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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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schon.«
     
    Gegen Mittag erblickten sie das Weingut, sanft zur Blessure abfallende Hänge, bedeckt von gleichmäßig beschnittenen Weinstöcken, jetzt missgestaltet und bedauernswert kahl. Auf dem Gipfel der höchsten Anhöhe ragten windumtost Türme gen Himmel, ein dicker Bergfried und das Rondell des Schlosses Pomerol.
    Geralt bemerkte mit Interesse, dass der Weg, der zum Schloss führte, ausgefahren war, von Hufen und Wagenrädern nicht weniger aufgewühlt als die Landstraße. Man sah deutlich, dass just zum Schlosse Pomerol oft jemand von der Straße abbog. Er verkniff sich die Frage bis zu dem Augenblick, da er beim Schloss ein gutes Dutzend ausgespannter, mit Planen bedeckter Wagen sah, solide und mächtige Vehikel, wie sie für Ferntransporte benutzt werden.
    »Kaufleute«, erklärte auf seine Frage der Verwalter. »Wein händler .«
    »Händler?«, wunderte sich Geralt. »Wie das? Ich dachte, die Gebirgspässe sind vom Schnee versperrt, und Toussaint ist von der Außenwelt abgeschnitten. Wie sind dann die Kaufleute hergelangt?«
    »Für Kaufleute«, erklärte der Verwalter Fierabras gewichtig, »gibt es keine schlechten Straßen, jedenfalls nicht für die, die ihren Beruf ernst nehmen. Die, Herr Hexer, haben so ein Prinzip: Wenn ein Ziel winkt, muss sich ein Weg finden.«
    »Wahrlich«, sagte Geralt langsam, »ein treffliches Prinzip, dem man nacheifern sollte. In jeder Lage.«
    »Ohne Zweifel. Aber in Wahrheit ist es so, dass manche von den Händlern hier seit dem Herbst festsitzen, nicht hinaus können. Aber sie lassen den Kopf nicht hängen, sagen, pah, dafür werden wir im Frühling die ersten sein, ehe die Konkurrenz auftaucht. Bei ihnen heißt das: positiv denken.«
    Geralt nickte. »Auch gegen dieses Prinzip lässt sich kaum etwas einwenden. Eins wundert mich noch, Herr Verwalter. Warum sitzen diese Kaufleute hier draußen und nicht in Beauclair?Ist die Fürstin nicht bereit, ihnen Gastrecht zu gewähren? Sind ihr Kaufleute vielleicht zuwider?«
    »Keineswegs«, erwiderte Fierabras. »Die Frau Fürstin lädt sie immer ein, sie aber lehnen jedesmal höflich ab. Und wohnen bei den Weingütern.«
    »Warum?«
    »Beauclair, sagen sie, das seien in einem fort Festmähler, Bälle, Schlemmereien, Gelage und Liebeleien. Da wird man, sagen sie, nur träge und dumm, und man vergeudet Zeit, statt ans Geschäft zu denken. Aber denken muss man an das, was wirklich wichtig ist. An das Ziel, das einem winkt. Unablässig. Ohne die Gedanken auf irgendwelchen Firlefanz zu verplempern. Dann und nur dann erreicht man sein Ziel.«
    »Wahrlich, Herr Fierabras«, sagte der Hexer langsam. »Ich bin froh über unsere gemeinsame Reise. Unsere Gespräche waren mir sehr von Nutzen. Wirklich sehr.«
     
    Entgegen den Erwartungen des Hexers ritten sie nicht zum Schlösschen Pomerol, sondern ein Stück weiter, auf den Bergrücken hinter dem Talkessel, auf dem sich das nächste Schlösschen erhob, etwas kleiner und viel vernachlässigter. Das Kastell hieß Zurbarràn. Geralt freute sich auf die Aussicht, bald etwas zu tun zu bekommen, denn das dunkle, von zerfallenen Zinnen gezähnte Zurbarràn sah nach einer verwunschenen Ruine aus, wie sie im Buche steht, in der es ohne jeden Zweifel von Zauber, Wundern und Ungeheuern wimmelte.
    Draußen auf dem Schlosshof sah er anstelle von Wunderdingen und Ungeheuern ein gutes Dutzend Leute bei so zauberischen Beschäftigungen wie Fässer zu rollen, Bretter zu hobeln und diese Bretter zusammenzunageln. Es roch nach frischem Holz, frischem Mörtel, einem weniger frischen Kater, sauer gewordenem Wein und Erbsensuppe. Die Erbsensuppe wurde alsbald serviert.
    Vom Weg, von Wind und Kälte hungrig geworden, aßen siezügig und schweigend. Gesellschaft leistete ihnen ein Untergebener des Verwalters Fierabras, der Geralt als Simon Gilka vorgestellt worden war. Es bedienten zwei hellhaarige Mädchen mit gut drei Fuß langen Zöpfen. Beide bedachten den Hexer mit derart vielsagenden Blicken, dass er beschloss, möglichst schnell aufzuessen und an die Arbeit zu gehen.
    Simon Gilka hatte das Ungeheuer nicht gesehen. Sein Aussehen kannte er ausschließlich aus zweiter Hand.
    »Schwarz war’s, ha, pechschwarz, und wie es über die Wand kroch, konnte man die Ziegel durch es hindurch sehen. Es war wie eine Gallerte, versteht Ihr, Herr Hexer, oder wie, mit Verlaub, irgend so’n Rotz. Aber Pfoten hatte es lange und dünne, und eine Menge davon, acht oder sogar noch mehr. Und der Yontek stand da, stand da und

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