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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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besser als auch die Zeiten, in denen auf den Straßen kein Gedränge herrschte. Sie ritten mühelos und schnell.
    Sie kamen auf den Markt, passierten das Schafott. Und den Galgen mit einem Gehenkten.
    »Eine gefährliche Sache ist das« – der Verwalter deutete mit einer Kopfbewegung hin   –, »Reime schmieden und Liedchen singen. Vor allem in der Öffentlichkeit.«
    »Strenge Gerichte sind das hier.« Geralt hatte augenblicklich erfasst, worum es ging. »Woanders wird man für ein Pasquill höchstens an den Pranger gestellt.«
    »Kommt darauf an, wem das Pasquill gilt«, stellte Alcides Fierabras nüchtern fest. »Und wie es gereimt ist. Unsere Frau Fürstin ist gütig und wird vom Volk geliebt, aber wenn man sie reizt   …«
    »Lieder, wie einer meiner Bekannten zu sagen pflegt, kann man nicht ersticken.«
    »Lieder nicht. Aber den Sänger durchaus, kein Problem.«
    Sie durchquerten die Stadt, ritten zum Böttchertor hinaus, gerade ins Tal der Blessure, die munter plätscherte und in Stromschnellen schäumte. Schnee lag auf den Feldern nur in Rinnen und Senken, doch es war recht kalt.
    An ihnen kam ein Trupp Ritter vorbei, sicherlich auf dem Wege zum Cervantes-Pass, zur Grenzfeste Vedette. Es wurde ganz bunt vor auf die Schilde gemalten und auf Mäntel und Kuvertüren gestickten Greifen, Löwen, Herzen, Lilien, Sternen, Kreuzen, Sparren und anderem heraldischem Schnickschnack. Es donnerten die Hufe, es flatterten die Banner, es erklang dasvon mächtigen Stimmen gesungene schwachsinnige Lied davon, wie es den Rittern geht, und von der schon vergebenen Braut.
    Geralt folgte dem Trupp mit dem Blick. Der Anblick der fahrenden Ritter ließ ihn an Reynart de Bois-Fresnes denken, der eben erst vom Dienst heimgekehrt war und seine Kräfte in den Armen seiner Bürgersfrau wiederherstellte, deren Angetrauter, ein Kaufmann, tagelang nicht heimkehrte, sicherlich zurückgehalten von schäumenden Flüssen, Wäldern voller wilder Tiere und anderen Naturgewalten. Der Hexer gedachte keineswegs, Reynart aus den Armen seiner Geliebten zu reißen, bedauerte aber aufrichtig, dass er den Vertrag mit dem Weingut Pomerol nicht auf einen späteren Termin gelegt hatte. Er mochte den Ritter und vermisste seine Gesellschaft.
    »Reiten wir, Herr Hexer.«
    »Reiten wir, Herr Fierabras.«
    Sie ritten die Landstraße entlang flussaufwärts. Die Blessure wand sich in Mäandern, doch es gab reichlich Brücken, so dass sie keine Umwege zu machen brauchten.
    Von den Nüstern Plötzes und des Maultiers stieg Dampf auf.
    »Was meint ihr, Herr Fierabras, wird der Winter noch lange dauern?«
    »Zu Saovine gab es Frost. Und das Sprichwort heißt: ›Frost zu Saovine – dann zieh dir warme Hosen an‹.«
    »Verstehe. Und eure Weinstöcke? Schadet denen die Kälte nicht?«
    »Es war schon kälter.«
    Sie ritten schweigend weiter.
    »Da, schaut«, ließ sich Fierabras vernehmen und zeigte. »Dort im Talkessel liegt das Dörfchen Fuchstal. Auf deren Feldern, kaum zu glauben, wachsen Töpfe.«
    »Wie bitte?«
    »Töpfe. Sie entstehen im Schoß der Erde, von selbst, ausschließlich von Natur, ganz ohne menschliches Zutun. So wieanderswo Kartoffeln oder Rüben wachsen in Fuchstal Töpfe. Alle möglichen Arten und Formen.«
    »Wirklich?«
    »Ich will tot umfallen, wenn’s nicht stimmt. Darum knüpfen sie in Fuchstal partnerschaftliche Beziehungen mit dem Dorf Dudno im Maecht an. Dort soll die Erde nämlich Topfdeckel hervorbringen.«
    »Alle möglichen Arten und Formen?«
    »Ihr habt, Herr Hexer, ins Schwarze getroffen.«
    Sie ritten weiter. Schweigend. Die Blessure rauschte und schäumte auf den Steinen.
     
    »Und das dort, schaut, Herr Hexer, sind die Ruinen der alten Burg Dun Tynne. Schreckliche Dinge, wenn man der Sage glaubt, hat diese Burg mitangesehen. Waltharius, den sie Starkhand nannten, hat dort blutig und unter schrecklichen Qualen seine ungetreue Frau erschlagen, den Liebhaber derselben, die Mutter derselben, die Schwester derselben und den Bruder derselben. Und dann setzte er sich hin und weinte, niemand weiß warum   …«
    »Ich habe davon gehört.«
    »Dann seid Ihr hier gewesen?«
    »Nein.«
    »Ha. Die Sage ist also weit herumgekommen.«
    »Ihr habt, Herr Verwalter, ins Schwarze getroffen.«
     
    »Und dort« – der Hexer zeigte – »das hübsche Türmchen dort hinter dieser schrecklichen Burg? Was ist das?«
    »Das? Das ist ein Tempel.«
    »Für welche Gottheit?«
    »Wer merkt sich denn sowas.«
    »In der Tat. Wer

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