Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
herausgekrochen. Zwei Leute hat es verbrannt, ihnen den Körper bis auf die Knochen versengt, und einen geblendet, denn es, mein Herr, also das Ungeheuer, spuckt irgendeine ätzende Lauge …«
»Eine Solpuga«, stellte Geralt knapp fest. »Auch Giftspei genannt.«
»Na bitte.« Regis lächelte. »Ihr seht selbst, Herr Catillon, dass Ihr es mit einem Fachmann zu tun habt. Einem Fachmann, den Euch sozusagen der Himmel schickt. Aber habt Ihr Euch in dieser Angelegenheit schon an die hiesigen fahrenden Ritter gewandt? Die Fürstin hat davon ein ganzes Regiment, und solche Missionen sind ja ihre Spezialität, ihr Daseinszweck.«
»Zwecklos.« Der Verwalter Catillon schüttelte den Kopf. »Ihr Zweck ist es, die Landstraßen zu bewachen, die Wege, die Pässe, denn wenn die Kaufleute nicht hierhergelangen, könnenwir alle einpacken. Außerdem sind die Ritter zwar kühn und streitbar, aber nur zu Pferde. Unter die Erde geht keiner von denen! Und außerdem sind sie teu…«
Er stockte. Er sah aus wie jemand, der ohne Bart nichts hatte, wo er etwas hätte hineinmurmeln können. Und der das sehr bedauerte.
»Sie sind teuer«, vollendete Geralt den Satz ohne besondere Ironie. »Ihr solltet also wissen, guter Mann, dass ich mehr verlange. Der freie Markt. Und freie Konkurrenz. Denn ich, wenn wir einen Vertrag schließen, werde vom Pferd absitzen und unter die Erde gehen. Überlegt Euch das, aber nicht zu lange, denn lange werde ich nicht in Toussaint bleiben.«
»Du überraschst mich«, sagte Regis, sobald der Verwalter gegangen war. »Ist in dir plötzlich der Hexer erwacht? Du akzeptierst Aufträge? Nimmst dir Ungeheuer vor?«
»Ich bin selber überrascht«, erwiderte Geralt ehrlich. »Ich habe instinktiv reagiert, von einem unerklärlichen Impuls getrieben. Ich werde da wieder herauskommen. Ich kann jede angebotene Bezahlung für zu niedrig erklären. Immer. Kommen wir auf unser Gespräch zurück …«
»Warte noch.« Der Vampir deutete mit einem Blick zur Seite. »Etwas sagt mir, dass deine nächsten Interessenten kommen.«
Geralt fluchte halblaut. Eine kleine Zypressenallee entlang kamen zwei Ritter auf ihn zu. Den ersten erkannte er sofort, den großen Stierkopf auf dem schneeweißen Überwurf konnte man mit keinem anderen Wappen verwechseln. Der zweite Ritter, hochgewachsen, graumeliert, die edel kantige Physiognomie wie aus Granit gemeißelt, trug auf dem blauen Mantel ein goldenes doppeltes Lilienkreuz.
Die Ritter machten im vorgeschriebenen Abstand von zwei Schritten Halt und verneigten sich. Geralt und Regis erwiderten die Verbeugung, worauf alle vier gemäß dem Ritterbrauch Schweigen wahrten, das zehn Herzschläge lang dauern sollte.
»Die Herren erlauben«, stellte Stierkopf seinen Begleiter vor.»Baron Palmerin de Launfal. Ich heiße, wie sich die Herren vielleicht erinnern …«
»Baron de Peyrac-Peyran. Wer könnte das vergessen.«
»Wir haben etwas mit dem Herrn Hexer zu bereden«, kam Peyrac-Peyran zur Sache. »In, wenn ich so sagen darf, beruflicher Angelegenheit.«
»Ich höre.«
»Vertraulich.«
»Ich habe keine Geheimnisse vor Herrn Regis.«
»Aber die edlen Herren haben zweifellos welche.« Der Vampir lächelte. »Daher werde ich, wenn die Herren gestatten, gehen und mir jenen schönen kleinen Pavillon dort anschauen, der sicherlich ein Tempel des Nachsinnens ist. Herr de Peyrac-Peyran … Herr de Launfal …«
Man wechselte Verbeugungen.
»Ich bin ganz Ohr«, brach Geralt das Schweigen. Er dachte nicht daran, die zehn Herzschläge abzuwarten.
»Es geht« – Peyrac-Peyran senkte die Stimme und schaute sich scheu um – »um diesen Sukkubus … Na ja, um diesen Nachtalb, der die Leute heimsucht. Den Euch die Fürstin und die Damen zu vernichten aufgetragen haben. Hat man Euch für die Vernichtung des Gespensts viel versprochen?«
»Verzeihung, aber das ist ein Berufsgeheimnis.«
»Selbstverständlich«, ließ sich Palmerin de Launfal vernehmen, der Ritter mit dem Lilienkreuz. »Eure Haltung ist fürwahr lobenswert. Ich fürchte wahrhaftig, dass mein Angebot respektlos ist, doch ich will es Euch trotzdem unterbreiten. Tretet von diesem Kontrakt zurück, Herr Hexer. Zieht nicht gegen den Sukkubus, lasst ihn in Ruhe. Ohne den Damen und der Fürstin etwas zu sagen. Und bei meiner Ehre, wir, die Herren von Toussaint, werden das Angebot der Damen überbieten. Ihr werdet über unsere Freigebigkeit staunen.«
»Das Angebot«, sprach der Hexer kalt, »kommt in der Tat in die
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