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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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meiner eigenen Person die Feierlichkeiten zum Friedensschluss beehren. Du wirst nach Darn Rowan zurückkehren   … Nimm den Kopf hoch, Mädchen. Aber nicht doch. Du schniefst schon zum zweiten Mal in meiner Anwesenheit. Und was ist das in den Augen? Tränen? Oh, das sind ernste Verstöße gegen die Etikette. Ich werde der Gräfin Liddertal meine allerhöchste Unzufriedenheit ausdrücken müssen. Nimm den Kopf hoch, habe ich gebeten.«
    »Bitte   … verzeiht Frau Stella   … Euer Kaiserliche Majestät. Es ist meine Schuld. Nur meine. Frau Stella hat mich gelehrt   … Und mich gut vorbereitet.«
    »Ich habe es bemerkt und weiß es zu schätzen. Keine Angst, Stella Congreve ist nicht in Gefahr, bei mir in Ungnade zu fallen. Das war sie nie. Ich habe mir einen Scherz mit dir erlaubt. Einen schlechten.«
    »Das habe ich bemerkt«, flüsterte das Mädchen und erbleichte, erschrocken über die eigene Kühnheit.
    Emhyr jedoch lächelte nur. Ein wenig traurig. »So bist du mir lieber«, stellte er fest. »Glaub mir. Mutig. So wie   …«
    Er verstummte. So wie meine Tochter, hatte er gedacht. Das Schuldgefühl nagte an ihm.
    Das Mädchen senkte den Blick nicht. Das ist nicht nur das Werk Stellas, dachte Emhyr. Das ist wirklich ihre Natur. Entgegen allem Anschein ist das ein Diamant, den man schwer schleifen kann. Nein. Ich werde Vattier nicht erlauben, dieses Kind zu ermorden. Cintra hin, Cintra her und das Interesse des Reiches dazu, aber diese Angelegenheit scheint nur eine sinnvolle und ehrenhafte Lösung zu haben.
    »Gib mir die Hand.«
    Es war ein Befehl, strengen Tones erteilt. Dennoch konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er gern ausgeführt wurde. Ohne Zwang.
    Ihre Hand war klein und kalt. Aber sie zitterte nicht mehr.
    »Wie heißt du? Aber sag bitte bloß nicht, du heißt Cirilla Fiona.«
    »Cirilla Fiona.«
    »Ich habe Lust, dich zu bestrafen, Mädchen. Streng.«
    »Ich weiß, Euer Kaiserliche Majestät. Ich habe es verdient. Aber ich   … Ich muss Cirilla Fiona sein.«
    »Man könnte meinen«, sagte er, ohne ihre Hand loszulassen, »es täte dir leid, dass du es nicht bist.«
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Es tut mir leid, dass ich es nicht bin.«
    »Wirklich?«
    »Wenn ich   … die echte Cirilla wäre   … würde der Kaiser mich gnädiger ansehen. Aber ich bin nur eine Fälschung. Ein Imitat. Eine Nachahmung, die zu nichts nütze ist. Zu nichts   …«
    Er drehte sich jäh um, packte sie am Arm. Und ließ sie sofort los. Trat einen Schritt zurück.
    »Verlangen nach der Krone? Nach Macht?«, sagte er leise, aber schnell, wobei er vorgab, ihr heftiges Kopfschütteln nicht zu sehen. »Nach Ehren? Glanz? Luxus?«
    Er brach ab, atmete tief durch. Tat so, als sähe er nicht, wie das Mädchen noch immer den gesenkten Kopf schüttelte, noch immer die weiteren kränkenden Vorwürfe verneinte, die vielleicht dadurch noch kränkender waren, dass sie unausgesprochen blieben.
    Er atmete tief und hörbar durch. »Weißt du, kleine Motte, dass das, was du vor dir siehst, eine Flamme ist?«
    »Ich weiß, Euer Kaiserliche Majestät.«
    Sie schwiegen lange. Der Geruch des Frühlings stieg ihnen plötzlich zu Kopfe. Beiden.
    »Kaiserin zu sein«, sagte Emhyr schließlich tonlos, »ist entgegen dem Anschein kein leichtes Brot. Ich weiß nicht, ob ich imstande sein werde, dich liebzugewinnen.«
    Sie nickte zum Zeichen, dass sie auch das wisse. Er bemerkte eine Träne auf ihrer Wange. Wie damals im Schloss Stygga spürteer, wie sich der in seinem Herzen steckende Splitter kalten Glases regte.
    Er umarmte sie, drückte sie kräftig an seine Brust, strich ihr über die nach Maiglöckchen duftenden Haare. »Du meine arme   …«, sagte er mit fremder Stimme. »Du meine kleine, arme Staatsräson.«
     
    In ganz Cintra läuteten die Glocken. Würdevoll, tief, feierlich. Aber irgendwie sonderbar klagend.
    Eine nicht alltägliche Schönheit, dachte der Hierarch Hemmelfart, während er wie alle anderen auf das Porträt blickte, das gerade aufgehängt wurde und wie die übrigen mindestens eine mal eine halbe Elle maß. Eine seltsame Schönheit. Ich lege meine Hand ins Feuer, dass das irgendein Mischling ist. Dass sie das verfluchte Elfenblut in den Adern hat.
    Hübsch, dachte Foltest, hübscher als auf der Miniatur, die mir die Leute von der Aufklärung gezeigt haben. Aber nun ja, Porträts schmeicheln für gewöhnlich.
    Überhaupt nicht Calanthe ähnlich, dachte Meve. Keinerlei Ähnlichkeit mit Roegner.

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