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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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seltsame, monotone Melodie summten.
    Wer bist du?
    Sie schüttelte den Kopf.
    Wer bist du – die Frage erklang abermals in ihrem Kopf, hämmerte in den Schläfen. Der Singsang der Elfen sprang plötzlich einen Ton höher. Das rötliche Einhorn wieherte, der ganze Tabun antwortete ihm. Der Boden erbebte, als sie davonliefen.
    Das Lied Avallac’hs und der Elfen riss ab. Ciri bemerkte, wie der Wissende sich heimlich den Schweiß aus den Brauen wischte. Der Elf warf ihr einen Blick aus den Augenwinkeln zu, begriff, dass sie es gesehen hatte.
    »Nicht alles ist hier so schön, wie es aussieht«, sagte er trocken. »Nicht alles.«
    »Habt ihr Angst vor den Einhörnern? Die sind doch klug und freundlich.«
    Er gab keine Antwort.
    »Ich habe gehört«, beharrte sie, »dass Elfen und Einhörner einander lieben.«
    Er wandte den Kopf ab. »Nimm also an«, sagte er reserviert, »dass das, was du gesehen hast, ein Streit unter Liebenden war.«
    Sie stellte weiter keine Fragen.
    Sie hatte genug eigene Sorgen.
     
    Die Gipfel der Hügelchen waren von Kromlechs und Dolmen geschmückt. Ihr Anblick erinnerte Ciri an einen Stein bei Ellander,den, bei dem Yennefer sie gelehrt hatte, was Magie ist. Aber das ist lange her, dachte sie. Jahrhunderte   …
    Eine von den Elfen schrie abermals. Ciri schaute in die Richtung, die sie zeigte. Noch ehe sie feststellen konnte, dass der von dem rötlichen Hengst geführte Tabun zurückgekehrt war, schrie eine andere Elfe. Ciri richtete sich in den Steigbügeln auf.
    Von der anderen Seite, hinter einer Anhöhe hervor, tauchte ein zweiter Tabun auf. Ihn führte ein Einhorn mit einer Zeichnung wie bei einem Apfelschimmel, doch in bläulichen Tönen.
    Avallac’h sagte rasch ein paar Worte. Es war jene für Ciri schwere Sprache Ellylon, doch sie verstand, zumal die Elfen wie auf Kommando zu den Bögen griffen. Avallac’h wandte sein Gesicht Ciri zu, und sie fühlte, wie es in ihrem im Kopf zu rauschen begann. Es war ein ganz ähnliches Rauschen wie von einer ans Ohr gehaltenen Muschel. Aber wesentlich stärker.
    Sträube dich nicht,
hörte sie eine Stimme.
Wehre dich nicht. Ich muss springen, muss dich an einen anderen Ort versetzen. Dir droht eine tödliche Gefahr.
    Aus der Ferne drang ein Pfiff heran, ein gedehnter Schrei. Und einen Augenblick später bebte die Erde unter beschlagenen Hufen.
    Hinter einer Hügelkuppe kamen Reiter hervor. Eine ganze Abteilung.
    Die Pferde trugen Rossmäntel, die Reiter Helme mit einem Längsgrat, um die Schultern wehten ihnen beim Galopp Umhänge, deren Zinnober-, Amarant- und Karminrot an Feuerschein oder an einen von der untergehenden Sonne erhellten Himmel gemahnte.
    Pfiffe, Rufe. Die Reiter galoppierten en masse auf sie zu.
    Noch ehe sie sich bis auf hundert Schritte genähert hatten, waren die Einhörner verschwunden. Sie waren in der Steppe verschwunden und hatten nur eine Staubwolke hinterlassen.
     
    Der Anführer der Reiter, ein schwarzhaariger Elf, saß auf einem schwarzbraunen Hengst, groß wie ein Drache und, gleich allen Pferden der Abteilung, mit einer Kuvertüre, auf die Drachenschuppen gestickt waren, noch dazu mit einem wahrhaft dämonischen gehörnten Bukranion auf dem Kopf. Wie alle übrigen Elfen trug der Schwarzhaarige unter dem zinnoberamarantkarminroten Umhang einen Ringpanzer aus unglaublich kleinen Ringen, der sich darum weich wie Wollkleidung an den Körper schmiegte.
    »Avallac’h«, sagte er und salutierte.
    »Eredin.«
    »Du schuldest mir einen Gefallen. Du wirst zahlen, wenn ich es verlange.«
    »Ich werde zahlen, wenn du es verlangst.«
    Der Schwarzhaarige saß ab. Avallac’h tat desgleichen und bedeutete Ciri mit einer Geste, seinem Beispiel zu folgen. Sie gingen auf die Hügelkuppe zwischen niedrige weiße Felsen von wundersamen Formen, bewachsen mit Spindelbäumen und zwergwüchsigem Gebüsch von blühender Myrte.
    Ciri betrachtete die beiden. Sie waren von gleichem Wuchs, das heißt, beide ungewöhnlich groß. Doch Avallac’hs Gesicht war sanft, das Gesicht des Schwarzhaarigen aber ließ an einen Raubvogel denken. Der Helle und der Schwarze, dachte sie. Gut und Böse. Licht und Finsternis   …
    »Erlaube, Zireael, dass ich dir vorstelle: Eredin Bréacc Glass.«
    »Angenehm.« Der Elf verbeugte sich, und Ciri erwiderte die Verbeugung. Nicht besonders elegant.
    »Woher wusstest du«, fragte Avallac’h, »dass uns eine Gefahr droht?«
    »Ich wusste es überhaupt nicht.« Der Elf musterte Ciri aufmerksam. »Wir patrouillieren

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