Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
etwas mit den Kindern – aber auch die würden größer werden. Sie war so ein harmonisierender Ausgleich zu seiner eher chaotischen, impulsiven Arbeitsweise. Ihre dunklen Augen und ihr braunes Haar, die vorspringenden Wangenknochen zusammen mit dem zierlichen und zugleich dynamischen Körper wiesen sie als typische Südfranzösin aus. Sie trug einen engen, weißen Rock und eine rote Bluse mit weißen Punkten. Hübsch. Maline ließ sich in den Sessel neben ihn fallen.
» Tja, dann zeig mal die Fotos.«
Eins nach dem anderen. Als sie fertig waren, dachte sie noch einen Moment nach.
» Also die Fotos von Jean-Pierre sind wirklich gut. War er bei dem Grillabend bei Brigitte nicht dabei? Ach nein, er war wohl in der Pizzeria. Warum hat sie nur das Pärchen bei den Dünen aufgenommen? Und was war jetzt mit diesem Australier? Wie heißt er – Sébastian ?«
Sie hatte den Namen f ranzösisch ausgesprochen.
» Säbästschn «, korrigierte Renaud. »Der ist zwar zur Tatzeit in Béziers gewesen, also sehr in der Nähe, aber wir hoffen, dass wir sein Alibi mit diesem James noch überprüfen können. Lene will mit ihm noch einmal die Lokale in Béziers und im village abklappern. Nun muss sie sogar noch den englisch sprechenden Part der Ermittlungen übernehmen. Irgendwas machen wir als Franzosen falsch – möglichst immer nur eine Sprache, nämlich Französisch. Höchstens mal rudimentär Spanisch – oder ich aus Liebe Portugiesisch, setzte er in Gedanken dazu. - Das reicht nicht mehr in Europa. Ob sie heute in den Schulen daran denken, wie wichtig Englisch und Deutsch sind? Was würden wir ohne Lene machen? Einen Dolmetscher anfordern für jede Sprache? Und weißt du was, wenn sie Deutsch spricht, finde ich die Sprache gar nicht mehr hart. Sogar schön.«
Maline lächelte. Ihr Chef hatte sich mal wieder in Rage geredet.
»Gut, da wir heute Nachmittag aber weder die Sprachprobleme der Franzosen lösen noch den Täter zu überführen scheinen, nehme ich jetzt dein Angebot an. Trinken wir was, bevor ich dann die Speichelprobe von Jean-Pierre hole. Was soll ich ihm sagen? Na, es wird mir schon was einfallen. Engstes Umfeld, Ausschluss der Freunde et cetera.« Damit stand sie auf und strich sich ihren engen Rock glatt. »Na, komm schon. Sonst wird es für mich zu spät.«
Bei George roch es mal nicht nach Formaldehyd. Er saß friedlich ein Croissant kauend an seinem Schreibtisch. »Ist mein letztes. Hatte ich von heute Morgen übrig«, begrüßte er den Freund entschuldigend, weil er ihm keins mehr anbieten konnte. »Na, wie weit seid ihr?«, bezog er Maline mit ein.
Luc Renaud schilderte noch einmal Lenes Theorie.
»Das könnte so gewesen sein. Und wann hat er ihren Mund zugeklebt? Vor der Vergewaltigung? Das wäre noch ein wichtiger Gedanke.« Er unterbrach kurz, dann fragte er zweifelnd:
» Habt ihr nicht Hemmungen euch mit der Kirche anzulegen? Was, wenn wirklich der Bischof Bescheid wusste – nicht über den Mord vielleicht, sondern über das Ansinnen, den wertvollen Schmuck für die Kirche zu erobern, ein paar Jahrhunderte zu spät, aber immerhin. Was macht ihr dann? Ein paar Nummern zu groß wird dann das Ganze. Oder kannst du dir unseren Erzbischof oder auch nur den Priester einer so renommierten und berühmten Kirche wie der Église de Taur in Toulouse auf der Anklagebank vorstellen?«
Konnten sie nicht. Trot zdem …
» Na gut, kommt erst mal mit der Speichelprobe. Von den Verletzungen her könnte es so gewesen sein. Wir sehen es ja dann. Ein bisschen kann ich dann auch beitragen mit den anderen Spuren. Da passt sicher noch etwas. Zum Beispiel die curryfarbenen Sweatshirtfasern.«
Er ging mit den Freunden aus dem Raum und schloss hinter ihnen allen die Tür. Wochenende.
Kapitel 28
Als Lene ihren dreien erzählte, dass auch sie jetzt frei hätte – mit Auflagen – und mit nach Gignac kommen würde, waren sie begeistert. Die Abende bei Robert und Nathalie gehörten zu einem richtigen Urlaub einfach dazu.
Eine Stunde später fuhren sie durch das dunkellavendelfarbene Gittertor in den Garten hinein. Das Haus lag in der Nachmittagssonne wie das Vorbild für eine der stimmungsvollen Postkarten aus der Provence. Unten waren die alten Remisen, heute als Garage und Keller benutzt. Daraufgesetzt das Haus, die Fenster mit lavendelblauen Läden, eine gewundenen Außentreppe mit schmiedeeisernem Geländer, die zur großen Terrasse hinaufführte.
» Na, habt ihr schon gesehen?« fragte Robert erwartungsvoll
Weitere Kostenlose Bücher