Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
lassen wir dich hinaus.«
Geralt stand einen Augenblick lang reglos da; in der Stille war zu hören, wie das Wasser von Decke und Wänden tropfte. Dann stieß er langsam, ohne Hast das Schwert senkrecht und tief in eine Felsspalte. Und zerbrach die Klinge mit einem kräftigen Tritt des Stiefels. Das Schwert barst mit einem seufzenden Laut, der in den Tiefen widerhallte.
Das Wasser tropfte von den Wänden, rann an ihnen herab wie Tränen.
»Ich kann es nicht glauben«, sagte der Korr langsam. »Ich kann nicht glauben, dass jemand derart dumm sein kann.«
Sie stürzten sich alle auf ihn, augenblicklich, ohne einen Schrei oder ein Kommando. Als Erster setzte Herr Schweitzer über die Brücke – mit vorgereckten Krallen und gebleckten Reißzähnen, derer sich ein Wolf nicht geschämt hätte.
Geralt ließ ihn herankommen, worauf er sich in der Hüfte drehte und zuschlug, die untere Wange und die Kehle auftrennte. Im nächsten Moment war er schon auf der Brücke und schlitzte mit einem Hieb aus dem Handgelenk den Killmouli auf. Er krümmte sich und warf sich zu Boden, gerade rechtzeitig, und der ihn anspringende Kandelaber flog über ihn hinweg, streifte gerade nur mit den Fängen seine Jacke. Der Hexer sprang vor dem Spritzling weg, dessen dünne Pfoten wie Windmühlenflügel wirbelten. Ein Stoß einer der Pfoten traf ihn seitlicham Kopf, Geralt tänzelte, machte eine Finte und deckte sich mit einem weit ausholenden Hieb. Der Spritzling sprang abermals, verfehlte ihn jedoch. Er traf auf das Geländer und stieß es ein, stürzte zusammen mit einem Steinhagel in den Abgrund. Bis dahin hatte er nicht den geringsten Laut von sich gegeben, doch nun, da er in den Abgrund fiel, heulte er auf. Es dauerte lange, bis das Geheul verstummt war.
Sie griffen von zwei Seiten an – von einer der Kandelaber, von der anderen der Blut versprühende Killmouli, dem es trotz seiner Verwundung gelungen war aufzustehen. Der Hexer sprang auf das kleine Steingeländer der Brücke, fühlte, wie sich die wegrutschenden Steine aneinander rieben und die ganze Brücke erzitterte. Balancierend gelangte er aus der Reichweite der krallenbewehrten Pfoten des Kandelabers und hinter den Killmouli. Der Killmouli hatte keinen Hals, also versetzte Geralt ihm einen Hieb an die Schläfe. Doch der Schädel des Ungeheuers war wie von Eisen, er musste ein zweites Mal zuschlagen. Das dauerte einen winzigen Augenblick zu lange.
Er erhielt einen Schlag auf den Kopf, der Schmerz flammte ihm im Schädel und in den Augen auf. Er wirbelte herum, deckte sich mit einer weiten Parade, fühlte, wie ihm das Blut unter den Haaren hervorströmte, versuchte zu verstehen, was geschehen war. Während er wie durch ein Wunder dem zweiten Hieb der Krallen entging, verstand er es. Der Kandelaber hatte die Gestalt gewechselt – er griff jetzt mit geradezu unglaublich langen Pfoten an.
Das brachte einen Nachteil mit sich. Nämlich einen verschobenen Schwerpunkt und ein gestörtes Gleichgewicht. Der Hexer tauchte unter den Pfoten hinweg und verkürzte die Distanz. Der Kandelaber sah, was im Gange war, warf sich wie ein Kater auf den Rücken und reckte die Hinterpfoten hoch, die ebenfalls krallenbewehrt waren. Geralt sprang darüber hinweg und hieb im Sprung zu. Er fühlte, wie die Klinge durch den Körper schnitt. Er krümmte sich, fuhr herum, schlug nochmals zu, wobeier sich auf ein Knie sinken ließ. Das Geschöpf schrie auf und ließ den Kopf heftig vorschnellen, schnappte mit seinen Zähnen wild direkt vor der Brust des Hexers. Seine großen Augen leuchteten im Dunklen. Geralt stieß es mit einem kräftigen Schlag des Schwertknaufes zurück, führte einen Streich aus nächster Nähe, der die Hälfte des Schädels abtrennte. Selbst ohne diese Hälfte schnappte dieses seltsame, in keinem Hexerbuch verzeichnete Geschöpf noch ein gutes Dutzend Sekunden lang mit den Zähnen. Dann starb es mit einem schrecklichen, beinahe menschlichen Seufzer.
Der in einer Blutlache liegende Korr zuckte krampfhaft.
Der Hexer blieb vor ihm stehen. »Ich kann nicht glauben«, sagte er, »dass jemand derart dumm sein konnte, auf eine so einfache Illusion hereinzufallen wie die mit dem zerbrochenen Schwert.«
Er war sich nicht sicher, ob der Korr hinreichend bei Bewusstsein war, um ihn zu verstehen. Aber im Grunde war es ihm gleichgültig.
»Ich habe euch gewarnt«, sagte er, während er sich das über die Wange rinnende Blut abwischte. »Ich habe euch gewarnt, dass ich hier herausmuss.«
Herr
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