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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Vordergiebel des Lehrstuhls der Schönen Künste. Von dem mit hässlichen Wörtern beschmierten Sockel fiel die Büste Nicodemus de Boots, des ersten Rektors der Lehranstalt. Vom Tisch fiel der Becher mit dem Kräutertee, den Kohlenwassermief zu der Semmel mit Pastete trank. Von einer Platane im Park fiel der Physikstudent im ersten Studienjahr, Albert Solpietra, der auf die Platane geklettert war, um den Medizinstudentinnen zu imponieren.
    Professor Oppenhausers Perpetuum mobile aber, sein legendärer Ewiger Motor, regte sich noch einmal und blieb stehen. Gründlich.
    Und es gelang nie mehr, ihn wieder in Gang zu setzen.
     
    »Die Zwerge sollen leben! Mahakam soll leben!«
    Was ist denn das für ein Mob, was sind das für Banden, dachte der Hierarch Hemmelfart, der mit zitternder Hand den Vorbeimarsch segnete. Wen lassen sie hochleben? Die käuflichen Condottieri, die obszönen Zwerge, was ist das für ein absonderlicher Menschenschlag? Wer hat letzten Endes den Krieg gewonnen, wir oder sie? Bei den Göttern, man wird die Könige darauf hinweisen müssen. Wenn die Historiker und Schriftsteller ans Werk gehen, muss man ihre Ausschwitzungen der Zensur unterwerfen. Söldner, Hexer, gedungene Mörder, Nichtmenschen und alle anderen verdächtigen Elemente müssen aus den Chroniken der Menschheit verschwinden. Siemüssen ausgestrichen, ausradiert werden. Kein Wort über sie. Kein Wort.
    Und auch kein Wort über ihn, dachte er mit zusammengepressten Lippen, während er auf Dijkstra blickte, der die Parade mit sichtlich gelangweilter Miene beobachtete.
    Man wird, dachte der Hierarch, den Königen eine Empfehlung bezüglich dieses Dijkstra geben müssen. Seine Anwesenheit ist eine Beleidigung für anständige Menschen.
    Das ist ein gottloser Lump. Er soll spurlos verschwinden. Und er soll vergessen sein.
     
    Da kannst du lange warten, du purpurroter scheinheiliger Eber, dachte Philippa Eilhart, die die intensiven Gedanken des Hierarchen mühelos las. Du würdest gern regieren, würdest gern diktieren und Einfluss ausüben? Du möchtest entscheiden? Nichts da. Entscheiden kannst du ausschließlich in den Angelegenheiten deiner eigenen Hämorrhoiden, und auch dort, in deinem eigenen Arsch, werden deine Entscheidungen nicht viel bedeuten.
    Und Dijkstra bleibt. So lange, wie er gebraucht wird.
     
    Irgendwann wirst du einen Fehler machen, dachte der Priester Willemer, während er auf die glänzenden, karminroten Lippen Philippas schaute. Irgendwann wird eine von euch einen Fehler machen. Übermut, Arroganz und Dünkel werden euer Verderben sein. Die Intrigen, die ihr spinnt. Die Unmoral. Die Gräuel und Perversionen, denen ihr euch hingebt, in denen ihr lebt. Alles wird ans Tageslicht kommen, der Gestank eurer Sünden wird sich ausbreiten, wenn ihr einen Fehler macht. Solch ein Augenblick muss kommen.
    Und selbst wenn ihr keinen Fehler macht, wird sich ein Weg finden, euch etwas anzuhängen. Irgendein Unglück wird über die Menschen kommen, irgendeine Katastrophe, irgendeine Plage, vielleicht eine Seuche oder Epidemie   … Dann wird mandie Schuld auf euch schieben. Man wird euch die Schuld geben, dass ihr die Plage nicht verhindern konntet, dass es euch nicht gelungen ist, ihre Folgen zu beseitigen.
    Ihr werdet an allem schuld sein.
    Und dann werden die Scheiterhaufen entfacht.
     
    Der alte gestreifte Kater, der wegen seiner Fellfarbe von den Menschen Rotfuchs genannt wurde, starb. Er starb auf schreckliche Weise – wälzte sich umher, versteifte sich, kratzte den Boden auf, erbrach Blut und Schleim, von Krämpfen geschüttelt. Zudem hatte er blutigen Durchfall. Er miaute, obwohl das unter seiner Würde war. Er miaute klagend, leise. Seine Kräfte ließen rasch nach.
    Rotfuchs wusste, warum er starb. Zumindest konnte er sich denken, was sein Verderben gewesen war.
    Vor ein paar Tagen war in den Hafen von Cintra ein sonderbares Frachtschiff eingelaufen, eine alte und sehr schmutzige Holk, ein verwahrloster Kasten, fast ein Wrack. »Catriona« lautete die kaum lesbare Aufschrift am Bug der Holk. Diese Buchstaben konnte Rotfuchs natürlich nicht lesen. Von dem seltsamen Kasten kam über ein Landetau eine Ratte auf den Kai geklettert. Nur eine. Die Ratte war stellenweise kahl, räudig, träge. Und es fehlte ihr ein Ohr.
    Rotfuchs biss die Ratte tot. Er hatte Hunger, doch der Instinkt hielt ihn davon zurück, das ekelhafte Vieh zu fressen. Ein paar Flöhen aber, großen, glänzenden Flöhen, von denen das Fell des Nagers

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