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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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klar, dass Ciri sogar vom Sattel aus im Schatten des Pferdes das bunte Mosaik des Grundes sehen konnte, Teichmuscheln und wogende, gefiederte Wasserpflanzen. Sie sah einen kleinen Krebs, der würdevoll zwischen den Steinchen einherschritt.
    Kelpie wieherte. Ciri ruckte an den Zügeln, ritt wieder ins Flache, aber nicht aufs Ufer, denn das war sandig und mit Steinbrocken besät, was schnelles Reiten ausschloss. Sie lenkte die Stute so dicht am Rande des Wassers entlang, dass sie auf dem festen Kies des Grundes laufen konnte. Und sie ging fast sofort zum Trab über, bei dem Kelpie geschwind lief wie ein echter Traber, der nicht an den Sattel, sondern an Gig oder Landauer gewöhnt ist. Doch bald stellte sie fest, dass Trab doch zu langsam war. Mit Fersenschlägen und Schreien brachte sie die Stute zum Galopp. Sie stürmten inmitten der Wasserspritzer einher, die in der Sonne glänzten wie Tropfen geschmolzenen Silbers.
    Sie verlangsamte den Ritt selbst dann nicht, als sie den Turm erblickte. Sie ritt scharf, so scharf, dass ein gewöhnliches Pferd wohl zusammengebrochen wäre. Doch im Atem Kelpies war nicht das geringste Schnauben zu hören, und sie galoppierte immer noch leicht und ungezwungen.
    Ciri kam mit vollem Schwung auf den Vorhof, mit dröhnenden Hufen; sie riss die Stute so zurück, dass die Hufeisen einen Augenblick lang mit anhaltendem Knirschen über die Steinplatten schlitterten. Sie kam ganz knapp vor den beim Turm wartenden Elfen zum Stehen. Direkt vor ihren Nasen. Sie empfand Befriedigung, denn zwei von ihnen, die für gewöhnlich unbewegt und gleichmütig waren, wichen jetzt unwillkürlich zurück.
    »Keine Angst«, schnaubte sie. »Ich reite euch nicht über den Haufen! Höchstens, wenn ich es wollte.«
    Die Elfen gewannen rasch die Beherrschung zurück, wieder glättete Ruhe ihre Gesichtszüge, in die Blicke kehrte die gleichgültige Nonchalance zurück.
    Ciri sprang – oder beinahe: schwebte aus dem Sattel. Sie blickte herausfordernd.
    »Bravo«, sagte der hellhaarige Elf mit dem dreieckigen Gesicht, der aus dem Schatten unter der Arkade hervortrat. »Eine hübsche Vorstellung, Loc’hlaith.«
    Damals hatte er sie ebenso begrüßt. Als sie in den Schwalbenturm gekommen war und sich im blühenden Frühling wiedergefunden hatte. Doch das war lange her, und derlei Dinge machten auf Ciri längst keinen Eindruck mehr.
    »Ich bin nicht die Dame vom See«, blaffte sie. »Ich bin hier eine Gefangene! Und ihr seid die Wärter! Und da gibt es nichts zu beschönigen!
    Bitte!« Sie warf einer der Elfen die Zügel zu. »Das Pferd muss abgerieben werden. Getränkt, wenn es sich abgekühlt hat. Und überhaupt versorgt!«
    Der hellhaarige Elf deutete ein Lächeln an. »In der Tat«, sagte er, während er zusah, wie die Elfen die Stute wortlos zum Stallführten. »Du bist hier die schlecht behandelte Gefangene, und sie sind die strengen Wärterinnen. Man sieht es geradezu.«
    »Ein schöner Vergleich!« Sie stemmte die Hände in die Hüften, reckte die Nase hoch und blickte ihm kühn in die Augen, die hellblau waren wie Aquamarin und recht sanft. »Ich behandele sie genauso wie sie mich! Und Gefängnis ist Gefängnis!«
    »Du erstaunst mich, Loc’hlaith.«
    »Und du behandelst mich wie eine Dumme. Und stellst dich nicht einmal vor.«
    »Entschuldigung. Ich bin Crevan Espane aep Caomhan Macha. Ich bin, wenn du weißt, was das bedeutet, ein Aen Saevherne.«
    »Weiß ich.« Die Verwunderung in ihrem Blick konnte sie nicht rechtzeitig verbergen. »Ein Wissender. Ein Elfenzauberer.«
    »Man kann es auch so nennen. Der Bequemlichkeit halber verwende ich den Aliasnamen Avallac’h, und so kannst du mich ansprechen.«
    »Wer hat dir gesagt« – ihre Miene verfinsterte sich   –, »dass ich überhaupt Lust habe, dich anzusprechen? Wissender oder nicht, du bist ein Gefangenenwärter und ich   …«
    »Die Gefangene«, schloss er sarkastisch. »Du hast es schon erwähnt. Noch dazu eine schlecht behandelte Gefangene. Zu den Ausritten in der Umgebung wirst du sicherlich gezwungen, das Schwert trägst du zur Strafe auf dem Rücken, wie wohl auch die elegante und ziemlich reiche Kleidung, die wesentlich geschmackvoller und sauberer ist als die, in der du hier ankamst. Aber trotz all diesen schrecklichen Bedingungen lässt du dich nicht unterkriegen. Du revanchierst dich für die erfahrenen Kränkungen mit Schnippischsein. Mit großem Mut und Eifer zerschlägst du auch Spiegel, die Kunstwerke sind.«
    Sie wurde rot. Sie war

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