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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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zog ein Ritter,
    Kühn im Kampfe stritt er.
    Seine Braut war eben
    Leider schon vergeben.
    He, heja ho,
    Rittern geht es so!
    Vom Gesang der Ritter aufgeschreckt, flogen aus den Büschen am Straßenrand krächzend Krähen auf.
    Bald schon kamen sie aus dem Wald geradewegs in ein Tal, zwischen Anhöhen, auf deren Gipfeln weiß die Türme kleiner Schlösschen aufragten, deutlich abgehoben vor dem graublauen, von indigofarbenen Streifen durchzogenen Himmel. Auf den sanften Hängen standen, so weit das Auge reichte, in Reih und Glied wie Soldaten gleichmäßig beschnittene Sträucher. Der Erdboden war dort von roten und goldenen Blättern bedeckt.
    »Was ist das?«, fragte Angoulême. »Wein?«
    »Weinreben, gewiss doch«, bestätigte Reynart de Bois-Fresnes. »Die berühmten Sansretour-Täler. Die erlesensten Weine der Welt werden aus den Trauben gekeltert, die hier wachsen.«
    »Stimmt«, gab Regis zu, der sich wie üblich mit allem auskannte. »Es liegt an dem vulkanischen Boden und an dem hiesigen Mikroklima, welches Jahr für Jahr eine geradezu ideale Kombination von Tagen mit Sonne und Tagen mit Niederschlag bietet. Wenn wir dem noch die Tradition, das Wissen und die Sorgfalt der Winzer hinzufügen, erhalten wir als Ergebnis ein Produkt höchster Klasse und Marke.«
    »Das habt Ihr gut gesagt.« Der Ritter lächelte. »Marke trifft es. Da, schaut zum Beispiel dorthin, auf diesen Hang unter dem Schlösschen. Bei uns gibt das Schlösschen den Markennamen für das Weingut und für die Keller, die tief darunter liegen. Das da heißt Castell Ravello, von seinen Hängen kommen Weine wie der Erveluve, Fiorano, Pomino und der berühmte Est Est. Ihr müsst davon gehört haben. Für ein Fässchen Est Est bezahlt man so viel wie für zehn Fässchen Wein aus Cidaris oder von den Nilfgaarder Weinbergen an der Alba. Und dort, schaut nur, liegen, so weit das Auge reicht, andere Schlösschen und andere Weingüter, und die Namen werden euch sicherlich auch bekannt sein: Vermentino, Toricella, Casteldaccia, Tufo, Sencerre, Nuragus, Coronata, schließlich Corvo Bianco, auf Elfisch Gwyn Cerbin. Ich nehme an, diese Namen sind euch nicht fremd?«
    »Nicht fremd, pah.« Angoulême verzog das Gesicht. »Vor allem aus der Erfahrung, dass man sich vergewissern muss, ob nicht womöglich der Halunke von einem Wirt anstatt des normalen Apfelweins irgendwas von diesem berühmten Zeug eingegossen hat, denn sonst musste man mitunter am Morgen das Pferd in der Schenke lassen, so viel kostete dieser Castel oder Est Est. Tss, tss, ich verstehe das nicht; für die hohen Herren mögen solche Marken ja gut sein, wir gewöhnlichen Leute können uns auch mit dem billigeren ordentlich einen ansaufen. Und eins sage ich euch, denn ich weiß es aus Erfahrung: Nach dem Est Est rülpst man genauso wie nach Äppler.«
     
    »Ohne uns um Angoulêmes Witzchen vom August zu scheren« – Reynart machte sich am Tisch breit, nachdem er den Gürtel gelockert hatte   –, »wollen wir uns heute mit irgendeiner erlesenen Marke und einem erlesenen Jahrgang betrinken, Hexer. Wir können es uns leisten, wir haben Geld verdient. Wir können einen draufmachen.«
    »Klar.« Geralt nickte dem Schankwirt zu. »Letzten Endes, wie Rittersporn zu sagen pflegt, kann es auch andere Motive fürs Geldverdienen geben, aber ich kenne sie nicht. Und essen wollen wir, wonach es aus der Küche so schmackhaft duftet. Übrigens, heute ist es in der ›Fasanerie‹ ziemlich voll, obwohl es schon recht spät ist.«
    »Das ist ja der Vorabend von Yule«, erklärte der Wirt, der seine Worte gehört hatte. »Die Leute feiern. Vergnügen sich. Veranstalten Orakel. Die Tradition verlangt es so, und die Tradition ist bei uns   …«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn der Hexer. »Und in der Küche, was hat die Tradition heute verlangt?«
    »Kalte Zunge mit Meerrettich. Bouillon vom Kapaun mit Hirnknödeln. Rindsrouladen, dazu Kartoffelklößchen und Kohl   …«
    »Schleunigst her damit, guter Mann. Dazu   … Was nehmen wir dazu, Reynart?«
    »Wenn wir Rind haben«, sagte der Ritter nach kurzem Überlegen, »dann roten Côte de Blessure. Den Jahrgang, in dem die alte Fürstin Karoberta die Hufe hochgerissen hat.«
    »Eine gute Wahl.« Der Wirt nickte. »Zu Diensten.«
    Ein Mistelkränzchen, das ein Mädchen am Nachbartisch ungeschickt hinter sich geworfen hatte, fiel Geralt beinahe in den Schoß. Die Tischgenossen des Mädchens brachen in Gelächter aus. Das Mädchen errötete hübsch.
    »Nichts

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