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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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einigen Institutionen Untersuchungsausschüsse, die zu uns überschwenken, aber das dauert seine Zeit. Der Krisenstab finanziert nach wie vor ein ganzes Arsenal von Forschungsprojekten. Besorgen Sie jede Art von Munition, die Sie in die Hände bekommen können. Ich will ja nicht grob erscheinen, aber was wir brauchen, sind ungeheuerliche Enthüllungen, Dr. Dicken. Mit ein paar armseligen Knochen in irgendwelchen Schubladen ist es nicht getan.«
    Dicken zog nervös am Türgriff.
    »Die öffentliche Meinung steht an diesem Punkt auf Messers Schneide. Es könnte so oder so ausgehen, verstehen Sie?«
    »Ich weiß, was Sie brauchen«, erklärte Dicken. »Mich widert nur an, dass es so weit gekommen ist und es kaum noch etwas gibt, das uns schockieren kann.«
    »Wir berufen uns nicht auf moralische Überlegenheit, aber weder der Senator noch ich selbst haben irgendwelche karrieristischen Motive«, sagte Bloch. »Nach Meinungsumfragen erhält der Senator nur wenig Zustimmung für seine Politik, sie liegt so niedrig wie nie zuvor, bei fünfunddreißig Prozent. Zwanzig Prozent sind unentschieden.
    Und das liegt daran, dass er in dieser Frage so offen Stellung bezieht. Allmählich entwickle ich, ganz ehrlich, eine Abneigung gegen unsere Wählerschaft.«
    Bloch bot ihm die Hand, die sehr klein und sehr blass wirkte.
    Er zögerte kurz, erwiderte den direkten Blick ihrer dunklen Augen, gab ihr die Hand und kehrte zu seinem Wagen zurück.
    Der Sonderagent, Bracken, schloss die Tür für ihn und beugte sich zum Fenster hinunter. »Mir haben Freunde bei der Landespolizei von New Mexico erzählt, dass manche Einheimischen gar nicht glücklich mit dem sind, was in Sandia passiert«, sagte er. »Sie – ich meine die Polizei, vielleicht auch die Bürger – haben vor, zivilen Ungehorsam zu üben, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wir können da nicht viel machen, wissen auch verdammt wenig darüber. Soll nur eine Warnung sein.«
    »Danke.«
    Bracken schlug aufs Wagendach. »Sie können jetzt losfahren, Dr. Dicken.«

    24
    Arizona

    Stella erwachte noch vor der Morgendämmerung und starrte zur schalldämpfenden Deckenverkleidung über ihrem Etagenbett empor. Sie war sofort auf der Hut und sich ihrer Umgebung bewusst. Im Schlafsaal war alles ruhig, aber die Luft roch irgendwie merkwürdig: Etwas fehlte. Als sie gleich darauf merkte, dass sie überhaupt nichts riechen konnte, hatte sie ein seltsam klaustrophobisches Gefühl. Einen Moment lang glaubte sie, über ihrem Bett ein kreisförmiges Muster in dunklen Farben zu sehen. Kleine Funken von Rot und Grün, die wie ferne Glühwürmchen leuchteten, erhellten den Kreis und wurden zu winzigen Gesichtern. Als sie blinzelte, verschwanden der Kreis, die Funken und die Gesichter im schattenhaften Dunkel der Deckenverkleidung.
    Stella überlief eine Gänsehaut, als hätte sie einen Geist gesehen.
    Ihre Schenkel waren feucht. Sie griff unter die Oberlaken, tastete mit einem Finger herum, zog ihn wieder hoch und streckte ihn gekrümmt von sich, damit das Bett nicht schmutzig wurde. Im Mondlicht, das durch die Fenster drang, wirkte der Finger wie mit einer schwarzen Substanz besudelt.
    Stella stöhnte leise auf, nicht aus Angst – sie konnte sich vorstellen, was das war, Kaye hatte es ihr schon vor Jahren erklärt –, sondern aus einer tiefer greifenden Erkenntnis heraus.
    Bereits am Nachmittag hatte sie Blutflecken auf einem Toilettendeckel im Bad entdeckt, die nicht von ihr, sondern irgendeinem anderen Mädchen stammten, und sich gefragt, ob sich jemand geschnitten hatte.
    Jetzt wusste sie Bescheid.
    Seufzend wischte sie das Blut am Nachthemd ab, auf der Innenseite des kurzen Ärmels. Nachdem sie einen Augenblick nachgedacht hatte, legte sie den Finger gegen die Zungenspitze. Die Empfindung – Geschmack war eigentlich nicht der richtige Ausdruck dafür – war nicht sonderlich angenehm, so als hätte sie etwas getan, das gegen die Regeln des eigenen Körpers verstieß. Wenigstens kehrte ihr Geruchsinn nach und nach wieder. Auf der Zunge blieb ein scharfer und leicht verwirrender Nachgeschmack zurück.
    Ich bin noch nicht so weit, dachte sie. Und dann fiel ihr ein, was Kaye ihr gesagt hatte: Du wirst das Gefühl haben, noch nicht so weit zu sein. Aber die Körper zwingen es uns auf.
    Sie hob die Laken mit den Knien an und ließ sie gleich darauf wieder fallen, sodass sie durch den Zug ihren eigenen Geruch schnuppern konnte. Sie roch anders als sonst, nicht unangenehm, ein wenig säuerlich, wie

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