Die Depressionsfalle
oftmals äuÃerst belastend. So wurden Melancholikern starke Reize zugefügt, um ihre Antriebslosigkeit und Reaktionslosigkeit zu durchbrechen: der Drehstuhl, starkes, verletzendes Bürsten der Haut, kalter Wasserstrahl auf den Kopf. Daneben wurde von Anfang an auch nach Arzneimitteln gesucht, die für die Behandlung der psychischen Krankheit, der psychischen Störung geeignet waren. In der Entwicklung der psychiatrischen Therapie im späten 20. Jahrhundert hat sich die Arzneimitteltherapie als bedeutendste Form der körperlichen Behandlung der Depression und anderer Geisteskrankheiten durchgesetzt. Ihr wird in unserem Buch ein eigenes Kapitel gewidmet. Aber daneben gibt es auch heute noch andere Methoden der körperlichen Beeinflussung, die teils dem alten Behandlungsrepertoire entnommen und den Vorstellungen unserer Zeit angepasst worden sind und zum Teil auch in neuen Konzepten über die Ursachen der Depression neu entwickelt werden. Derzeit werden in der Behandlung der Depression bestimmte Methoden auch kombiniert angewendet. Das Repertoire an somatischen Methoden jenseits der Pharmakatherapie, über das die Psychiatrie heute verfügt, umfasst folgende Methoden:
⢠Elektrokonvulsionsbehandlung
⢠Direkte kraniale Magnetstimulation
⢠Tiefe Magnetstimulation
⢠Schlaf- und Wachtherapie
⢠Lichttherapie
Die Elektrokonvulsionstherapie
Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist eine Weiterentwicklung eines früher als Elektrokrampftherapie (historisch: âElektroschockâ) bezeichneten Verfahrens. Das Behandlungsprinzip wurde 1938 in Italien von Ugo Cerletti entwickelt und fand bald in Europa und den USA breite Anwendung
Es handelt sich dabei um die Auslösung eines Krampfanfalles im Gehirn mit Hilfe eines von zwei oder mehreren Elektroden am Schädel des Kranken applizierten StromstoÃes. Die übliche Stromform ist Wechselstrom zwischen 10 und 100 Hertz, es wurde aber auch in entsprechender Weise zerhackter Gleichstrom angewendet. Ursprünglich wurde gefordert, dass die Spannung 50 bis 200 Volt betragen solle, die Strommenge zwischen 50 und über 600 Milliampere und dass die Stromdurchgangszeit eine Zehntelsekunde bis mehrere Sekunden andauern solle.
Die Behandlung erfolgt im Liegen. Sofort mit dem Stromstoà tritt Bewusstlosigkeit ein, sodass die behandelte Person den Schockzustand nicht erfährt. Nach der Behandlung hat sie auch keine Erinnerung an das Geschehen, da das Gedächtnis beeinträchtigt ist. Aus diesem Grund wurde der Elektroschock zunächst als âschonende Behandlungâ eingestuft und die Indikationsstellung, die Cerletti noch auf depressive und schizophrene Erkrankungen limitiert sehen wollte, auf fast alle psychischen Störungen ausgeweitet. Der Anwendungsbereich wurde sukzessiv auf manische Psychosen, Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Suchtkrankheiten, reaktive psychische Störungen und epileptische Psychosen ausgeweitet; es wurden darüber hinaus noch Patienten mit Enuresis nocturna, mit Psoriasis oder gastroduodenalen Ulcera und anderen psychosomatischen Störungen eingeschlossen.
Nachdem zunächst fast alle psychiatrischen Erkrankungen mit dieser Methode behandelt worden waren, engte sich schlieÃlich der Indikationsbereich wieder ein. Heute wird die Elektrokrampftherapie nur bei bestimmten, gefährlich verlaufenden Formen der Schizophrenie, vor allem aber bei schwer depressiven Personen angewendet, bei denen andere Behandlungsmethoden(Psychopharmakabehandlung, Psychotherapie und kombinierte Therapien) versagt haben.
In der Einführungszeit der Methode kam es relativ häufig zu schweren Folgeerscheinungen, von denen vor allem das Skelettsystem betroffen war: Wirbelbrüche, Schenkelhalsbrüche, Verrenkungen der Schulter und des Kiefers. Aus diesem Grund wurde die Methode verändert. Die Patienten wurden narkotisiert und mit einem Mittel vorbehandelt, das die Muskelspannung lähmt. Bei der heute angewendeten, sogenannten âmodifizierten EKTâ erfolgt die Behandlung unter Kurznarkose und Muskelrelaxation im Bereich von 0,9 Ampere bei bis zu 480 Volt.
Es wird an einer (unilaterale Methode) oder es werden an beiden (bilaterale Methode) Schädelhälften eine oder zwei Elektroden angelegt, die Stromimpulse durch das Gehirn leiten. Der damit ausgelöste Krampfanfall im Gehirn hält ungefähr 30 bis 90 Sekunden an. Nach ca. einer halben Stunde ist der Betroffene
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