Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Wir sind am Strand noch etwas trinken gegangen und haben geredet und ich habe ihm noch unser aufregendes Nachtleben gezeigt. Das fand der australische Junge denn auch spannend. Von meinem Fund erzähle ich ihm ganz sicher nichts. Deutsch spricht er natürlich nicht, aber ich konnte ihn ganz gut verstehen. Lieb ist es, wenn er von Großvater John spricht. Den mag er offensichtlich sehr. Wie Sebastian wohl mit uns als neue Enkelinnen zurechtkommt?
7. Juni abends
Heute Morgen waren wir am Strand. Nachmittags habe ich ihm die alte Stadt gezeigt. Die grauen Häuser mit ihren schmiedeeisernen Balkonen haben ihm besonders gefallen. Kannte er nicht aus Australien, das war klar. Wir bummelten durch die kleinen Läden mit viel Kunstgewerbe. Alles roch nach Lavendel und der Seife, die hier aus natürlichen Ölen hergestellt wird. Hab ihm alles brav erklärt. Er kaufte ein Stück und schnupperte die ganze Zeit daran. Wie ich es auch so gern tue. Das hat mir plötzlich so ein Gefühl von Schwester – Bruder gegeben, dass ich mich wegdrehen musste, weil ich ziemlich gerührt war und nicht wollte, dass er das sieht.
Aber dann kam alles noch g anz anders. Ich hatte mir freigenommen von der Eisbar, extra für ihn. Ich wollte an unserem letzten Abend Zeit für ihn haben. Nachdem wir das Abendessengeschirr vom Tisch in meinem Vorzelt weggeräumt hatten, wurde er irgendwie unruhig.
Er bat mich, mich noch mal mit ihm hinzusetzen, er hätte da noch etwas mit mir zu besprechen. Und dann rückte er damit heraus. Dass wir ja nun nicht dieselben nahen Verwandten von John wären wie er. Schließlich würde er mit unserem Großvater leben, wäre mit ihm aufgewachsen. Wir jedoch wären nur eben so aufgetaucht. Und er … Er druckste herum. Mir war ganz kalt. Was sollte denn das jetzt nach so einem schönen Tag? Er sah richtig grimmig aus, als er endlich damit herausplatzte, dass er von mir eine Versicherung wollte, dass wir von unserem Großvater nichts erben wollten.
» Waas willst du? « Ich war erschüttert. So was Unverschämtes. Ich hatte noch nie über irgendein Erben nachgedacht und jetzt so eine Unverfrorenheit! Ich war sauer, richtig wütend. Er versuchte mich wieder zur Ruhe zu bekommen. Also nahm ich mich zusammen. Verstand ihn aber immer noch nicht. Wie konnte er! Dann erklärte er mir, dass unser Großvater in Australien eine Firma hätte, die er mit seinem Vater erben sollte. Und wenn wir nun Miterben wären, könnte das vielleicht den Garaus der Firma bedeuten, wenn wir uns auszahlen lassen wollten. Deshalb wollte er von jedem von uns so eine Verzichtserklärung. Auch von Marion und Irene, aber zu denen wollte er erst dann mit dem Problem, wenn John zurückgeflogen wäre. Wir könnten ihm doch nicht seine ganze Zukunft vermasseln, wo wir gerade erst in Grandpas Leben gekommen wären.
Ich habe getobt. Wir wären schließlich vor ihm und vor seinem Vater in Grandpas L eben gewesen, er hätte doch nur nichts von Mama gewusst. Dann weinte ich. Aus Enttäuschung. Ein feiner Bruder. Jedes Gefühl war in mir gestorben. Und dann kam er noch mit einer Verzichtserklärung heraus, legte sie auf den Tisch. Er hatte das alles vorbereitet, alles geplant, der Mistkerl. Nur deshalb hat er mich besucht. Ich zerriss die Verzichtserklärung, schloss den Wohnwagen ab und sagte ihm nur noch, er solle verschwinden. Dann bin ich durch das Camp gelaufen. Erst wollte ich zu Henri, aber den alten Mann damit belasten? Ich heulte immer noch.
Bei Marie ebenso wie bei Philippe und Florence war niemand, wenigstens die hatten sicher einen schönen Abend. Jean-Pierre war in der Pizzeria, da konnte ich so verheult auch nicht auftauchen. Ich ging hinunter zum Meer, wollte dort nachdenken. Dann traf ich unten am Strand ausgerechnet auf IHN. ER sah natürlich sofort, dass ich geheult hatte, und wollte nicht weggehen, bevor er wusste, was los war. Zeigte seine liebe, vertraute Seite. Also ließ ich mich in seine Arme fallen, ich blöde Kuh, und erzählte ihm von Sebastian. Aber ich redete so durcheinander, dass er gar nichts verstehen konnte. Trotzdem versuchte er mich zu trösten.
Als ich endlich ruhiger wurde, dr ängte er mich zu einem Kuss, ich wehrte mich. Dann lag ich plötzlich im Sand und er über mir! Noch so ein Idiot, der meine Gefühle gleich für sich ausnutzen wollte. Hatte ich IHM nicht gesagt, dass es vorbei ist? Meine neu aufflammende Wut half mir, denn ich brauchte meine ganze Kraft um ihn von mir runterzukriegen. Ich sagte ihm, dass
Weitere Kostenlose Bücher