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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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sehr wütend auf sich selbst.
    »Ach«, sagte er rasch. »Zerschlagen kannst du, so viel du willst, letzten Endes sind das nur Gegenstände, was tut es schon, dass sie vor siebenhundert Jahren angefertigt wurden.Möchtest du vielleicht mit mir einen Spaziergang am Seeufer machen?«
    Der plötzlich aufkommende Wind linderte die Gluthitze ein wenig. Zudem boten die großen Bäume und der Turm Schatten. Das Wasser der Bucht war von einem trüben Grün; dicht mit Mummelblättern und den gelben Knöpfchen der Blüten bedeckt, sah er fast wie eine Wiese aus. Teichhühner, die laut riefen und mit den roten Schnäbeln pickten, schwammen lebhaft zwischen den Blättern umher.
    »Das mit dem Spiegel   …«, stotterte Ciri und drehte den Absatz im nassen Kies. »Dafür bitte ich um Entschuldigung. Ich war wütend. Weiter nichts.«
    »Ach.«
    »Sie ignorieren mich. Diese Elfen. Wenn ich mit ihnen spreche, tun sie so, als ob sie nichts verstünden. Und wenn sie zu mir sprechen, dann absichtlich so, dass ich es nicht verstehe. Sie erniedrigen mich.«
    »Du sprichst unsere Sprache perfekt«, erklärte er ruhig. »Aber doch ist es eine Fremdsprache für dich. Außerdem verwendest du die Hen Llinge, sie aber Ellylon. Die Unterschiede sind nicht groß, doch es gibt sie.«
    »Dich verstehe ich. Jedes Wort.«
    »Ich gebrauche im Gespräch mit dir die Hen Llinge. Die Sprache der Elfen deiner Welt.«
    »Und du?« Sie wandte sich um. »Aus welcher Welt stammst du? Ich bin kein Kind. Man braucht nur nachts nach oben zu blicken. Es gibt kein einziges von den Sternbildern, die ich kenne. Das hier ist nicht meine Welt. Das ist nicht mein Ort. Ich bin zufällig hierhergekommen   … Und ich will von hier fort. Wegreiten.«
    Sie bückte sich, hob einen Stein auf, machte eine Bewegung, als wolle sie ihn ohne Sinn in den See werfen, zu den schwimmenden Teichhühnern hin. Sein Blick bewog sie, es bleiben zu lassen.
    »Ehe ich ein paar hundert Schritt weit geritten bin«, sagte sie, ohne ihre Bitterkeit zu verhehlen, »komme ich an den See. Und sehe diesen Turm. Egal, in welche Richtung ich reite, wohin ich mich wende, immer sind da der See und dieser Turm. Immer. Es gibt keine Möglichkeit, sich von ihm zu entfernen. Also ist das ein Gefängnis. Schlimmer als ein Verlies, als ein Kerker, als ein Raum mit einem vergitterten Fenster. Weißt du, warum? Weil es erniedrigender ist. Ellylon hin oder her, es bringt mich auf, wenn man Spott mit mir treibt und mir Missachtung bezeugt. Ja, ja, da gibt es keine großen Augen zu machen. Du missachtest mich auch, verspottest mich ebenfalls. Und du wunderst dich, dass ich wütend bin?«
    »Ich wundere mich tatsächlich.« Er öffnete die Augen weit. »Über alle Maßen.«
    Sie seufzte, zuckte mit den Schultern, zwang sich zur Ruhe. »Ich bin vor einer Woche in diesen Turm gekommen. Ich bin in eine andere Welt geraten. Du hast mich erwartet, hast dagesessen und Flöte gespielt. Du hast dich sogar gewundert, dass ich so spät komme. Du hast mich mit meinem Namen angesprochen, erst später hast du diesen Unsinn mit einer ›Dame vom See‹ angefangen. Dann bist du ohne ein Wort der Erklärung verschwunden. Hast mich in Gefangenschaft zurückgelassen. Nenn das, wie du willst. Ich aber nenne es Spott und boshafte Missachtung.«
    »Zireael, es sind nur acht Tage.«
    »Ach.« Sie verzog das Gesicht. »Also habe ich Glück? Denn es hätten acht Wochen sein können? Oder acht Monate? Oder acht   …«
    Sie verstummte.
    »Weit«, sagte er leise, »hast du dich von Lara Dorren entfernt. Du hast dein Erbe verloren, die Verbindung mit deinem Blut eingebüßt. Kein Wunder, dass die Frauen dich nicht verstanden haben und du sie nicht. Du sprichst nicht nur anders, du denkst anders. Was sind acht Tage oder acht Wochen? Die Zeit hat keine Bedeutung.«
    »Gut!«, schrie sie zornig. »Jawohl, ich bin keine kluge Elfe, ich bin ein dummer Mensch. Für mich hat die Zeit Bedeutung, ich zähle die Tage, zähle sogar die Stunden. Und ich bin darauf gekommen, dass viele vergangen sind, die einen wie die anderen. Ich will von euch nichts mehr, ich werde ohne Erklärungen auskommen, es ist mir gleichgültig, warum hier Frühling ist, warum es hier Einhörner gibt und man nachts andere Sternbilder am Himmel sieht. Es kümmert mich überhaupt nicht, wieso du meinen Namen kennst und woher du wusstest, dass ich hier auftauchen würde. Ich will nur eines. Zurück zu mir. In meine Welt. Zu den Menschen! Zu solchen, die denken wie ich! In

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