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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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guckte, bis ihm endlich ein Licht aufging und er schrie: ›Verschwinde, hebe dich hinweg!‹ Und dann noch einen Exorzismus dazu: ›Verrecken sollst du, Miststück!‹ Da war das Ungeheuer husch, husch, husch auf und davon. Ist im Schlund der Tiefen verschwunden. Da haben die Jungs gesagt: Wenn’s hier ein Ungeheuer hat, dann wollen wir Gefahrenzulage, und wo nicht, gehen wir uns bei der Zunft beschweren. Eure Zunft, sage ich ihnen drauf, kann mir   …«
    »Wann«, unterbrach ihn Geralt, »ist das Ungeheuer zuletzt gesehen worden?«
    »So vor drei Wochen. Also kurz vor Yule.«
    Der Hexer schaute den Verwalter an. »Ihr sagtet: vor Lammas.«
    Alcides Fierabras errötete an den Stellen, die nicht vom Bart verdeckt wurden.
    Gilka schnaubte. »Ja, ja, Herr Verwalter, wenn man verwalten will, muss man sich öfter hier blicken lassen, nicht nur in Beauclair im Kontor mit’m Hintern die Stühle polieren. Ich denke mir   …«
    »Mich interessiert nicht«, schnitt ihm Fierabras das Wort ab, »was Ihr denkt. Erzählt von dem Ungeheuer.«
    »Das hab ich doch schon erzählt. Alls, was war.«
    »Opfer hat es keine gegeben? Niemand ist angegriffen worden?«
    »Nein. Aber letztes Jahr ist ein Knecht spurlos verschwunden. Manche haben gesagt, das Ungeheuer hat ihn in die Tiefen gezogen und umgebracht. Andere wieder, dass das gar kein Ungeheuer war, sondern der Knecht hat sich von selber verdünnisiert, von wegen Schulden und Elementen. Der hat nämlich auf Teufel komm raus Würfel gespielt, und dann hat er noch der Müllerstochter ein Kind gemacht, da ist die zu Gericht gelaufen, und das Gericht hat den Knecht verurteilt, Elemente zu zahlen   …«
    »Weiter«, fiel ihm Geralt ins Wort, »hat das Ungeheuer niemanden angefallen? Gesehen hat es weiter niemand?«
    »Nein.«
    Eins von den Mädchen, das Geralt vom hiesigen Wein einschenkte, streifte ihn mit der Brust am Ohr, worauf sie aufmunternd zwinkerte.
    »Gehen wir«, sagte Geralt rasch. »Es gibt nichts zu trödeln und zu reden. Führt mich in die Keller.«
     
    Wie sich leider erwies, erfüllte Fringillas Amulett nicht die Hoffnungen, die er darein gesetzt hatte. Dass der in Silber gefasste geschliffene Chrysopras sein Hexermedaillon mit dem Wolf ersetzen würde, hatte Geralt keinen Augenblick lang geglaubt. Fringilla hatte das übrigens auch gar nicht versprochen. Sie hatte jedoch versichert – mit großer Überzeugung   –, das Amulett werde, wenn es sich erst einmal auf die Psyche des Trägers eingestimmt hatte, verschiedene Dinge tun können, unter anderem vor Gefahr warnen.
    Doch entweder waren Fringillas Zauber misslungen, oder Geralt und das Amulett waren verschiedener Ansicht, was Gefahr war und was nicht. Der Chrysopras zuckte kaum merklich, als sie auf dem Weg in die Keller einem großen roten Kater überden Weg liefen, der mit emporgerecktem Schwanz über den Hof defilierte. Der Kater musste übrigens irgendein Signal von dem Amulett empfangen haben, denn er sprang davon, wobei er durchdringend miaute.
    Als aber der Hexer in die Keller herabgestiegen war, vibrierte das Medaillon alle naselang nervtötend, und das in trockenen, ordentlichen und sauberen Lagerräumen, in denen die einzige Gefahr von dem Wein in den großen Fässern ausging. Jemandem, der sich unter Verlust der Selbstbeherrschung mit offenem Munde unter den Spund gelegt hätte, drohte hier schwere Trunkenheit. Und weiter nichts.
    Hingegen zuckte das Medaillon nicht, als Geralt den in Gebrauch befindlichen Teil der Keller verließ und Treppen und Stollen entlang tiefer hinabging. Der Hexer hatte längst erkannt, dass unter den meisten Weingütern von Toussaint alte Bergwerke lagen. Zweifellos hatte man, als die angepflanzten Rebstöcke Frucht zu tragen begannen und besseren Gewinn abwarfen, die Ausbeutung der Bergwerke eingestellt und die Gruben aufgegeben, dabei die Stollen und Gänge teilweise zu Weinkellern gemacht. Die Schlösser Pomerol und Zurbarràn standen über einem alten Schieferbergwerk. Es wimmelte hier von Stollen und Löchern, man brauchte nur einen Augenblick lang unaufmerksam zu sein, um sich mit einem komplizierten Bruch am Grunde eines davon zu befinden. Ein Teil der Löcher war von morschen Brettern bedeckt, die sich unter einer Schicht von Schieferstaub nicht vom Boden unterschieden. Unvorsichtig auf derlei zu treten, wäre gefährlich gewesen, also hätte das Medaillon warnen müssen. Es warnte nicht.
    Es warnte ihn auch nicht, als aus einem Haufen Schieferschutt an die

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