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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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als gerechte Strafe für ihre Vorstellungen von Schuld und Versagen angesehen.
    Im diagnostischen Erstgespräch reagierte die Patientin verstehend auf eine Probedeutung, d. h. auf ein Anbieten von möglichen Zusammenhängen zwischen dem doppelten Verlust, diesem partiellen Trauerverbot und ihren Gefühlen von Niedergeschlagenheit und ohnmächtiger Wut. Es waren keinerlei Symptome einer „Major Depression“ explorierbar, sehr wohl aber solche einer Anpassungsstörung, zentriert um Angst und Besorgnis, um das Gefühl, nicht zurecht zu kommen, und um Gefühle unterdrückter Wut, welche auch Reaktionen auf die oft als mangelhaft empfundene Unterstützung durch ihren Mann waren.
    Die Biografie der Patientin wies keine frühen Traumen auf. Es bestand eine etwas distanzierte Beziehung zur Mutter, die offensichtlich viele Selbstbezüge im Reagieren auf andere gezeigt hatte, so auch auf das Schicksal ihrer Tochter und des kranken Enkelkindes.
    Die Patientin wünschte keine antidepressive Medikation, sondern Psychotherapie, um diese „Verwirrung“ von Trauer und Depression zu klären, zu verstehen und dadurch eine weitere Aufhellung der Depression und eine Festigung des noch labilen seelischen Gleichgewichts zu erreichen. Es wurde die Indikation zu einer psychoanalytischen Kurzpsychotherapie gestellt.
    Ein Jahr nach Beendigung der 30 Sitzungen dauernden Psychotherapie war die Patientin beschwerdefrei, wies keinerlei Zeichen einer dysthymischen oder Anpassungsstörung auf; die Erinnerung an die verstorbene Tochter war von Wehmut und Trauer begleitet.
3.2. Wochenbett-Blues, Depression, Psychose
Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett
    Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett fordern von jeder Frau enorme körperliche, seelische und soziale Anpassungsleistungen – egal ob die Schwangerschaft gewünscht und geplant war oder nicht und ob es sich um eine Schwangerschaft „zur falschen Zeit“handelt, die im Nachhinein akzeptiert worden ist. Jede Anpassung an neue Lebensumstände kostet seelische und körperliche Energie – die oft erhöhte Müdigkeit am Beginn der Schwangerschaft erinnert an diesen Energieaufwand.
    Die körperlichen Anpassungsleistungen an die geänderte hormonelle Situation betreffen den gesamten weiblichen Organismus: Kaum ein Organ ist ausgenommen. Die seelischen Anpassungsleistungen betreffen das sich verändernde Bild des weiblichen Körpers, Fantasien über das kommende Kind, Ängste, Wünsche, Erwartungen und Enttäuschungen. Die sozialen Anpassungen betreffen das Umfeld der Schwangeren. Hier spielen Anforderungen aus dem familiären und weiteren Umfeld der ‚Mutter‘ eine wichtige Rolle: z.B. die Frage der „richtigen Zeit“ für eine Schwangerschaft, die Art und Qualität der Beziehung zum Kindesvater, dessen Einstellung zur Schwangerschaft, jene der eigenen und potentiellen neuen Familienangehörigen, Änderungen im Bereich der Berufstätigkeit oder der Wohnsituation, finanzielle Belastungen, etc. Der Charakter der Frau, ihre persönliche Lebenslerngeschichte, ihre früheren Erfahrungen mit kritischen Lebensereignissen, die Verfügbarkeit von Bewältigungsstrategien und von sozialer Unterstützung durch nahestehende Personen sind wichtige Faktoren, welche die Anpassung erleichtern oder erschweren können. Zu diesen und vielen anderen Fragen, die Schwangere betreffend, scheinen Mütter, Schwiegermütter, Tanten, etc. zu glauben, Ratschläge erteilen zu müssen – die sich oft als wahre „Schläge“ entpuppen.
    Jede Schwangerschaft birgt in sich Fantasien betreffend die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft: Man kann Partner, Wohnorte, Berufe etc. wechseln, aber man bleibt zeitlebens Mutter oder Vater eines Kindes (von Kindern). Erinnerungen an die eigene Kindheit, an die Mutter der Kindheit, an Abhängigkeiten, Identifikationen und Zukunftspläne werden aktiviert.
    Eine besondere Betonung erfährt die Beziehung der Schwangeren zur eigenen Mutter – immerhin wird sie ja selbst in Kürze auch Mutter sein. Damit werden alte Abhängigkeiten und Konflikte geweckt: Viele Mädchen denken und dachten laut oder heimlich: „Niemals möchte ich so werden wie meine Mutter.“ Die Schwangerschaft kann diese vordergründig oft unerwünschte Ähnlichkeit gefährlich nahe bringen.Viele Studien zeigen, dass die Art und die Qualität

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