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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz
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üblich geworden ist. Marys Initiative »Mehr Vertrauen beim Tierkauf« zahlt sich hier direkt aus.
    Für die seltener aktiven und weniger datenfreigiebigen Nutzer gibt es entsprechend kaum Geld. Es wird noch ein wenig gefeilscht, es geht um die Quote »reaktivierbarer Nutzer«, um den zusätzlichen Wert, der von den Facebook-Querverbindungen herrührt, um die Verwertungsrechte der Profilbilder und um das angehäufte Wissen, wer wie gut auf welche Werbemaßnahmen anspricht.
    Man einigt sich schließlich auf 26 Euro für die Kategorie A und neun Euro für die Kategorie B. Die restlichen Kategorien sind, was die absoluten Summen angeht, relativ bedeutungslos. Am Ende summiert sich das Angebot auf neun Millionen Euro. Für den Angel und den Investor bedeutet das nach Ausübung aller Sonderklauseln und Spezialregeln, die nur im Falle eines Komplettverkaufes der Firma wirksam werden und die keiner der Gründer mehr so recht im Kopf hatte, eine Verdreifachung ihres Einsatzes. Die Investitionsbank bekommt immerhin das Anderthalbfache zurück.
    Für jeden der drei Gründer bleiben am Ende knapp 300 000 Euro Gewinn. Das ist ein wenig mehr, als sie verdient hätten, wenn sie Berater geblieben und halbwegs Glück mit ihren Boni gehabt hätten. Für sie und die anderen Anteilseigner unter den Mitarbeitern soll es allerdings ein Bonus- und Aktienprogramm von Pet & Hobby geben, um sie zu motivieren, weiterzumachen.
    Ernüchterung stellt sich ein. Die Gründer haben keine Chance, noch irgendwas an dem Deal zu drehen. Die Investoren meinen dazu, man sollte das doch bitte nicht persönlich nehmen. Es gehe hier nur ums Geschäft, und in der derzeitigen Marktlage sei ein Exit wie der Verkauf an Pet & Hobby nun mal das Beste, was man kriegen könne. Besser, als in sechs Wochen den Laden zumachen zu müssen, wenn man kein neues Investment findet. Jetzt Streß zu machen sei jedenfalls keine gute Strategie, man müsse ja auch an die Zukunft denken. Mit zusammengebissenen Zähnen schreiten Peter, Paul und Mary zur Unterschrift. Der Deal ist durch, MyBelovedPet.com nach knapp drei Jahren verkauft, mit all seinen Mitgliedern. Fast eine halbe Million Tierfreunde und ihre Daten wechseln den Besitzer.
    Zwei Wochen später kommt Peter mit hektischen roten Flecken im Gesicht ins Büro. Er hält eine Wirtschaftszeitung in der Hand, darin eine Geschichte über den Konkurrenten PetLove.com. Das Gerücht über das Zehn-Millionen-Investment war nur die halbe Wahrheit. Die zehn Millionen waren der Preis für eine Komplettübernahme. Der Käufer: die Pet & Hobby International Group.
    Paul zittert vor Empörung. Er ruft ihren neuen Chef an, den Leiter der Abteilung New Media bei Pet & Hobby. Ja, der Artikel entspräche wohl weitgehend der Wahrheit, sagt dieser. Er hätte eigentlich schon letzte Woche die neue Strategie mit dem MyBelovedPet-Team besprechen wollen, aber da sei leider etwas dazwischengekommen. Die ehemaligen Konkurrenten würden unter dem Dach von Pet & Hobby verschmolzen, ein Spezialistenteam für komplexe Datenbankoperationen würde nächste Woche anfangen, die Nutzerbestände abzugleichen, zusammenzuführen und einen Integrationsplan für die technischen Verbindungen zu den Werbe- und Kooperationspartnern zu erstellen. Ob denn Alexander dann verfügbar sei? Über die möglichen zukünftigen Rollen der ehemaligen Gründer von MyBelovedPet.com bei Pet & Hobby müsse man ja ohnehin bald mal reden, ob vielleicht Freitag passen würde für ein paar Personalgespräche?
    Peter schaut Paul und Mary, die am Lautsprecher des Telefons mithören, resigniert an. Allen ist nun endgültig klar: Es ging Pet & Hobby ausschließlich um die Nutzerdaten. Die MyBelovedPet-Datensammlung wird durch die Verknüpfung mit den Mitgliederprofilen von PetLove.com und den bereits vorhandenen Abonnentendaten der Zeitschriften von Pet & Hobby an Wert und Aussagekraft gewinnen. Alles andere, die sorgfältige Gestaltung der Webseite, die Software, die Technologie hinter MyBelovedPet.com – nur schmückendes Beiwerk, das im Zweifelsfall ausgetauscht werden kann, solange die Nutzer nicht viel davon mitbekommen und ihre geliebten Funktionen dort vorfinden, wo sie es gewohnt sind.

Was am Ende übrigbleibt: Benutzerdaten
    Die Firmengeschichte von MyBelovedPet ist nur an der Oberfläche fiktiv. Sie ist ein Kondensat aus den realen Geschichten und Erfahrungen von vielen Start-ups in Europa und den USA . Die Methoden, um Nutzer bis in ihre Intimsphäre hinein auszuforschen,

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