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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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lauter Widerwillen dehnte er sie noch mehr. »Besser wäre ein Held, ein flammender Kämpfer für eine Idee, ein Rächer   …«
    »Eine Rächerin«, unterbrach ihn Skellen. »Das passt wie angegossen, Herr Leuvaarden. Yennefer wird das Leid rächen, das ihr von dem Tyrannen zugefügt wurde. Emhyr hat das von ihr erzogene Mädchen, ein unschuldiges Kind, verfolgt und in den Tod getrieben. Dieser grausame Alleinherrscher, dieser Perverse, hat, statt sich um Reich und Volk zu kümmern, Kinder verfolgt und umgebracht. Darum hat ihn die rächende Hand ereilt   …«
    »Mir«, teilte mit Bassstimme Ardal aep Dahy mit, »gefällt das sehr gut.«
    »Mir auch«, stimmte Joachim de Wette zu.
    »Wunderbar!«, schrie exaltiert Graf Broinne. »Für die Vergewaltigung fremder Ehefrauen ereilt den Tyrannen und Perversling die rächende Hand. Wunderbar!«
    »Noch etwas«, sagte Leuvaarden, die Silben dehnend. »Um uns Euer Vertrauen zu beweisen, Herr Graf Skellen, bitte ich Euch, uns den Aufenthaltsort des Herrn Vilgefortz zu verraten.«
    »Meine Herren, ich   … ich darf nicht   …«
    »Das wäre die Garantie. Ein Unterpfand der Aufrichtigkeit und der Hingabe an die Sache.«
    »Du brauchst keinen Verrat zu fürchten, Stefan«, fügte aep Dahy hinzu. »Keiner von den hier Anwesenden wird es verraten. Das ist ein Paradoxon. Unter anderen Umständen würde sich unter uns vielleicht auch jemand finden, der sich sein Leben erkaufen wollte, indem er die Übrigen verrät. Aber alle von uns wissen nur zu gut, dass sie sich mit Verrat nichts erkaufen würden. Emhyr var Emreis verzeiht nicht. Er kann es nicht. Statt eines Herzens hat er einen Eisklumpen. Und darum wird er sterben.«
    Stefan Skellen zögerte nicht länger. »Also gut«, sagte er. »Soll es ein Unterpfand der Aufrichtigkeit sein. Vilgefortz verbirgt sich im   …«
     
    Der Hexer, der an der Öffnung der Röhre saß, ballte die Fäuste, dass es schmerzte. Er strengte sein Gehör an. Und sein Gedächtnis.
     
    Die Zweifel, die der Hexer in Bezug auf Fringillas Amulett gehabt hatte, waren unberechtigt und zerstoben im Augenblick. Als er in die große Kaverne kam und sich der steinernen Brücke über dem Abgrund näherte, begann das Medaillon an seinem Hals zu rucken und zu zappeln, nicht mehr wie ein Sperling, sondern wie ein großer und kräftiger Vogel. Sagen wir, eine Saatkrähe.
    Geralt erstarrte. Er beruhigte das Amulett. Er machte nicht die geringste Bewegung, damit kein Rascheln, nicht einmal ein lauter Atemzug sein Gehör täuschte. Er wartete. Er wusste, dass sich auf der anderen Seite des Abgrundes, jenseits der Brücke, etwas befand, dass etwas im Dunkel lauerte. Er schloss nicht aus, dass sich auch hinter seinem Rücken etwas verbergen könnte und die Brücke eine Falle sein sollte. Er hatte nicht vor, in diese Falle zu gehen. Er wartete. Und nicht vergebens.
    »Sei gegrüßt, Hexer«, hörte er. »Wir haben dich hier erwartet.«
    Die Stimme, die aus der Finsternis kam, klang seltsam. Doch Geralt hatte solche Stimmen schon gehört, er kannte sie. Die Stimmen von Wesen, die es nicht gewohnt waren, sich mit Sprache zu verständigen. Obwohl sie die Apparatur von Lunge, Zwerchfell, Luftröhre und Kehle gebrauchen konnten, beherrschten diese Geschöpfe den Artikulationsapparat nicht vollends, nicht einmal, wenn ihre Lippen, Gaumen und Zunge ganz ähnlich wie beim Menschen gebaut waren. Die von solchen Wesen ausgesprochenen Wörter waren nicht nur sonderbar akzentuiert und intoniert, sondern auch voller Laute, die dem menschlichen Ohr unangenehm sind – von harten und hässlich bellenden bis zu zischenden und schleimig-weichen.
    »Wir haben dich hier erwartet«, wiederholte die Stimme. »Wir wussten, dass du kommst, wenn man dich mit Gerüchten füttert. Dass du hierher unter die Erde kriechen würdest, um zu suchen, aufzuspüren, zu verfolgen und zu morden. Aber hier kommst du nicht mehr heraus. Du wirst diese Sonne nicht mehr sehen, die dir so lieb ist.«
    »Zeig dich.«
    In der Dunkelheit jenseits der Brücke regte sich etwas. Die Finsternis schien sich an einer Stelle zusammenzuballen und nahm eine annähernd menschliche Gestalt an. Das Geschöpf schien keinen Augenblick lang in derselben Haltung und am selben Ort zu verharren, es veränderte sie mithilfe schneller, nervöser, verschwommener Bewegungen. Der Hexer hatte solche Wesen schon gesehen.
    »Ein Korr«, stellte er ungerührt fest. »Mit so einem wie dir hätte ich hier rechnen können. Ein Wunder, dass

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