Die Deutschen
versagt, so wähle ich einen schimpflichen Tod von freien Stücken …« und darunter seinen Namen. Im Februar 1837 sterben drei bedeutende Führer der deutschen Freiheitsbewegung: Ludwig Börne im Pariser, Georg Büchner im Züricher Exil, Pfarrer Friedrich Ludwig Weidig im Arresthaus in Darmstadt. Ihr Tod setzt einer Etappe der revolutionären Bewegung in Deutschland ein Ende.
Chronik 1836–1837
Die Göttinger Sieben. 1837–1839
1836 4. August: Das Preußische Kammergericht verurteilt 204 Burschenschaftler wegen Hochverrats und verhängt gegen 39 von ihnen die Todesstrafe. In den meisten Fällen erfolgen Begnadigungen zu lebenslänglicher Festung.
1837 1. November: Der König von Hannover erklärt die fortschrittliche Verfassung von 1833 für ungültig und führt die alte von 1819 wieder ein.
18. November: Sieben Göttinger Professoren, unter ihnen Jacob und Wilhelm Grimm, protestieren gegen diesen Staatsstreich; sie werden ihrer Ämter enthoben und des Landes verwiesen. Das löst eine Protestwelle in ganz Deutschland aus und führt zur Gründung zahlreicher »Vereine« für die Unterstützung der »Göttinger Sieben«.
Die Göttinger Sieben. 1837–1839
Nach dem Revolutionsjahr 1830 hat es der Konstitutionalismus in Deutschland schwer. Den dürftigen Anfängen verfassungsmäßiger Freiheit steht eine geschlossene Front souveräner Fürsten gegenüber, sich lieber der Vormundschaft Metternichs und dem Zwang Österreichs unterwerfen als der »unbequemen Pflicht, über freie Völker zu herrschen«. Zwar kommt die Unruhe um die Rechts- und Verfassungsfragen in keinem Lande ganz zum Erliegen, aber alle Versuche der Fortschrittlichen enden mit der Niederlage des Liberalismus. Und am Ende dieses Jahrzehnts greift einer der Souveräne im Kampf gegen die Verfassung sogar zur Waffe des Staatsstreichs. Als am 20. Juni 1837 Wilhelm iv . König von England und zugleich König von Hannover, stirbt, geht die Krone von England in weibliche Erbfolge über, während der Bruder des verstorbenen Königs, der Herzog von Cumberland, Ernst August, König von Hannover wird. Der Herzog, mehr Autokrat als Aristokrat, erklärt von Anfang an, daß er die Verfassung, der er nach dem Staatsgrundgesetz zustimmen muß, nie anerkennen werde. Nach seinem Einzug in die Residenz schicken die Stände eine Deputation, ihn zu begrüßen. Sie wird nicht vorgelassen. Zwei Tage später erläßt der Herzog ein Dekret, das die Vertagung der Stände ausspricht. Aber nach dem Artikel 13 des Staatsgrundgesetzes muß der König bei seinem Regierungsantritt die »Beachtung der Landesverfassung« geloben, um seine Herrschaft als König antreten zu können.
Während die erste Kammer die Verlesung des Vertagungsdekrets schweigend hinnimmt, erklärt in der zweiten Kammer der Bürgermeister von Osnabrück: »Ich glaube nicht, daß Seine Majestät die (Regierung schon angetreten haben.« Die Kammer schweigt, der Redner setzt sich, und der Präsident erklärt die Sitzung für geschlossen. Eine recht zahme Opposition gegenüber einem so offenbaren Rechtsbruch. Aber ganz Deutschland horcht auf: Wenn die einfache Nichtzustimmung eines Thronfolgers zu einer rechtsgültigen Landesverfassung genügt, sie umzustoßen, dann ist in Deutschland überhaupt keine Verfassung und kein Recht mehr sicher. Der König, der noch nicht König ist, ernennt den Geheimrat von Schele zu seinem Kabinettsminister, der durch keinen ausdrücklichen Eid an die Verfassung gebunden ist. Der König gibt in einem »Patent«, das von Schele gegengezeichnet ist, dem Lande von seinem Regierungsantritt Kunde und erklärt, daß das Staatsgrundgesetz von ihm niemals anerkannt worden und für ihn nicht bindend sei. Am 11. November 1837 erläßt Ernst August eine Proklamation, in welcher die Ständeversammlung für aufgelöst erklärt wird, und ein zweites Patent, welches das Staatsgrundgesetz von 1833 aufhebt und eine neue Verfassung ankündigt, die den »wahren Bedürfnissen des Landes« entsprechen werde. Diese wahren Bedürfnisse bestanden vor allem in Ernst Augusts Wunsch, dem Staat seine Schulden aufzubürden. Der Rechtsbruch von Hannover ruft in den Kammern der deutschen Länder, ja selbst unter den deutschen Regierungen große Aufregung hervor.
Die bäuerliche Bevölkerung des Landes Hannover kümmert sich wenig um diese Dinge. Die Wahlen werden ohne erheblichen Widerspruch durchgeführt. Doch sieben Professoren der Göttinger Universität, welche nach der Verfassung von 1819
Weitere Kostenlose Bücher