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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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dem die Diagnose ‚Post Traumatic Stress Disorder‘ nachempfunden ist. Diese Störung ist zusätzlich gekennzeichnet durch quälendes Wiedererfahren des Traumas in Tag- und Nachtträumen (Flash-backs), Vermeiden aller Erinnerungen, Schreckhaftigkeit, Angstzustände, Schlafstörungen, vielfältige psychische und psychosomatische Leidenszustände, Alkohol/Substanzmissbrauch und Desorganisation der Persönlichkeitsstruktur: Borderline-Persönlichkeitsorganisation, Psychose.
Die psychologisch/psychosozialen Folgen von Gewalt/Missbrauch im Detail
    Da diese Folgen nicht nur die betroffene Person selbst belasten, sondern meist auch Auswirkungen auf Kinder und möglicherweise auch auf Enkelkinder haben, also in eine Generationenkette eingebunden sind, werden sie in der Folge genau beschrieben. Dazu kommt, dass das schamhafte Verschweigen eines solchen Schicksals Diagnostizierende dazu verleiten kann, nur symptomorientiert vorzugehen. So kann die Falle Depression wieder zuschnappen – und die dahinterliegenden Beschwerden werden so eher weiterbestehen.
    Die Folgen sind: extrem schwankendes Selbstwertgefühl, Depressivität, Schuldgefühle, Schamgefühle, Selbstbeschädigung (‚deliberate self harm‘), funktionelle Symptome, Gefahr des Abgleitens in Prostitution, die Gefahr, Opfer von Ausbeutung in Beziehungen durch ‚Affection seeking behavior‘ zu werden.
Selbstwertgefühl
    Das Selbstwertgefühl bezieht sich vorwiegend auf Inhalte, die mit weiblicher Identität, den subjektiven Vorstellungen von Weiblichkeit/Mütterlichkeit verknüpft sind. Es überwiegen Vorstellungen von Wertlosigkeit, Unliebenswürdigkeit, das Gefühl, als Frau nicht attraktiv zu sein. All diese Vorstellungen von Wertlosigkeit können kurzfristig durch Vorstellungen von besonderer Attraktivität und Großartigkeit unterbrochen werden.
Schuldgefühle
    Diese können sich bei sexuellem Missbrauch durch männliche Familienangehörige auf „verbotene“ Aggressionen gegenüber der Mutter beziehen, welche nicht den entsprechenden Schutz bieten konnte.
    Die Übernahme von Schuldgefühlen durch das Opfer, die eigentlich der Täter haben sollte, wird auch immer wieder beobachtet. Als Beispiel dafür sei folgendes Vorkommnis berichtet: In der Pause einer Gerichtsverhandlung wegen Vergewaltigung in einer Umkleidekabineeines Schwimmbades war das Opfer, ein junges Mädchen, durch die unerhörte Feststellung des Richters, dass einen Bikini zu tragen ja eine Aufforderung zur Vergewaltigung darstelle, völlig irritiert und verunsichert. Zu der als Zeugin geladenen Psychiaterin meinte das weinende und verstörte Mädchen: „Vielleicht hätte ich wirklich keinen Bikini anziehen sollen.“
    Auch soziale Folgen des Aufdeckens eines Missbrauchs können als schuldhaft erlebt werden: eine „Zerrüttung der Familie“, Gerichtsverfahren mit nachfolgender Verurteilung des Täters, besonders wenn dieser ein Familienangehöriger ist. Mit diesem Argument werden mitunter junge Mädchen von ihren Müttern (!) abgehalten, Anzeige zu erstatten. Eine frühe, bahnbrechende Darstellung lieferte Sigmund Freud in seiner „klinischen Novelle“ der Krankengeschichte von „Katharina“ in den
Studien zur Hysterie
(1895). Selbstmordhandlungen werden oft als verzweifelte Selbstbestrafung für irrationale Schuldgefühle und aus Verzweiflung über soziale Ächtung vorgenommen.
Schamgefühle
    Scham tritt auf, wenn Ziele und Vorstellungen, die mit der eigenen Person verknüpft sind, nicht erreicht oder zerstört werden. Scham kann im Unterschied zu Schuld
nicht
wieder gut gemacht werden. Scham hat einen bipolaren Charakter: Man schämt sich vor jemandem und man schämt sich für etwas.
    Depressivität ist verbunden mit subjektiven Vorstellungen von Wertlosigkeit, Schuldgefühlen, Schamgefühlen und Selbstmordgedanken. Deshalb übernehmen Opfer häufig die Aburteilung und Zurückweisung durch die Öffentlichkeit (wenn auch nur in der Phantasie), die eigentlich dem Täter gebührt. Frauen, die schon einmal Opfer von sexueller Gewalt waren, scheinen sich leider manchmal – natürlich unbewusst – wieder in Situationen von Erniedrigung zu begeben und eventuell auch neuerlich in Situationen, die die Gefahr bergen, Opfer sexueller Gewalt zu werden, um die katastrophalen inneren Gefühlen von

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