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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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ihn schon in Kaer Morhen angeödet, die Lehrer hatten ihn übermäßig strapaziert. Auch nicht besonders komisch waren Witze über Jungfrauen und Einhörner. Den Rekord an Dummheit und Primitivität hatten jedoch in Kaer Morhen die zahlreichen Versionen des Witzes von dem Drachenweibchen gehalten, dem ein junger Hexer wegen einer Wette die rechte Pfote drücken sollte.
    Er lächelte. Wegen der Erinnerung.
    »Mir ist es lieber, wenn du lächelst«, sagte Reynart, der ihn sehr ernst musterte. »So wie jetzt bist du mir hundertmal, himmelweit lieber. Lieber als derjenige, der du damals im Augustwarst, nach dem Gefecht im Druidenwald, als wir nach Beauclair ritten. Damals, lass dir das gesagt sein, warst du finster, verbittert und böse auf die Welt wie ein betrogener Wucherer, noch dazu reizbar wie ein Mann, der es die ganze Nacht zu nichts gebracht hat. Nicht einmal am Morgen.«
    »War ich wirklich so?«
    »Wirklich. Wundere dich nicht, dass du mir so wie jetzt lieber bist. Wie ausgewechselt.«
    »Arbeitstherapie.« Geralt schüttelte abermals den Gallilisken, den er am Schwanz hielt. »Die heilsame Wirkung von Berufstätigkeit auf die Psyche. Und daher wollen wir, um die Heilbehandlung fortzusetzen, zum Geschäft kommen. Es besteht eine Möglichkeit, an dem Skoffin etwas mehr zu verdienen als den vereinbarten Lohn für die Tötung. Er ist kaum verletzt; wenn du einen Kunden für einen unversehrten hast, zum Ausstopfen oder Präparieren, dann verlange mindestens zweihundert. Wenn es notwendig ist, ihn stückweise abzusetzen, dann denk daran, am wertvollsten an ihm sind die Federn am Bürzel, genau hier, diese zentralen Steuerfedern. Man kann sie viel schmaler als Gänsefedern schneiden, sie schreiben schöner und sauberer, sie halten auch länger. Ein Schreiber, der sich auskennt, gibt ohne zu zögern fünf pro Stück.«
    »Ich habe Kunden für den Kadaver zum Ausstopfen.« Der Ritter lächelte. »Die Böttcherzunft. Sie haben in Castell Ravello dieses ausgestopfte Scheusal gesehen, die Plappe oder wie das Ding heißt   … Du weißt, was ich meine. Das, was du zwei Tage nach Saovine im Verlies unter den Ruinen des alten Schlosses erledigt hast   …«
    »Ich erinnere mich.«
    »Also die Böttcher haben die ausgestopfte Bestie gesehen und mich gebeten, ihnen etwas ebenso Seltenes zur Dekoration ihres Zunfthauses zu beschaffen. Die Böttcherzunft in Toussaint, wie du dir denken kannst, braucht sich nicht über Mangel an Aufträgen zu beklagen, ist darum gut bei Kasse und wird ohne mitder Wimper zu zucken zweihundertzwanzig bezahlen. Vielleicht sogar mehr, ich werde zu handeln versuchen   … Und was die Federn angeht   … Die Fassmacher werden nicht merken, wenn wir dem Gallilisken am Hintern ein paar ausrupfen und der fürstlichen Kanzlei verkaufen. Die Kanzlei bezahlt nicht aus der eigenen Tasche, sondern aus der Kasse der Fürstin, also wird sie ohne zu feilschen nicht fünf, sondern zehn pro Feder bezahlen.«
    »Ich ziehe den Hut vor so viel Geschäftssinn.«
    »Nomen est omen.« Reynart de Bois-Fresnes lächelte noch breiter. »Die Mama muss etwas geahnt haben, als sie mir den Namen des schlauen Fuchses aus dem wohlbekannten Fabelzyklus gegeben hat.«
    »Du hättest Kaufmann werden sollen, kein Ritter.«
    »Hätte ich«, stimmte der Ritter zu. »Aber wenn man nun mal als Sohn eines Edelmannes geboren wird, dann wird man Edelmann und stirbt als Edelmann, nachdem man, ho-ho, etliche Edelleute in die Welt gesetzt hat. Da kann man nichts machen, und wenn man sich auf den Kopf stellt. Du kannst übrigens auch ganz gut rechnen, Geralt, und ernährst dich trotzdem nicht vom Handel.«
    »Tue ich nicht. Aus ähnlichen Gründen wie du. Mit dem einzigen Unterschied, dass ich nichts in die Welt setzen werde. Gehen wir raus aus diesen Verliesen.«
    Draußen, unter den Mauern des Schlosses, fielen Kälte und Wind von den Bergen über sie her. Die Nacht war klar, der Himmel wolkenlos und bestirnt, das Mondlicht funkelte auf dem schön sauberen Neuschnee, der auf den Weinstöcken lag.
    Die gefesselten Pferde begrüßten sie schnaubend.
    »Es wäre praktisch«, sagte Reynart und warf dem Hexer einen vielsagenden Blick zu, »sich gleich mit dem Kunden zu treffen und Kasse zu machen. Aber du hast es sicherlich eilig, nach Beauclair zu kommen, was? In einen bestimmten Alkoven?«
    Geralt antwortete nicht, weil er auf solche Fragen prinzipiell keine Antwort gab. Er machte den Kadaver des Skoffins am Packpferd fest, worauf er auf

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