Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Dann nahmen sie eine kleinere Straße, sahen einen wunderschönen See, weiter und weiter ging es durch eine Landschaft, die sie faszinierte. Und plötzlich, als sie scheinbar wahllos auf eine kleine Straße abgebogen waren, waren sie in dem Tal, von dem sie geträumt hatte. Es war lichtlos, feucht und kalt dort drinnen. Der winzige Rest einer Ruine klebte am Berghang, wo die Bastion gewesen war. Sie hätte den Platz auch ohne Rest bestimmen können. So genau stimmte das Tal mit dem Traum überein.
Lene hatte den Motor ausgemacht und zutiefst verwirrt dieses Tal in sich aufgenommen. So ist das also, hatte sie gedacht, und in diesem Augenblick war der Gedanke an Reinkarnation vollkommen selbstverständlich. Nichts gab es da zu zweifeln.
Aber später waren die Zweifel dann doch wieder gekommen. Sie hatte dann einige Bücher über das Thema gelesen. Irgendwie waren die Dinge für sie immer logischer geworden bei der Lektüre. Vielleicht gab diese Möglichkeit allem einen höheren Sinn.
Marie und Pierre.
Das führte sie wieder zu ihren Gesprächen mit Brigittes Freunden zurück. War Jean-Pierre der Spezialist für die Katharer? Zumindest für Kirchen aus jener Zeit? Der Gedanke lag nahe. Sie musste ihn fragen. Das würde zumindest das Geheimnis erklären, das er mit Brigitte teilte. Oder wussten die anderen Freunde auch davon, von dem Fund? Und wen hatte Florence gemeint mit dem Ausruf Das würde er nicht wagen! ? Wer würde was nicht wagen? Den Mord?
Hing diese wirklich aufregende Entdeckung überhaupt mit dem Mord z usammen? Sie brauchte unbedingt eine Liste von der Durchsuchung des Caravans. War die Gürtelspange schon gefunden worden?
Sie rief Renaud an. Er meldete sich ein bisschen brummig, aber als er i hre Stimme hörte, war er sofort ganz bei der Sache. Sie stand auf und ging mit ihrem Handy lieber die paar Schritte hinunter an den Strand um Zuhörer auszuschließen.
» Es gibt da ein Stück im Wohnwagen des Opfers, das eventuell wertvoll genug ist, um …«
Sie machte bewusst eine Pause, wollte lieber nicht den ganzen Sachverhalt hier e rläutern. Er verstand sofort.
» Ah, Sie meinen um Brigitte zu ermorden? Wir haben die Durchsuchung des Caravans eigentlich abgeschlossen. Aber ob wir das Stück auch gefunden haben? Worum handelt es sich?«
» Das möchte ich hier nicht sagen. Haben Sie Schmuck, eventuell auch Modeschmuck und Ähnliches mitgenommen?«
» Ich frage morgen gleich nach. Sonst – wenn es nicht zu viel verlangt ist, der Nachbar Henri hat einen Schlüssel. Sie könnten ja noch einmal nachsehen. Wir waren mit dem Wohnwagen zwar heute Nachmittag fertig und haben ihn versiegelt – aber wenn es wirklich wichtig ist, ist es besser, Sie schauen noch nach. Ein Siegel aufbrechen kann schließlich jeder. Da wären wir schon sicherer, wenn Sie …«
Lene sc haute auf die Uhr. Fast halb elf. Ob Henri noch wach war?
» Ich gehe gleich hin. Vielleicht haben wir Glück.«
» Und rufen Sie mich auf jeden Fall nachher noch an, ich bin immer lange auf. Bis Mitternacht sicher. Bis dann. Et merci. «
Ade Vollmond. Sein Licht floss ausgebreitet wie zwei Schenkel eines hell ausgefül lten Dreiecks über das jetzt schwarze Meer. Sie riss sich los. Emile kam auf sie zu. Für einen kurzen Augenblick dachte sie an den Beginn dieser Freundschaft mit ihm – damals, als er Zeuge war ihrer Geschichte mit Paul, ihrer amour fou . In jenen Sommern, die so bewegt waren. Erfüllt mit der Musik von SIMPLE MINDS. Don’t you forget about me …
„Ich muss los. Grüß Cathy von mir.“
Seine Frau war wohl heute bei den Kindern.
Der Weg durch die heiße Passage war der kürzeste. Schon als sie die Stufen hinunter zur unteren Straße ging, wurde sie sich ihrer braven Aufmachung bewusst. Weiße Dreivierteljeans und lichtgrünes T-Shirt mit kurzem Arm waren zwar annehmbar am Tag und betonten ihre Figur, für den Abend hier aber extrem unscheinbar und langweilig. Nicht gerade französisch. Hier trug man eben viel rot, schwarz oder weiß, kurz und ausgeschnitten – attraktiv eben. Besonders für dunkelhaarige, zierliche Französinnen, dachte sie. und haderte mal wieder mit ihren zusätzliche Kilos, die sie seit drei Jahren ärgerten, auch wenn sie immer noch schlank war. Aber nicht mehr so wie früher, dachte sie wehmütig. Als Deutsche wirkt man hier sowieso schon kräftiger. Ich muss das in den Griff bekommen, murrte sie mit sich selbst.
Dann begegneten ihr die üblichen schrill und unsäglich sexy gekleideten
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