Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
Dichter heran, zog heimlich einen Brief aus der Jacke. »Sieh zu, dass dieser Brief an die richtige Adresse kommt   …«
    »Fringilla Vigo?«
    »Nein. Dijkstra.«
    »Wieso denn das, Geralt? Und wie soll ich das anstellen?«
    »Finde einen Weg. Ich weiß, dass du es schaffst. Und jetzt mach’s gut. Lass dich küssen, alter Dummkopf.«
    »Lass dich küssen, Freund. Ich werde nach euch Ausschau halten!«
    Sie blickten ihm nach, sahen, wie er im Trab auf Beauclair zuritt.
    Der Himmel wurde dunkel.
    »Reynart.« Der Hexer wandte sich im Sattel um. »Reite mit uns.«
    »Nein, Geralt«, entgegnete nach einem Moment Reynart de Bois-Fresnes. »Ich bin ein fahrender Ritter. Aber nicht wahnsinnig.«
     
    Im großen Säulensaal des Schlosses Montecalvo herrschte eine ungewohnt gehobene Stimmung. Den hier für gewöhnlich dominierenden Halbschatten der Kandelaber hatte heute die milchige Helle eines großen magischen Bildschirms ersetzt. Das Bild auf dem Schirm schwankte, flackerte, verschwand hin und wieder. Das alles erhöhte die Aufregung und Spannung. Und die Nervosität.
    »Ha«, sagte Philippa Eilhart mit raubtierhaftem Lächeln. »Schade, dass ich nicht dort sein kann. Ein wenig Aktion würde mir gut tun. Und ein wenig Adrenalin.«
    Sheala de Tancarville warf ihr einen missbilligenden Blick zu, sagte aber nichts. Francesca Findabair und Ida Emean stabilisierten mit Zaubersprüchen das Bild, vergrößerten es so, dass es den ganzen Schirm einnahm. Man sah deutlich die schwarzen Berggipfel vor dem Hintergrund eines tiefblauen Himmels,Sterne, die sich auf der Oberfläche eines Sees spiegelten, den dunklen und kantigen Block des Schlosses.
    »Ich bin mir immer noch nicht sicher«, sagte Sheala, »ob es richtig war, die Leitung der Einsatzgruppe Sabrina und der jungen Metz zu übertragen. Keira haben sie auf Thanedd die Rippen gebrochen, sie wird sich vielleicht rächen wollen. Und Sabrina   … Nun ja, die mag Aktion und Adrenalin ein bisschen zu sehr. Nicht wahr, Philippa?«
    »Wir haben darüber schon gesprochen«, schnappte Philippa, und ihre Stimme war sauer wie Pflaumenmus. »Wir haben festgelegt, was festzulegen war. Niemand wird getötet, wenn es sich vermeiden läst. Die Gruppe von Sabrina und Keira dringt mäuschenstill in Rhys-Rhun ein, auf Zehenspitzen, psst. Vilgefortz ergreifen sie lebendig, ohne einen Kratzer, ohne einen blauen Fleck. Das haben wir festgelegt. Obwohl ich weiterhin der Ansicht bin, dass man ein Exempel statuieren sollte. Damit die wenigen dort im Schloss, die diese Nacht überleben, bis ans Ende ihres Lebens schreiend aufwachen, wenn sie von dieser Nacht träumen.«
    »Rache«, sagte die Zauberin aus Kovir trocken, »ist die Freude mittelmäßiger, schwacher und kleinlicher Geister.«
    »Mag sein«, stimmte Philippa mit einem scheinbar gleichgültigen Lächeln zu. »Aber eine Freude bleibt es trotzdem.«
    »Lassen wir das.« Margarita Laux-Antille hob ein Glas mit moussierendem Wein. »Ich schlage vor, auf die Gesundheit von Frau Fringilla Vigo zu trinken, durch deren Bemühungen Vilgefortz’ Schlupfwinkel entdeckt wurde. Wirklich, Frau Fringilla, eine gute, vorbildliche Arbeit.«
    Fringilla verneigte sich, hob zur Erwiderung ihr Glas. In Philippas schwarzen Augen bemerkte sie so etwas wie Spott, im blauäugigen Blick von Triss Merigold lag Unwille. Das Lächeln von Francesca und Sheala vermochte sie nicht zu entziffern.
    »Sie fangen an«, sagte Assire var Anahid und deutete auf das magische Bild.
    Sie setzten sich bequemer hin. Um besser sehen zu können, dämpfte Philippa mit einem Spruch das Kerzenlicht.
    Sie sahen, wie sich von den Felsen schnelle schwarze Gestalten lösten, lautlos und wendig wie Fledermäuse. Wie sie in schneidigem Flug auf die Zinnen und Wehrgänge des Schlosses Rhys-Rhun herabstießen.
    »Es dürfte hundert Jahre her sein«, murmelte Philippa, »dass ich einen Besen zwischen den Beinen hatte. Bald werde ich vergessen, wie man fliegt.«
    Sheala, den Blick auf den Schirm geheftet, brachte sie mit einem ungeduldigen Zischen zum Schweigen.
    In den Fenstern der schwarzen Masse des Schlosses flammte kurz Feuer auf. Einmal, zweimal, dreimal. Sie wussten, was das war. Verriegelte Türen und Sperrketten zerbarsten unter den Schlägen von Kugelblitzen.
    »Sie sind drinnen«, ließ sich leise Assire var Anahid vernehmen, die Einzige, die nicht den Bildschirm betrachtete, sondern eine auf dem Tisch liegende Kristallkugel. »Die Einsatzgruppe ist drinnen. Aber etwas stimmt nicht.

Weitere Kostenlose Bücher