Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Verschwiegenheit muss ich Sie jetzt sehr ernst fragen und bitte Sie um die Wahrheit. Die Frage der Verschwiegenheit interessiert mich hier nicht, Sie haben ja nicht als Psychologin gearbeitet. Haben Sie irgendjemand anderem von Brigittes Fund erzählt? Das muss ich wissen, selbst, wenn es nur Ihre Tochter war und ihr Schwiegersohn oder Ihre beste Freundin. Hier haben Sie eine Verantwortung der Toten gegenüber.«
Luc war jetzt sehr ei ndringlich geworden und wer ihm genau zugehört hatte, konnte auch den drohenden Unterton in seiner Stimme hören. Mme Lefèvre sah ihn genauso ernst an.
» Ich verstehe Sie sehr gut. Ja, ich habe meiner Tochter etwas davon erzählt. Ich fand dieses Erlebnis von Brigitte etwas so etwas Außergewöhnliches, Einmaliges. Besonders für uns, die wir von der Wiedergeburt der Seele überzeugt sind. Endlich eine Art Beweis. Egal, wie Sie es sehen, so wie Brigitte es geschildert hat, war es das für uns, zumal sie absolut glaubwürdig wirkte. Sie war sehr sensitiv. Das wollte ich mit meiner Tochter teilen.«
» Vielen Dank für Ihre Aufrichtigkeit, Madame. Bitte, geben Sie mir noch die Adresse ihrer Tochter. Ich muss auch sie befragen, ebenso Ihren Schwiegersohn, das verstehen Sie sicher.«
Der bedrohliche Kommissar war dem einfühlsamen, verbindlichen gewichen. Ganz schön viele Facetten, dieser Luc. Ich möchte nicht mit ihm aneinandergeraten, dachte Lene. Draußen blieb sie stehen.
» Was denkst du? Würdest du ihr zutrauen, dass sie in ihr Auto springt, alle Barrieren, die wir schon in Toulouse besprochen haben, überwindet und kaltblütig nachts um ein Uhr Brigitte, die sie vergewaltigt und hilflos vorfindet, ermordet? Nur um an die Gürtelspange zu kommen?«
Luc musste bei dem Sz enario resigniert grinsen und stieß missbilligend die Luft aus der Nase.
» Na, nicht unbedingt. Sie scheint mir nicht die Richtige dafür zu sein. Im Moment speichern wir sie einfach ab, wie wir sie erlebt haben. Wenn es nötig ist, können wir sie ja herausholen aus der Schublade in unserem Kopf.«
Lene lächelte in sich hinein. Er lebte also auch mit dem Schubladenm odell für nicht zu Ende Gedachtes oder nicht Entschiedenes. Bei mir wird es in den Schubladen langsam eng. Ich muss dringend nach diesem Fall einmal aufräumen mit einigen Aspekten. Mut haben sie hervorzuholen, dachte sie. Luc sah auf die Uhr.
» Du musst los, ein bisschen Luft brauchst du auf der Autobahn. Man weiß ja nie, wie voll sie ist. Und es wäre schon schade, wenn du nicht da bist, wenn Maries Mutter ankommt. Aber ich hätte dich jetzt auch gern hier. Ich fahre noch zu der Tochter. Die hat doch bestimmt mit ihrem Mann darüber geredet. Und zu Frau Schuster muss ich dann auch – in die Pathologie. Und da fällt mir noch ein – wir müssen zudem noch in die Zenit Bar . Ich fahre nachher dann mit hierher. Bon ?«
Lene sah in sein gehetztes Gesicht.
»Kann ich das mit Frau Schuster nicht allein? George kennt mich doch schon. Du kannst mir ja vielleicht Maline dorthin bestellen. Es dauert doch nicht lange. Dann könntest du gleich jetzt in die Bar – um diese Zeit ist es auch noch ruhiger.« Sie grinste anzüglich. „Da hat das Personal noch mehr Zeit für deine Fragen…«
Jetzt lachte auch er.
»Gute Idee, ich danke dir. Maline hat nur zehn Minuten Fahrzeit bis zur Pathologie – das macht sie sicher, auch wenn sie schon zu Hause ist. Dafür schulde ich dir ein Bier oder einen Apéritif – wenn auch leider nicht in der Zenit Bar . Dort hätten wir uns ja zumindest anpassen müssen, oder was meinst du?« Er zwinkerte ihr mit einem Auge zu. »Aber du hast Recht, es reicht mir heute auch. Nicht mal mehr Lust zum Anpassen in welcher Bar auch immer. Kann ich da so hin, in Jeans? Sehr unauffällig. Ein nackter Hintern in einer schwarzen, langen Lederhose wäre wohl passender. Und sieh zu, dass du auch so bald wie möglich nach Hause kommst. Was würde ich nur machen ohne dich, mein deutscher Engel?«
Verschmitzt lachend tä nzelte er davon – seine neu gewonnene Freiheit genießend. Oder war es die Vorfreude auf die Zenit Bar ?
Kapitel 24
Als Luc Renaud zu Émiles Strandrestaurant kam, fragte er nach dem Chef. Ein hochgewachsener, sehr schlanker Mann kam zu ihm an den Bar-Tresen. Etwas jünger als er, schätzte er.
» Sie wollten mich sprechen?«
Ein prüfender Blick aus blauen Aug en, die zusammen mit dem senffarbenen Haar wenig Südfranzösisches an sich hatten. Renaud zeigte seinen Ausweis.
» Meine deutsche
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