf er mit einer mächtigen Kraftwoge zurück, gegen den Vampir schoss er einen blendendweißen Strahl ab, der durch eine Säule hindurchging wie einMesser durch Butter. Regis wich dem Strahl geschickt aus, materialisierte sich in normaler Gestalt direkt neben Geralt.
»Sieh dich vor«, ächzte der Hexer und versuchte zu sehen, wie es um Yennefer stand. »Sieh dich vor, Regis …«
»Mich vorsehen?«, rief der Vampir. »Ich? Deswegen bin ich nicht hier!«
Mit einem unglaublichen, blitzschnellen, eines Tigers würdigen Satz stürzte er sich auf den Zauberer und packte ihn bei der Gurgel. Die Fangzähne blitzten auf.
Vilgefortz heulte vor Entsetzen und vor Wut auf. Einen Moment schien es, als sei er erledigt. Doch das war eine Täuschung. Der Zauberer hatte für jeden Fall ein Mittel in petto. Und eine Waffe gegen jeden Gegner. Sogar gegen einen Vampir.
Die Hände, mit denen er Regis packte, wurden hell wie glühendes Eisen. Der Vampir schrie auf. Geralt ebenfalls, als er sah, dass der Zauberer Regis buchstäblich zerriss. Er sprang zu Hilfe, kam aber zu spät. Vilgefortz stieß den zerrissenen Vampir zu einer Säule, schoss aus der Nähe, aus beiden Händen weißes Feuer auf ihn. Knallend und klirrend fiel der Rest der Fensterscheiben heraus. Die Säule aber schmolz einfach. Und der Vampir mit ihr, zerfloss zu einem formlosen Gesteinsklumpen.
Geralt fluchte, legte in den Fluch all seine Wut und Verzweiflung. Er sprang hinzu, hob den Sihill zum Schlag. Er kam nicht dazu. Vilgefortz wandte sich um und hieb mit magischer Energie auf ihn ein. Der Hexer flog durch die ganze Halle, prallte mit Schwung gegen die Wand, rutschte an ihr herunter. Er lag da, schnappte wie ein Fisch nach Luft und fragte sich nicht, was er sich gebrochen hatte, sondern was wohl noch heil sein mochte. Vilgefortz kam auf ihn zu. In seiner Hand materialisierte sich eine sechs Fuß lange Eisenstange.
»Ich könnte dich mit einem Spruch einäschern«, sagte er. »Ich könnte dich zu Glas einschmelzen wie dieses Ungeheuer eben. Aber du, Hexer, musst anders sterben. Im Kampf. Vielleicht in keinem besonders ehrlichen, aber immerhin.«
Geralt
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