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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts ist ein erwachtes Interesse am therapeutischen Einsatz zu beobachten: Als neues Klientel gelten Personen, die an unheilbaren Krebserkrankungen leiden, eine Patientengruppe, die an einer besonderen Form der Depression leidet.
    Für unsere Thematik ist es wichtig, dass LSD 25 im serotonergen System wirksam wird. Es imitiert am Serotoninrezeptor das Serotonin und verdrängt es von seiner Bindungsstätte.
    In der breiteren Therapieszene trat eine neue Substanz das Erbe des LSD an: das MMDA. Im außertherapeutischen Bereich gewann später ein Verwandter dieses Stoffes, das MDMA oder Ecstasy, große Bedeutung in der Rave-Kultur der späten 80er Jahre.
Entaktogene – Generation Ectasy
    MDMA, das unter dem Namen Ecstasy Geschichte machte, gehört pharmakologisch zur Gruppe der Phenethylamine und ist ein Derivat des Amphetamin (3,4-Methylendioxy-N-Methylamphetamin). Die Substanz wurde zunächst in Psychotherapien eingesetzt, vor allem bei Gruppenmeetings. Man nutzte dabei Effekte der Substanz, die „entaktogen“ und „empathogen“ genannt wurden. „Entaktogen“ bedeutet, dass man mit seinem inneren Selbst in Kontakt tritt („the touch within“). „Empathogen“ wurde ein Effekt bezeichnet, der die zwischenmenschliche Kommunikation betraf. Es wurde angegeben, dass in einer Gruppe, deren Teilnehmer gemeinsam die Droge zu sich genommen hatten, eine Verbindung auftrat, die darauf zurückgeführt wurde, dass die Droge es ermögliche, sich mit den Gefühlenanderer zu identifizieren. Demgemäß wurde der Droge eine Fülle positiver Effekte zugeschrieben: Sie verstärke die Bindung zwischen Personen, sei anregend, vermittle ein Gefühl von Liebe und von Frieden mit den Menschen und dem Universum, Freude, ein Gefühl, das Universum und seine Sinneserlebnisse in ihrer wahren Essenz zu verstehen. Demgemäß wurde der Substanz zunächst außerordentliche psychotherapeutische Wirksamkeit zugeschrieben. Ein Psychiater nannte sie „Penicillin für die Seele“.
    Es ist interessant, dass spätere Beschreibungen der Veränderungen, die durch den Einsatz der Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer bewirkt werden, sehr ähnliche Prozesse abbilden und in manchem die Bedeutung des Drogeneffekts für den psychotherapeutischen Prozess ganz ähnlich erfassen, wie es Schilder im Kontext des Einsatzes der Amphetamine beschrieben und prognostiziert hat. Und dies sowohl im professionell – therapeutischen Handlungs- und Erfahrungsraum – als auch im außermedizinischen Gebrauch von Substanzen, die die Wiederaufnahme von Serotonin hemmen, als „Partydrogen“. Spontaner und tiefgreifender Persönlichkeitswandel unter Prozac als Prototyp der SSRI und der Einbau der Substanz in die Identität der Gebraucher waren der Inhalt, der vielleicht am ehesten hohe Erwartungen an den Gebrauch der Substanz hervorrief und zur Ausbreitung des Konsums beitrug.
SSRI und Persönlichkeitswandel – Der professionelle Raum
    Wunderbare Wandlungen scheinen bei den Fällen auf, die Peter Kramer in
Listening to Prozac
veröffentlicht hat. Kramer verwendet explizit den Begriff „Persönlichkeitswandel“, um die besondere Bedeutung des Prozac-Effects zu beschreiben: „Ich glaube, dass die Geschichte von Tess eine unbeschriebene Ursache der enormen Popularität von Prozac beinhaltet: seine Fähigkeit eine Persönlichkeit zu verändern“. Er zeigte dann auch an diesem Fall den Prozess eines „therapeutischen Wandels der Persönlichkeit“ auf: „Da war eine Patientin, deren übliche Weise zu funktionieren, sich dramatisch veränderte. Ihre sozialen Fähigkeiten besserten sich. Sie war keinMauerblümchen mehr, sondern ein sozialer Schmetterling. Während sie sich vorher auf ihre Verpflichtungen anderen gegenüber konzentriert hatte, war sie nun lebhaft und suchte Vergnügen. Früher hatte sie sich nach Männern gesehnt, jetzt traf sie sich mit ihnen, hatte Spaß mit ihnen und wog ihre Schwächen und Vorzüge gegeneinander ab. Nunmehr selbstsicher geworden hatte sie es nicht mehr nötig, die Schwächen der Männer zu romantisieren oder ihnen gegenüber nachsichtig zu sein.“ 68
    Bestätigt schien die Intensität der Verwandlung auch dadurch, dass „Tess“ das Empfinden entwickelt hatte, unter dem Einfluss des Arzneimittels zu ihrem

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