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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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konnten.
    Inzwischen rührten sich auch die Mädchen, die unter ihr schliefen, Celia und Mandy. Stella war gern unter den Ersten, die duschten. Die Alarmglocke am südlichen Ende des Flurs schrillte genau in dem Moment los, als sie auf das Tor zu rannte, das zu den Duschen führte. Ihr dünner weißer Morgenmantel, der bis zur Mitte ihrer Oberschenkel reichte, flatterte hinter ihr her.
    Jeden Tag wurden sie mit frischen Handtüchern und Zahnbürsten versorgt. Sie nahm beides, vermied es aber, Zahnpasta zu benutzen. Zahnpasta hatte einen lange nachwirkenden Geruch und sie hatte den Verdacht, dass dieser Geruch ihre eigene Duftproduktion durcheinander bringen sollte. Stella blieb an dem lang gestreckten Becken mit dem sauber glänzenden Metallspiegel stehen, fuhr sich mit der feuchten Bürste über die Zähne und massierte danach mit einem Finger ihr Zahnfleisch, wie Mitch es ihr vor fast zehn Jahren beigebracht hatte.
    Im Duschraum waren bereits zwanzig Mädchen versammelt, die meisten kamen aus anderen Wohnheimen. Stellas Mitbewohnerinnen aus Gebäude Nr. 3, die alle zu den älteren Jahrgängen gehörten, waren in der Regel spät dran. Dass sie morgens längst nicht so munter und tatenfroh wie die Jüngeren waren, lag daran, dass sie nur allzu gut wussten, was der Tag für sie bereithielt: Langeweile, ewige Wiederholung, Frust. Mit einem Wort: Stagnation.
    Das jüngste Mädchen im Lager war zehn, das älteste fünfzehn Jahre alt. Stella Nova war vierzehn.
    Als Stella fertig war, kehrte sie in ihren Schlafsaal zurück, um sich anzuziehen. Sie musterte die Reihen der Etagenbetten.
    Die meisten Mädchen waren noch im Duschraum. Heute war sie zum Kontrolldienst im Wohnheim eingeteilt und musste ihn möglichst unauffällig hinter sich bringen. Es reichte schon, von Bett zu Bett zu gehen, sich über die Kissen zu beugen und den Geruch tief einzusaugen, um sich einen Hausarrest und gezielte Fragen von Miss Kantor einzuhandeln. Trotzdem durfte sie sich nicht davor drücken.

    Mit einem Stapel von Schulzeitungen, die vom Vortag stammten, ging Stella von Bett zu Bett, legte auf jedes ein einzelnes Exemplar und schnüffelte dabei vorsichtig und ohne sich zu bücken an den zerwühlten Laken.
    Während Stellas Zimmergenossinnen aus der Dusche zurückkehrten und sich anzukleiden begannen, verbrachte sie die nächsten zehn Minuten damit, sich einen umfassenden Überblick über den Gesundheits- und Gemütszustand ihrer Gefährtinnen zu verschaffen. Später würde sie der Mentorin ihres Dems Bericht erstatten. Die Mentorinnen wechselten täglich, manchmal auch nur wöchentlich. Wer heute zuständig war, konnte Stella den geheimen Mitteilungen der Unterstimmen oder bestimmten Wangenmustern entnehmen.
    Mithilfe ihrer eigenen Unterstimme und Duftproduktion würde sie ihren Bericht fast lautlos und schnell übermitteln, ehe die sorgfältig überwachten Aktivitäten im Freien begannen, die einmal in der Woche für Jungen und Mädchen gemeinsam veranstaltet wurden.
    Die Mädchen hatten sich den Kontrolldienst, der bisher gut zu funktionieren schien, ganz allein ausgedacht. Das Schnüffeln an den Betten diente nicht nur dazu, in Erfahrung zu bringen, wie es jedem Mitglied des Dems gerade ging, es war auch ein Akt des Widerstands. Und Widerstand war unabdingbar, wenn man sich seine geistige und seelische Gesundheit in diesem Lager bewahren wollte.
    Falls die Menschen wieder einmal eine Krankheit verbreiteten, würde der Kontrolldienst möglicherweise als frühzeitiges Warnsystem funktionieren. Noch wichtiger mochte sein, dass er den Kindern das Gefühl gab, über gewisse Aspekte ihres Lebens selbst bestimmen zu können. Was daran so wesentlich war, interessierte Stella nicht. Ihr reichte schon die Befriedigung, die sie dabei empfand, den Duft ihrer Mitbewohnerinnen einzuatmen und ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Das Erschnuppern der Besonderheiten gab ihr das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein, für das es sich zu leben lohnte. Und das mit den Menschen nichts gemein hatte.

    11
    Forschungszentrum von Americol
    Baltimore, Maryland

    »Achtung, Achtung!«
    Liz Cantrera eilte an Kaye vorbei, einen Stapel durchsichtiger, heftig klappernder Kunststoffschalen in den Armen, über denen der Rand eines Schnellhefters flatterte, den sie sich zwischen die Zähne geklemmt hatte. Sie stellte den Stapel neben dem Behälter für Sonderabfall ab und zog den schwarzen Schnellhefter aus dem Mund. »Das ist gerade von La Robert gekommen.«
    Kaye

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