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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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des 20. Jahrhunderts bekannt und wurde durch Stellungnahmen des Nobelträgers John Lilly gefördert, der die Droge auch in seinem Buch
Der Wissenschafter
propagierte. In den 80er und 90er Jahren verbreitete sich der Gebrauch als Rauschmittel in den Tanzszenen; Ketamin wurde zur „Partydroge“ und medial skandalisiert.
    Derzeit wird die Substanz auf ihre antidepressive Wirksamkeit hin überprüft. Zunächst wurden im Tierversuch Hinweise auf eine derartige Wirkung gefunden. Bei der Anwendung am Menschen stellte sich dann heraus, dass kleine Dosen Ketamin sehr rasch, innerhalb eines Tages, depressive Symptome innerhalb einer Major Depression oder einer bipolaren Depression zum Abklingen bringen, wobei der Effekt aber nur eine Woche anhält. Durch diesen raschen Wirkungseintritt verspricht die Substanz den anderen Antidepressiva überlegen zu sein, die ja vom Problem des verzögerten Wirkungseintritts betroffen sind. Auf der Basis neurowissenschaftlicher Forschung zum Ketamineffekt wurde auch eine neue Theorie der biologischen Ursachen der Depression entwickelt. Ketamin blockiert den NMDA-Rezeptor im Gehirn, einen Glutamat-Rezeptor, der in Prozesse wie Lernen und Gedächtnis involviert ist. Mit dieser Blockade wird sowohl der narkotische wie auch der antidepressive Effekt der Substanz in Zusammenhang gebracht.
    In den USA laufen verschiedene Ketamin-Programme ab, darunter eine Placebo-kontrollierte Studie, die den antidepressiven Effekt aufklären soll. Die weiteren Zielsetzungen der Studie sind wissenschaftlicher und ökonomischer Natur. Man will ein theoretisches Verständnis der biologischen Vorgänge, die zu einer Depression führen, ableiten, will aber auch die Grundlage für die Entwicklung antidepressiver Substanzen schaffen, deren Wirkung rasch eintritt, die aber länger wirksam sind als Ketamin.
Die „Neurogenese-Depressions-Hypothese“
    Die Entdeckung, dass sich Nervenzellen im Gehirn erwachsener Menschen erneuern können, hat zu einem neuen Forschungsfeld in den Neurowissenschaften geführt. Man hat die Beobachtung gemacht, dass in bestimmten Hirnarealen, vor allem aber im Hippokampus, einer Zone, die an Lernen, Gedächtnis und Konsolidierung neuer Erinnerungen beteiligt ist, lebenslang eine Neurogenese stattfindet. Es wurden Forschungsergebnisse veröffentlicht, wonach Sport, Kalorienreduktion, ein stimulierendes Umfeld, Gehirntraumata, Östrogen, Marihuana, Wachstumsfaktoren, Serotonin und Elektroschocktherapie die Produktion neuer Gehirnzellen stimulieren, während zunehmendes Alter, Serotonin- und Schlafmangel, Stress, Alkohol, Opiate und Methamphetamine das Neuwachstum ungünstig beeinflussen. Diese Erkenntnisse und die Spekulationen, die daraus abgeleitet wurden, haben auch Einfluss auf die Forschung zur Depression und zur Wirksamkeit von Antidepressiva genommen.
    Aufgrund der Beobachtung, dass sowohl die Behandlung mit antidepressiven Medikamenten als auch eine Elektroschockbehandlung zu Neurogenese im Hippokampus führen, und dass im Tierversuch die Wirkung der Antidepressiva auf das Verhalten eng mit der Neurogenese-stimulierenden Wirkung gekoppelt ist, führte dazu, dass Fred Gage und seine Mitarbeiter am kalifornischen Salk Institute for Biological Studies eine „Neurogenese-Hypothese“ der Depression formulierten, der zufolge der menschlichen Depression ein Abfall der Neurogenese im Hippokampus zugrunde liegen soll. Durch die Steigerung neu gebildeter Zellen – durch welche Maßnahmen auch immer – könne folglich eine langsame Verbesserung der Gefühlslage bewirkt werden. Diese Hypothese ist allerdings noch nicht bewiesen. In Experimenten anderer Forscher ließ sich der einfache Zusammenhang zwischen Neurogenese und depressionsähnlichem Verhalten nicht bestätigen. Es ist also unklar, ob es sich bei der Störung der Neurogenese um eine Ursache oder ein Symptom der Krankheit handelt.
    Untersuchungen über die Auswirkung psychoaktiver Substanzen auf die Neurogenese liefern andererseits Hinweise darauf, dass Medikamente gegen Depressionen die Bildung neuer Gehirnzellen imHippokampus fördern. Da beobachtet wurde, dass Serotonin einen starken positiven Einfluss auf die Neubildung von Neuronen im Hippokampus hat, ergab sich die logische Konsequenz, Substanzen, die den Serotoninspiegel steigern, auf ihren Einfluss auf dieses System zu untersuchen, um eine neue Verständnisgrundlage für ihre

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