Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
hatte ein paar Jahre.
Eine uneheliche Mutter zu sein war zu der Zeit in Deutschland schon grausam, aber das Kind eines Amer ikaners auszutragen war die Hölle. Nur ihre Stärke und die Fähigkeit sich über alle Konventionen und Unfreundlichkeiten hinwegzusetzen, half ihr in dieser schweren Zeit. Und dass Antonias Mutter zu ihr hielt.
Sie bekam ein kleines Mädchen , das sie Marion nannte. Und fünf Jahre später lernte Antonia einen anderen Mann kennen und lieben. Sie heirateten.« Marion sah auf ihre Füße, dann in Lenes Augen.
» Ich mochte den Mann nicht. War unglücklich über diese Heirat. Erst als ich mit acht Jahren schwer krank wurde und mein Stiefvater sich ständig um mich kümmerte, wuchsen wir als Vater und Tochter zusammen. Er starb vor achtzehn Jahren an einem Gehirntumor.«
» Wie traurig. Ich mochte ihn und kann mich noch gut an ihn erinnern. Aber du hast mir nie von deinem amerikanischen Vater erzählt«, warf Lene bedauernd ein.
» Ich hatte doch jetzt einen anderen Vater. Den Amerikaner hatte ich fast verdrängt.«
Marion studierte mehrere Jahre in Kiel, lernte bei der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für Antonia Ferdinand kennen und sie heirateten. Sie kaufte mit ihrem Mann ein Haus in der Südstadt und Antonia zog in eine Wohnung darin zweiten Stock.
Und vor vier Jahren klingelte das Telefon morgens um drei Uhr. Ve rschlafen tastete Marion nach dem Hörer.
» Märian? This is your brother speaking. My name is Edward.« Sie sollte einen Bruder haben? Edward? Einen Edward, der im Auftrag seines Vaters John aus Australien anrief – die Zeitverschiebung hatte er dabei nicht beachtet. Marions Herz klopfte wie wild. Das war doch nicht möglich, nach siebenundvierzig Jahren!!!
Sie sprachen lange und Marion gab ihm Antonias Telefonnummer für seinen Vater. John rief am nächsten Morgen bei Antonia an, die von Marion schon vorbereitet worden war. Es war eine Geschichte, die man kaum glauben konnte. John war sehr wohl an dem Tag zu Antonia gegangen. Er hatte mehrmals geklingelt, aber es war niemand zu Hause gewesen. Antonia war noch beim Arzt. Dann öffnete sich die Tür der Nachbarwohnung und eine Frau kam heraus. Sie sagte ihm, dass Antonia und ihre Mutter gestern ausgezogen seien. Sie wüsste nicht, wohin. Aus Nürnberg weg, irgendwohin nach Norddeutschland, soviel sie mitbekommen hätte.
John war völlig vor den Kopf gestoßen. Er hatte Antonia seit fünf Tagen nicht gesehen, aber da hatte sie davon doch nichts gesagt! So schnell einfach umziehen? Er war verzweifelt. Wie sollte er sie finden? Und vier Tage später wurde er wirklich in die USA zurückbeordert.
Antonia war für ihn ve rloren.
Später wanderte er aus – nach Australien . Dort heiratete er und baute sich mit einer Frau ein neues Leben auf. Er hatte einen Sohn – Edward – mit ihr. Und nun, nach all den Jahren, nach dem Tod seiner Frau, erzählte er ihm von der verlorenen Liebe in Deutschland. Edward wollte seinem Vater helfen. Jetzt mit dem Internet müsste man doch die Adresse von Antonia oder noch eher die ihrer Mutter herausbekommen. Falls Antonia geheiratet hätte, hätte sie doch einen anderen Namen. Vielleicht lebte die Mutter ja noch.
Schließlich fand er über das Internet heraus, dass Antonias Mutter immer noch unter der alten Adresse zu finden war. Sie riefen in jener Nacht bei ihr an, erfuhren von der über neunzigjährigen alten Dame die Adresse von Antonia. John erfuhr erst von ihr, dass er eine Tochter hatte. Er war unendlich aufgeregt, gleichzeitig hatte er Angst vor dem Anruf bei Antonia. Er wollte erst über Edward eine vorsichtige Brücke zu ihr und seiner Tochter bauen.
Antonias Mutter wiederum hatte sie nicht wecken wollen, erzählte ihr erst am nächsten Tag von dem Anruf. So war Marion in der Nacht völlig überrascht worden.
John hatte am Telefon geweint, als er die Lüge der Nachbarin begriff und erfuhr, dass er damals eine kleine Tochter bekommen hatte, von der er all die Jahre nichts geahnt hatte.
Dann, eines Tages , wenige Monate später, kam er nach Deutschland. Und blieb einige Wochen bei Antonia und Marion. Er bat sie nach Australien zu kommen, aber für Antonia war es zu spät. Sie wollte sich nicht mehr verpflanzen lassen. John jedoch ließ sich nicht entmutigen. Seit damals kam er in jedem Jahr einige Wochen zu seiner alten Liebe und seiner Tochter. Für Antonia war es zwar nicht mehr dieselbe Liebe wie damals, aber es war immer noch mehr als Freundschaft.
Wieder eine Geschichte
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