die Detektivin in Jeans
zurück. „Woher
nahmen Sie so schnell eine Kerze?“
Maria schaltete sich ein.
„Meine Mutter hat Angst vorm Gewitter. Sie finden bei uns in jedem Zimmer eine
Kerze und Streichhölzer.“
Der Leiter der Spurensicherung
trat an den Tisch. „Wir sind fertig, Heinz.“
„Gut, Walter. Wir sehen uns
morgen im Präsidium.“
Ingo stand auf. „Kann ich jetzt
gehen?“
„Einen Augenblick bitte noch“,
sagte Ruhwedel.
„Aber wir haben doch alles
gesagt, was wir wissen.“
„Willst du jetzt noch weg,
Ingo? So spät? Ich habe Angst. Bleib hier“, bat seine Mutter.
„Maria ist ja bei dir. Ich bin
bald zurück“, erwiderte Ingo ungeduldig.
„Trotzdem. Bleiben Sie bitte
noch einen Moment“, bat Ruhwedel. Er wandte sich an die Wirtin, nachdem Ingo
sich widerstrebend gesetzt hatte. „Ob die Flasche Schnaps im Beutel aus Ihrem
Besitz stammt, können Sie nicht mit Sicherheit angeben?“
Frau Siegmund schüttelte den
Kopf und blickte hilfesuchend Maria an.
Maria hob die Schultern. „Das
könnte nur Siegmund. Er weiß, was im Regal stand und wieviel er heute
ausgeschenkt hat.“
„Herr Siegmund ist Ihr
Stiefvater? Heißt er nicht mit Vornamen Gerd?“
„Ja“, erwiderte Maria knapp.
„Ich bin sicher, daß mir der
Junge schon einmal begegnet ist“, behauptete Frau Siegmund. „Er kam mir gleich
bekannt vor, wie er da in der Gaststube stand und sich umblickte. Mein Mann
rief ihm noch zu, ob er was vergessen habe. Aber da lief er davon.“
„Ja, das erzählten Sie uns
schon. Aber es fällt Ihnen nicht ein, wer er ist — oder woher Sie ihn kennen?“
Frau Siegmund runzelte die
Stirn. Sie dachte angestrengt nach.
„Halten Sie es für möglich, daß
er im Hafen arbeitet?“ fragte Ruhwedel.
„Nein, die Hafenarbeiter
verkehren bei uns. Dann wüßte ich, wer er ist.“ Karola Siegmund wandte sich an
ihre Tochter. „Wer hat denn heute angelegt?“
„Die ,Konstanze‚, die
‚Mosella‚“ ‚Wolters‚...“ Maria überlegte. „Die ,Charlotte‚. Sie soll einen
Schraubenschaden haben, wurde hier erzählt.“
Karola Siegmund ging in
Gedanken die Besatzungen der erwähnten Schiffe durch.
„Komisch, Steven von der
,Charlotte‚ kommt doch sonst immer zum Essen in den ,Anker‚“, überlegte Maria
laut.
„Er macht Urlaub. Der Sohn von
Holtkamps soll ihn vertreten, hat er mir neulich erzählt“, berichtete Ingo.
Seine Mutter wurde blaß.
„Holger...? Nein, Torsten heißt er, der junge Holtkamp. Torsten war es!“ rief
sie aufgeregt. Sie nickte. „Ich wußte, daß es ein bekanntes Gesicht gewesen
ist. Ich habe ihn nur deshalb nicht gleich erkannt, weil er sich verändert
hat.“
„Wie verändert?“ forschte
Ruhwedel.
„Na, gewachsen ist er.
Männlicher geworden, auch im Gesichtsausdruck, wie das halt bei Jugendlichen so
ist.“
„Was wissen Sie über ihn?“
„Nichts. Er ist... er war immer
ein netter Junge. Manchmal hat er Bier für seinen Vater geholt. Ich kann es
fast nicht glauben, daß er... Aber ich bin sicher, daß er es gewesen ist.“
Karola Siegmund blickte den Oberinspektor verzweifelt an. „Was werden Sie mit
ihm machen?“
„Zunächst werden wir ihn einmal
vernehmen. Wir müssen Sie ihm auch gegenüberstellen, falls er leugnet.“
Ruhwedel stand auf.
Inspektor Panke packte seine
Unterlagen in die Aktentasche.
„Ob ich jetzt schon im
Krankenhaus anrufen kann?“ fragte Karola Siegmund.
„Gewiß. Lassen Sie sich mit der
Intensivstation verbinden“, empfahl Oberinspektor Ruhwedel.
Karola Siegmund eilte zum
Telefon.
Ingo nahm seine Lederjacke von
der Stuhllehne.
„Das muß für Sie auch nicht
einfach gewesen sein, die Veränderung hier, als Ihre Mutter wieder heiratete“,
bemerkte Ruhwedel beiläufig.
Die Geschwister antworteten
gleichzeitig.
Maria sagte: „Das dürfen Sie
laut sagen.“
Ingo sagte: „Ich arbeite nicht
im Betrieb. Ich komme mit ihm aus.“
„Und Sie nicht?“ Ruhwedel
blickte Maria an.
Maria sagte zu ihrem Bruder:
„Weshalb gibst du es nicht zu, Ingo? Glaubst du, der Inspektor hat nicht
gemerkt, daß wir den Siegmund nicht mögen?“
„Na ja, nachweinen würden wir
ihm nicht“, räumte Ingo ein.
„Aber deshalb wünschen wir ihm
doch nichts Böses“, beeilte sich Maria zu versichern.
Ruhwedel nickte lächelnd.
„Gewiß nicht“, sagte er höflich, verabschiedete sich und verließ mit Inspektor
Panke das Lokal.
Es war ein schöner Tag.
Die Spatzen lärmten fröhlich in
den Akazien. Die Sonne stand hoch an einem weiten blauen
Weitere Kostenlose Bücher