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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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miteinander um.«
    »Geistige Blumenkinder, Mitch? Ich behaupte, dass diese Frauen allesamt Gefangene waren, die man beim Ausbruch des Vulkans einfach ihrem Schicksal überlassen hat. Alles andere ist nichts als Mist à la William Golding.« Eileen machte diesen Vorstoß, bei dem sie Anklagevertreter und Advokat des Teufels in einer Person war, ganz bewusst, um die Dinge in ihrem Kopf - vielleicht auch in seinem – zu klären.
    »Ich vermute, dass die Gruppenmitglieder, die den Homo erectus verkörpern, Sklavinnen oder Dienerinnen gewesen sind
    – Gefangene«, räumte Mitch ein. »Nicht so sicher bin ich mir dagegen, ob das soziale Leben damals schon so verfeinert war, dass es subtile Abstufungen im Status gab. Eher nehme ich an, dass sie zusammen auf Wanderschaft gegangen sind. Vielleicht zum gegenseitigen Schutz, wie manche Arten von Herdentieren im Buschland. Als Gleichberechtigte.
    Offensichtlich mochten sie einander so, dass sie sich beim Sterben in den Armen gelegen haben.«
    »Eine feste Gruppe, die aus verschiedenen Spezies zusammengesetzt ist? Passt das zu irgendeiner deiner Erfahrungen mit höher entwickelten Affen?«
    Mitch musste zugeben, dass er nichts Vergleichbares kannte.
    Paviane und Schimpansen spielten zwar miteinander, wenn sie noch jung waren, aber ausgewachsene Schimpansen fraßen neugeborene Paviane und Langschwanzaffen, wenn sie ihrer habhaft werden konnten.
    »Kultur spielt eine größere Rolle als die Hautfarbe«, sagte er.
    »Aber eine solche Kluft… Ich sehe einfach nicht, wie sie zu überbrücken ist, sie ist viel zu groß.«
    »Vielleicht hat uns die Geschichte der Gegenwart den Blick verstellt. Wo bist du geboren, Eileen?«
    »In Savannah, Georgia, das weißt du doch.«
    »Kaye und ich haben in Virginia gewohnt.« Mitch ließ den Gedanken einen Augenblick in der Schwebe, weil er nach den richtigen – vorsichtigen – Worten suchte, um ihn weiterzuführen.
    »Die Propaganda der Plantagenbesitzer, der Sklavenhalter, die meine Vorfahren waren, darunter mein Ur-Ur-Ur-Urgroßvater, hat uns über die letzten dreihundert Jahre hinweg den Blick verstellt, wolltest du das damit sagen?« Eileens Lippen verzogen sich zu einem Lächeln wie bei einem Duellanten, der eine schnelle und schlagkräftige Antwort zu schätzen weiß. »Typisch Nordstaatler, so was Unverschämtes zu behaupten.«
    »Wir wissen so wenig darüber, wozu wir fähig sind«, fuhr Mitch fort. »Wir sind das, wozu unsere Kultur, unsere Zivilisation uns macht. Man kann diese Gruppe auch aus einer anderen Perspektive sehen. Falls sie nicht gleichberechtigt waren, haben sie doch zumindest zusammengearbeitet und einander geachtet. Vielleicht konnten sie einander einfach gut riechen.«
    »Jetzt wird’s persönlich, wie? Du suchst nach einer Möglichkeit, das hier in ein reales Beispiel zu verwandeln – in Mertons politische Bombe.«
    Mit verschmitztem Augenzwinkern und einem Nicken räumte Mitch diese Möglichkeit ein.

    Eileen schüttelte den Kopf. »Frauen haben schon immer Zusammenhalt gehabt. Auf Männer ist noch nie Verlass gewesen.«
    »Warte, bis wir die Männer finden.« Mitch fühlte sich allmählich in die Defensive gedrängt.
    »Wie kommst du auf die Idee, dass sie hier geblieben sind?«
    Mitch starrte grimmig auf die Plastiküberdachung.
    »Selbst wenn tatsächlich Männer in der Nähe waren«, sagte sie, »was bringt dich auf die Idee, wir könnten so viel Glück haben, sie auch zu finden?«
    »Gar nichts«, erwiderte er, hatte dabei aber das unbestimmte Gefühl, dass es gelogen war.
    Eileen aß ihr Sandwich auf und spülte es mit dem halben Doseninhalt Coors-Bier hinunter. Sie hatte sich noch nie besonders viel aus Essen gemacht und aß nur, um Leib und Seele zusammenzuhalten. Im Bett jedoch war sie wie ausgehungert und wusste genau, was sie wollte. Einmal hatte sie ihm gestanden, dass Orgasmen ihr Denken beflügelten.
    Mitch erinnerte sich noch recht gut an diese Zeiten, auch wenn sie seit seinem vierundzwanzigsten Lebensjahr nicht mehr miteinander geschlafen hatten.
    Eileen hatte die Verführung des
    jungen
    Anthropologiestudenten, der seinerzeit das Graduiertenstudium absolvierte, später als ihren größten Fehler überhaupt bezeichnet. Dennoch waren sie all die Jahre über Freunde und Kollegen geblieben und hatten es geschafft, locker und ehrlich miteinander umzugehen, ohne einander in Bezug auf sexuelle Erwartungen oder deren Enttäuschung etwas vorzumachen.
    Eine bemerkenswerte Freundschaft.
    Wieder rüttelte

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