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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Cairbre aep Diared.
    »Der Prozess war tendenziös«, sagte Orestes Koppa, ein Marodeur, Räuber und Mörder.
    »Leckt mich am Arsch«, sagte Robert Pilch, ein Deserteur.
    »Richtet Herrn Dijkstra aus, dass es mir leid tut«, sagte Jan Lennep, ein Agent, verurteilt für Bestechung und Diebstahl.
    »Ich wollte nicht   … Ich wollte wirklich nicht   …«, stotterte, auf dem Bronzepodest schwankend, Istvan Igalffy, der ehemalige Kommandant des Forts, der für Handlungen, die er sich gegenüber weiblichen Gefangenen erlaubt hatte, abgesetzt und vors Militärgericht gestellt worden war.
    Die Sonne, blendend hell wie geschmolzenes Gold, explodierte über der Palisade des Forts. Die Galgenpfosten warfen lange Schatten. Über Drakenborg stieg ein neuer, schöner, sonniger Tag empor.
    Der erste Tag einer neuen Epoche.
    Vascoigne schlug mit der Reitgerte gegen den Stiefelschaft. Er hob und senkte die Hand.
    Die Podeste wurden unter den Füßen weggestoßen.
     
    Alle Glocken von Nowigrad läuteten, ihre tiefen und seufzenden Töne hallten von den Dächern und Mansarden der Kaufmannshäuser wider, verströmten sich als Echo in den Gassen. Hoch schossen die Raketen und künstlichen Feuer. Die Menge tobte, brachte Hochrufe aus, warf Blumen, schleuderte die Mützen hoch, winkte mit Tüchlein, Schals, Fähnchen, ja sogar mit Hosen.
    »Es lebe die Freikompagnie!«
    »Sie lebe hoooch!«
    »Es leben die Condottieri!«
    Lorenzo Molla salutierte der Menge, warf den schönen Städterinnen Kusshände zu. »Wenn sie die Prämie ebenso ausgiebigzahlen, wie sie uns hochleben lassen«, überschrie er den Lärm, »dann sind wir reich!«
    »Schade«, sagte Julia Abatemarco mit einem Kloß in der Kehle. »Schade, dass Frontino das nicht erlebt.«
    Sie ritten im Schritt die Hauptstraße der Stadt entlang, Julia, Adam »Adieu« Pangratt und Lorenzo Molla, an der Spitze der Kompagnie, die, prächtig herausstaffiert, in schön gleichmäßigen Karrees formiert waren, so dass keins von den herausgeputzten und auf Hochglanz gestriegelten Pferden die Nase auch nur um einen Zoll vorreckte. Die Pferde der Condottieri waren wie ihre Reiter – ruhig und stolz, sie ließen sich von den Hochrufen und dem Geschrei der Menge nicht scheu machen, reagierten nur mit kaum merklichen Kopfbewegungen auf die ihnen entgegenfliegenden Kränze und Blumen.
    »Es leben die Condottieri!«
    »Es lebe ›Adieu‹ Pangratt! Es lebe die ›Süße Range‹!«
    Julia wischte sich verstohlen eine Träne fort, während sie eine aus der Menge geworfene Nelke im Fluge auffing. »Das hätte ich mir nie träumen lassen   …«, sagte sie. »So ein Triumph   … Schade, dass Frontino   …«
    »Du bist eine Romantikerin«, sagte Lorenzo Molla lächelnd. »Du bist gerührt, Julia.«
    »Bin ich. Achtung! Augen   … links!«
    Sie strafften sich in den Sätteln, wandten die Köpfe zur Tribüne und den darauf aufgestellten Thronen und Stühlen. Ich sehe Foltest, dachte Julia. Der Bärtige ist wohl Henselt von Kaedwen und der Würdevolle Demawend von Aedirn   … Diese Matrone muss Königin Hedwig sein   … Und das Jüngelchen neben ihr ist Prinz Radowid, der Sohn des ermordeten Königs   … Arme Rotznase   …
     
    »Es leben die Condottieri! Es lebe Julia Abatemarco! Vivat ›Adieu‹ Pangratt! Vivat Lorenzo Molla!«
    »Es lebe Konnetabel Natalis!«
    »Es leben die Könige! Foltest, Demawend, Henselt, sie leben hoch!«
    »Es lebe Herr Dijkstra!«, brüllte irgendein Speichellecker.
    »Es lebe Seine Heiligkeit!«, schrien aus der Menge ein paar bezahlte Jubler. Cyrus Engelkind Hemmelfart, der Hierarch von Nowigrad, stand auf, grüßte die Menge und die vorbeidefilierenden Truppen mit erhobener Hand, wobei er Königin Hedwig und dem minderjährigen Radowid unfein das Hinterteil zukehrte und sie mit den Schößen seines weiten Gewandes verdeckte.
    Niemand ruft »Es lebe Radowid«, dachte der vom ausladenden Hintern des Hierarchen verdeckte Prinz. Niemand schaut auch nur zu mir her. Niemand bringt einen Hochruf auf meine Mutter aus. Oder erinnert auch nur an meinen Vater, ruft etwas zu seinem Ruhme. Heute, am Tag des Triumphs, am Tag des Bündnisses, der Allianz, zu der mein Vater immerhin beigetragen hat. Wofür er ermordet worden ist.
    Er spürte im Nacken einen Blick. Sanft wie etwas, das er nicht kannte – oder doch nur in Wunschträumen. Etwas, das wie eine Liebkosung weicher und heißer Frauenlippen war. Er wandte den Kopf. Er sah in die ihn fixierenden dunklen,

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