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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz
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eigene Digitalpostdienst Google Mail, der Karten- und Navigationsdienst Google Maps und die Google-Suche fest eingebaut. Google muß sein Betriebssystem gar nicht an die Telefonhersteller verkaufen, bezahlt wird es von den Kunden mit ihren Daten. Die Werbeerlöse im Mobiltelefonbereich sind heute bereits ein wichtiger Geschäftszweig des Konzerns und auf eine Milliarde Dollar pro Jahr angewachsen.
    Seine Vision für die Zukunft äußert Schmidt mit der gelassenen Hybris eines Monopolisten: »Ich glaube, die meisten Leute wollen nicht, daß Google ihre Fragen beantwortet. Sie wollen, daß Google ihnen sagt, was sie als nächstes tun sollen.« Diese Vorstellung von Google als allgegenwärtigem Lebensbegleiter, der durch die algorithmische Beobachtung des Lebens des Nutzers seine Vorlieben kennt und seine Bedürfnisse erahnt, ist technologisch nicht mehr allzu fern. Mit der Attitüde eines Herrn über nicht nur die aktuellen, sondern auch die Daten der Zukunft erzählte Schmidt im Sommer 2010, daß Google selbstverständlich bereits heute aus den Bewegungen und den Nachrichten an Freunde oder Kollegen algorithmisch berechnen könne, wohin wir uns zukünftig bewegen und was wir tun werden.
    Natürlich sind diese Prognosen bares Geld wert. Nachdem sich Google zwar erst eine Weile geziert hat, ist die Firma nun offiziell auch beim Spekulieren an der Börse aktiv. Die intelligente Auswertung der Daten, die Milliarden Google-Nutzer zur Verfügung stellen, erlaubt es, Börsenbewegungen mit einer hinreichend hohen Wahrscheinlichkeit vorherzusagen und zu erkennen, in welchen Bereichen in naher Zukunft verstärktes Investoreninteresse zu verzeichnen sein wird. Google hat also einen Weg gefunden, Daten und daraus errechnete Informationen nicht nur über Werbung, sondern auch direkt an der Börse zu Geld zu machen.
    Die kritischen Fragen für den zukünftigen Erfolg der Firma sind jedoch, was am Ende seitens der Benutzer wirklich akzeptiert wird – und was legal sein wird. Das Konzept eines elektronischen guten Geistes, der das Leben begleitet, praktische Tips gibt, Fragen beantwortet, Kontakte selbständig informiert und vor Gefahren warnt, ist schon lange in der Science-fiction-Literatur verankert. Die meisten Autoren stellten sich jedoch vor, daß der helfende Computer eher eine sehr persönliche Angelegenheit sei, nicht der Auswuchs eines weltumspannenden Datennetzes.
    Mitbedacht werden muß dabei die oftmals absolute Ehrlichkeit, die Menschen Google entgegenbringen, wenn sie die Suchmaschinenfunktion benutzen. Der Nutzer wird seine Suchmaschine nicht anlügen, schließlich will er eine präzise Antwort. Je erfahrener er im Umgang damit ist, desto genauer und zielgerichteter werden seine Anfragen. Auf der Suche nach bestimmten Informationen oder Unterhaltungsangeboten stellen die Menschen nur vordergründig Anfragen, in Wahrheit geben sie Antworten, deren Klarheit keine Umfrage je ermitteln könnte. Was viele Menschen für eine Suchmaschine halten, ist in Wirklichkeit nur ein Werkzeug Googles, um durch die Anfragen an Antworten sowie im nächsten Schritt an Einnahmen über das Anzeigengeschäft und die Display-Werbung zu kommen. Die allgegenwärtigen »Google Ads« sorgen dabei stets für die paßgenaue, individualisierte Werbung.
    Die Mächtigkeit des Google-Ansatzes liegt außerdem darin, daß sich Menschen in vergleichbaren Situationen häufig sehr ähnlich verhalten, nach ähnlichen Dingen fragen und ähnliche Bedürfnisse haben. Wer sich beispielsweise über bestimmte Symptome oder eine medizinische Behandlung einer Krankheit informiert, wird vielleicht selbst von der recherchierten Erkrankung betroffen sein. Mindestens aber einen persönlichen Bezug, etwa über Angehörige, Freunde oder aus beruflichen Gründen, wird es in der Regel geben.
    Gleiches gilt für aktuelle Bedürfnisse: Wer gerade in einer fremden Stadt angekommen ist, will sicherlich wissen, wie man am besten vom Flughafen in die Stadt und zum Hotel kommt, wie das Wetter sein wird, ob Bekannte oder Kollegen gerade in der Stadt sind, wo es das beste Essen in der normalerweise bevorzugten Kategorie gibt oder welche potentiell interessanten Abendveranstaltungen stattfinden. Ihn interessiert auch, welche lokalen Nachrichten, etwa über Streiks, Unruhen, Krankheitshäufungen oder Infrastrukturprobleme, von Belang sein könnten, da diese vielleicht seinen Aufenthalt beeinträchtigen.
    All das kann Google als Gralshüter individueller Profile problemlos

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