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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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selbst haben mich ausgewählt.«
    Jurie hob abwehrend die Hand. »Alles, was wir hier tun, hat eine politische Dimension. Würde ich das nicht erkennen, wäre ich ein Dummkopf. Allerdings glaube ich, ehrlich gesagt, dass wir zu den Gewinnern gehören. Unsere Arbeit ist zu wichtig, als dass man sie – aus welchen Gründen auch immer – stoppen könnte. Und für uns sollten ruhig die allerbesten Leute arbeiten, welche Verbindungen sie auch haben mögen. Sie sind ein guter Wissenschaftler. Und das ist, was hier zählt.« Jurie schlenderte zu einem in Plastik gehülltes Treibhaus voller Bananenbäume hinüber, die durch die durchsichtigen Planen vage zu erkennen waren. »Falls Sie dafür bereit sind, möchte ich Ihnen ein theoretisches Problem skizzieren.«
    »So bereit man nur sein kann.«
    »Ich hätte gerne, dass Sie mit einer Sache anfangen, die ein bisschen abseits der ausgetretenen Pfade liegt. Möchten Sies hören?«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Sie können mit Dr. Wrigleys Freiwilligengruppe arbeiten.
    Suchen Sie sich aus den Reihen unserer wissenschaftlichen Assistenten, die von Dee Dee betreut werden, zwei feste Mitarbeiter aus, am Anfang nicht mehr als zwei. Derzeit sind die Assistenten damit beschäftigt, mit sexuellen Merkmalen verknüpfte Bereiche zu untersuchen, die eine Expression alter Viren fördern könnten, sowie physiologische Veränderungen bei Menschen, die möglicherweise durch retrovirale Gene ausgelöst sein könnten.« Jurie schluckte auffällig. »Bei unseren SHEVA-Kindern haben Viren recht augenfällige Veränderungen bewirkt. Jetzt möchte ich mich gern mit den eher prosaischen Tatsachen des Lebens befassen. Können Sie sich vorstellen, welche Gewebefalte ich dabei im Auge habe?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Sie ähnelt der Alarmanlage an einem Tor, das bis zur sexuellen Reife geschlossen bleibt. Wenn jemand durch das Tor bricht, verkündet der Alarm, dass etwas Wichtiges eingetreten ist, eine entscheidende Veränderung. Diese Ankündigung ist mit heftigen Schmerzen und einer ganzen Kaskade hormoneller Ausschüttungen verbunden. Die Hormone, die dabei erzeugt werden, scheinen HERVs und andere ungebundene Elemente zu aktivieren und bereiten unsere Körper auf eine neue Lebensphase vor. Der Durchbruch durch dieses Tor sagt dem Körper, dass die Reproduktion bevorsteht: Zeit, sich darauf vorzubereiten.«
    »Sie meinen das weibliche Hymen?«
    »Das weibliche Hymen«, bestätigte Jurie. »Gibt es auch andere?« Es war nicht sarkastisch, sondern als ehrliche Frage gemeint. »Gibt es noch andere Tore, die sich öffnen müssen, weitere Signale…? Ich weiß es nicht, würde es aber gern wissen.« Als Jurie Dicken musterte, glänzten seine Augen wieder vor Begeisterung. »Ich nehme an, dass Viren unseren Phänotyp so verändert haben, dass sich das Hymen entwickelte. Wenn es reißt, bedeutet das für die Viren eine Warnung, dass Sex stattfindet. Also können sie sich entsprechend auf das vorbereiten, was sie tun müssen.
    Dadurch, dass sie die Expression von Schlüsselgenen verändern, sie entweder fördern oder blockieren, können die Viren vielleicht auch unser Verhalten modifizieren. Lassen Sie uns herausfinden, wie.«
    Er griff in die Jackentasche, zog ein kleines Kunststoffkästchen heraus und reichte es Dicken. »Meine Notizen. Ich würde mich freuen, wenn Sie irgendetwas damit anfangen können.«
    »Gut«, sagte Dicken. Er wusste nur sehr wenig über Hymen und fragte sich, auf welche weiteren Quellen er zurückgreifen sollte.
    »SHEVA-Frauen haben keine Hymen, wissen Sie«, fuhr Jurie fort. »Solche Häutchen gibt es bei ihnen nicht. Der Vergleich müsste eigentlich faszinierende Abweichungen bei den hormonellen Pfaden und der Aktivierung von und durch Viren aufzeigen. Und das, was die Viren bewirken, ist das, was mich interessiert.«
    Dicken ertappte sich dabei, dass er nickte. Diese Hypothese war so gewagt, dass er davon wie hypnotisiert war. Sie war verrückt – auf verrückte Weise brillant. »Und Sie gehen davon aus, dass bei SHEVA-Frauen die erste Menstruation Mutationen der Viren auslöst?«, fragte er.
    »Möglich«, erwiderte Jurie so gelassen, als würden sie über das Wetter sprechen.
    »Interessiert?«
    »Ja«, sagte Dicken nach kurzem Nachdenken.
    »Gut.« Jurie griff nach oben, umfasste den eigenen Kopf und zerrte ihn so heftig zur Seite, dass seine Halswirbel knackten.
    Gleich darauf wandte er den Blick ab, nickte einmal kurz und entfernte sich, sodass Turner und Dicken allein

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