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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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erwiderte die stämmige kleine Frau trotzig.
    »Sie können uns nicht davon abhalten.«
    »Nehmen Sie die verdammte Maske ab, ich kann Sie nicht verstehen«, fuhr der große Polizist sie an.
    »Es gehört zum üblichen Verfahren, dass wir die Masken aufbehalten«, verkündete die Frau in förmlichem Ton. Beim Gehen raschelte und knirschte ihr Anzug. Als Team hatten die beiden etwas Chaotisches an sich, das nicht gerade Vertrauen weckte. Dagegen war die Uniform des großen Polizisten gebügelt und saß stramm über einem starken, etwas fülligen Körper. Er sah niedergedrückt und erschöpft aus, hatte aber sicher viel Selbstdisziplin. Kaye fand, dass er wie ein gealterter Football-Spieler wirkte.
    Er ließ sich von den beiden nicht beeindrucken und wandte sich wieder Kaye zu. »Wer hat die Polizei benachrichtigt, Ma’am?«
    »Mein Mann. Irgendjemand hat sich unsere Tochter geschnappt. Sie ist in dem Haus da drüben.«
    »Gehts hier um ein Virus-Kind?«, fragte der Polizist leise.
    Kaye musterte seinen Gesichtsausdruck, seine dunklen Augen, die Linien um seinen Mund. »Ja.«
    »Wie lange leben Sie hier schon?«
    »In Spotsylvania County? Fast vier Jahre.«
    »Sind Sie untergetaucht?«
    »Wir haben sehr zurückgezogen gelebt.«
    »Tja«, sagte der Polizist traurig und resigniert, »so was höre ich öfter.« Er wandte sich mit einem Ruck zum Team des Krisenstabs um. »Sie haben doch sicher Formulare auszufüllen, nicht wahr?« Er winkte seinem Partner zu.
    »Nimm dir das Haus vor.«
    »Mein Mann ist bewaffnet.« Kaye deutete zum Haus. »Die haben unser Kind entführt. Er wird nicht auf Sie schießen.
    Bitte geben Sie ihm Gelegenheit, Ihnen die Waffe auszuhändigen.«
    Mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung löste der große Polizist die Pistole aus dem Halfter und umfasste sie mit beiden Händen. Als er mit zusammengekniffenen Augen zu dem großen Haus mit den Säulen hinüberblickte, entdeckte er Mitch und die alte Frau im Garten seitlich vom Haus. Sein Partner, der mindestens zehn Jahre jünger war, beugte sich sofort vor und zog ebenfalls die Dienstwaffe. »Ich hasse diese Scheiße«, sagte er.
    »Lassen Sie uns unsere Arbeit erledigen«, forderte die stämmige Frau. Als dabei ihre Maske verrutschte, sah sie noch lächerlicher aus.
    »Ich habe keine Formulare gesehen und Sie befinden sich außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs«, knurrte der große Polizist und hielt den Blick weiter aufs Haus gerichtet. »Sie müssen mir erst Unterlagen des Krisenstabs vorlegen, die eine solche Intervention autorisieren.«
    Keinem der beiden fiel so schnell eine Antwort ein. »Wir sind für die Krisenstableute in Spotsylvania County eingesprungen, weil die anderswo einen Einsatz haben«, gestand der Dünne, der jetzt weit weniger forsch auftrat.
    »Die Leute kenne ich.« Der große Polizist warf Kaye einen traurigen Blick zu. »Die haben vor vier Jahren meinen Sohn abgeholt. Meine Frau und ich haben unseren Jungen seitdem nicht ein einziges Mal gesehen. Er ist jetzt in Indiana, außerhalb von Terre Haute.«
    »Es ist sehr mutig von Ihnen, dass Sie zusammengeblieben sind.« Kaye kam es so vor, als sei ein Funke übergesprungen –
    als könnten sie einander und ihre Probleme plötzlich verstehen.
    Der große Polizist senkte das Kinn, fuhr aber fort, jeden Einzelnen mit seinen wachsamen Knopfaugen aufs Korn zu nehmen. »Sie wissen ja, wies ist.« Er gab seinem Partner einen Wink. »Nimm dem Vater sein kleines Spielzeug ab, William, und lass uns das Haus durchsuchen. Mal sehen, was hier überhaupt los ist.«

    Mitch schob den Zeigefinger durch den Sicherungsbügel der Pistole und streckte sie hoch in die Luft. Er bedauerte inzwischen, dass er sie überhaupt mitgenommen hatte. Er kam sich blöde damit vor, wie ein Schauspieler in einem Krimi.
    Dennoch gab ihm der Gedanke, dass sich Stella irgendwo im Haus, im Anbau oder sonst wo auf dem Grundstück befand, das Gefühl, er könne jederzeit unberechenbar und gefährlich reagieren. Alles konnte den Funken auslösen – und das machte ihm Angst. Seine Rachegefühle waren so heftig, dass sie ihn wie grelle Strahlen blind für seine Umgebung machten.
    So war es immer schon gewesen, er würde diesen Emotionen nie entkommen können.
    Als der jüngere Polizist mit seinen Stiefeln durch das nasse Gras stapfte, entschloss sich der Dicke in den Shorts schließlich zu reden. »Kann ich der Polizei irgendwie helfen?«
    Der Polizist nahm Mitch die Pistole ab und ließ ihn stehen.
    »Halten Sie

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