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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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gestolpert war. Mit der Hilfe von DeWitt trugen ihn die Kinder zur Krankenstation. Dort flößte DeWitt ihm ein wenig Dosensuppe und Wasser ein. Gleich darauf sagte er, er fühle sich besser, und ging mit der ausgeruhten ersten Gruppe erneut an die Arbeit.
    Den ganzen Morgen und Nachmittag hindurch wurden sie beobachtet: Mit steinernen Mienen verfolgten Soldaten der Nationalgarde, die reihenweise jenseits der Stacheldrahtumzäunungen auf und ab patrouillierten, ihr Tun.
    Um zwei Uhr nachmittags war Augustine erneut gezwungen, sich ins Büro zurückzuziehen und hinzulegen. Dicken traf ihn dort an, als er wieder einmal mit Utensilien zur Probenentnahme, aus dem Forschungslabor kam.
    Vier Kinder, die in den Gruppen schwere Arbeit geleistet hatten, schliefen, die Arme fest umeinander geschlungen, in einer Zimmerecke und schnarchten leise.
    Dicken blickte auf seinen früheren Chef hinunter. Augustine zitterte zwar, aber sein Gesicht hatte den distanzierten, resignierten Ausdruck verloren.
    »Sie sind schon ein überraschender Bursche«, stellte Dicken fest.
    »Eigentlich nicht«, krächzte Augustine und griff sich an die Kehle. »Entschuldigung, meine Stimme ist ramponiert. Wie geht’s mit den Laborarbeiten voran?«
    »Jetzt sind Sie dran.« Dicken beugte sich hinunter, um ihm Blut abzunehmen. Als das erledigt war, trug er Augustine auf, ihm mithilfe eines Plastikspatels eine Probe seines Zungenbelags zu liefern. Dicken verstaute sie in einem kleinen Plastikbeutel.
    »Haben Sie schon irgendetwas Richtungsweisendes herausgefunden?«, fragte Augustine.

    »Ich nehme immer noch Proben vom Personal.«
    »Und was haben Sie als Nächstes vor?«
    »Ich gehe mit Toby aufs Sportfeld. Mache dort weiter, während Sie sich ausruhen. Kann doch nicht zulassen, dass ein alter Mistkerl wie Sie hier ganz allein den Menschenfreund spielt.«
    Augustine nickte. »Die Bekehrung vom Saulus zum Paulus.
    Ziehe hin in Frieden«, sagte er salbungsvoll und schlug das Kreuzzeichen.
    Dicken streckte sich. Sein ganzer Körper fühlte sich steif an.
    Augustine wälzte sich auf die Seite. »Ich tue das hier nicht aus reiner Nächstenliebe, wie ich bekennen muss«, murmelte er. Dicken beugte sich über ihn, um die leisen Worte zu verstehen. »Ich habe etwas Schlimmes getan, Christopher.
    Habe eine Karte ausgespielt, obwohl ich geschworen habe, sie nie ins Spiel zu bringen. Und all das mit dem Zweck, meinen Feinden – unseren Feinden – den Strick zuzuspielen, mit dem ich sie später hängen kann.«
    »Welche Karte meinen Sie?«
    »Ich bin nach wie vor ein Mistkerl. Aber allmählich beginne ich tatsächlich, sie zu verstehen.«
    »Wen? Die Kinder?«
    »All die süßen kleinen Mängel, Schwächen und Behinderungen unserer Spezies.«
    »Gut für Sie«, erwiderte Dicken, dem sich die Nackenhaare sträubten. Gleich darauf wandte er sich um und machte sich auf den Weg hinaus.

    48
    Pennsylvania

    Als Kaye den Kopf hob, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Sie wusste nicht, wie lange sie auf den Holzplanken geschlafen hatte, vielleicht ein, zwei Stunden.
    Sie wälzte sich herum.
    Es ist weg, sagte sie sich. Es war nur ein Traum. Oder Schlimmeres.
    Als sie aufstand und ihre Jeans abklopfte, war sie darauf gefasst, sich wieder traurig und resigniert zu fühlen. Ich sollte mich untersuchen lassen. Bei all dem Stress… Ihre Nase und Stirn fühlten sich immer noch verstopft an. War das ein Symptom für eine Embolie? War ein Aderchen im Gehirn geplatzt? Hatten sich Nervenverbindungen in ihrem Hirn gekreuzt und so viele Signale von einer Gehirnhälfte zur anderen geschickt, dass es einen Kurzschluss gegeben hatte?
    Sie drehte sich um, wollte von der Anlagestelle aus einen Blick auf die Hütte werfen, trat einen Schritt vor…
    …und quietschte auf, wie eine ertappte Maus. Sie streckte die Arme aus: Immer noch spürte sie die Gegenwart des Rufers.
    Eine stille, gelassene, geduldige, fremdartige und reale Präsenz. Kaye war ebenso erleichtert wie erschrocken.
    Sie rannte zur Hütte, wo Mitch neben Stella auf dem Fußboden kniete. Als sie durch die Verandatür eintrat, blickte er auf. Sein Haar war zerzaust, sein Gesicht völlig zerknittert.
    »Ich glaube, sie hat kein Fieber mehr.« Mitch musterte Kayes Gesichtsausdruck und zog die Augenbrauen hoch. »Die wunden Stellen sind jetzt kleiner. Und am Hintern sind sie ganz verschwunden.«

    Stella wälzte sich herum. Ihre Wangen hatten schon wieder etwas von der alten Farbe angenommen. Der Schlafsack war nicht mehr

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