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Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Titel: Die Diagnose: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gapper
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hat?«
    »Sie war bei einer Freundin in East Hampton. Ich wünschte, sie wäre hier gewesen … dann wäre alles anders gelaufen. Anna wäre das nicht passiert, das weiß ich ganz genau.« Sie sah mich traurig an, aber ich war nicht bereit, sie so leicht davonkommen zu lassen.
    »Sie haben dann Mr Lustgarten angerufen?«
    »Er ist rübergekommen, aber wir haben Harry nicht gefunden. Die Männer unten sagten, der Wagen stehe nicht in der Garage. Die wissen so was. Als er endlich anrief, war es Abend. Es war schrecklich. Ich verstehe immer noch nicht, wo Harry die Waffe herhatte. Sie hatten gesagt, ich solle die Beretta wegschließen, und das habe ich gemacht. Sie ist immer noch in meinem Safe in East Hampton. Er hat sich irgendwo eine andere besorgt; ich weiß nicht, von wem.«
    Mir fiel auf, dass sie von wem gesagt hatte, nicht, woher . Sagte sie wirklich die ganze Wahrheit, oder wusste sie mehr, als sie zugab? In der Therapie ist ein einziges Wort manchmal der Schlüssel zu dem, was der Patient verbirgt.
    Nora sah mich zerknirscht an. »Dr. Cowper. Ben. Sie sollten wissen, wie leid es mir tut, dass ich Ihrem Rat im Krankenhaus nicht gefolgt bin. Ich habe seither viel darüber nachgedacht, und ich werde es stets bedauern. Wenn ich irgendetwas tun kann, um es Ihnen gegenüber wiedergutzumachen, werde ich das tun.«
    Es waren nur Worte, doch nach der Aggression und den Anschuldigungen, die mir in den letzten Tagen um die Ohren geflogen waren, bedeuteten sie mir etwas. Sie klang, als wäre sie ehrlich bekümmert über ihren Fehler.
    »Sie können tatsächlich etwas tun«, sagte ich, denn ich wollte die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. »Sie kennen doch Sarah Duncan, nicht wahr? Sie hat mir gesagt, Sie seien befreundet.«
    Sie wirkte besorgt. »Um ganz ehrlich zu sein, schüchtert sie mich ein. Ich habe einmal versucht, von meinem Posten im Verwaltungsrat zurückzutreten, aber das hat sie nicht zugelassen. Vermutlich dachte sie, Harrys Geld wäre dann auch weg. Sie ist mit mir essen gegangen und hat mich gezwungen zu bleiben.«
    Darüber musste ich lächeln − ich konnte mir die Szene in einem Restaurant an der Upper East Side gut vorstellen, Duncan war sicher unerbittlich gewesen.
    »Es ist für mich von immenser Bedeutung, dass das Krankenhaus hinter mir steht. Wenn Sie in dieser Hinsicht auf sie einwirken könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar«, sagte ich.
    Noras Gesicht hellte sich auf, als ich das sagte, als wäre sie froh über die Gelegenheit, ihre Schuld wiedergutzumachen. »Selbstverständlich. Das muss sie. Es ist nur richtig.«
    Sie brachte mich zum Aufzug. Auf dem Weg dorthin spähte ich in der Hoffnung, Anna noch einmal zu sehen, in die Küche. Doch sie war woanders, irgendwo in den Tiefen der Wohnung.
    Harry saß mit starrem Gesicht an einem mit grünem Fries bespannten Tisch, die rechte Hand steif über der linken. Vor ihm drängten sich Fotografen − einige standen, andere hockten, und zwei beugten sich weit vor, um ihre Linsen möglichst dicht an ihn ranzubringen − und klickten ununterbrochen; es klang wie ein ganzer Schwarm Zikaden. Harry sah aus, als könnte er sich gerade eben beherrschen, keinen von ihnen niederzuschlagen.
    Er trug das typische Bankeroutfit, in dem ich ihn noch nicht gesehen hatte − schwarzer Anzug, weißes Hemd mit Button-down-Kragen und rote Krawatte mit einem Muster, das auf dem Bildschirm meines Computers schwer zu erkennen war. Ich hatte im Archiv von C-SPAN eine Aufnahme der Anhörung vor dem Senat gefunden, von der Felix gesprochen hatte. Sie hatte im vergangenen Herbst stattgefunden, kurz nachdem Seligman gerettet worden war und Harry seinen Posten aufgegeben hatte. An diesem Abend saß ich allein vor dem Computer und suchte in der Vergangenheit nach dem, was Harry zu diesem Akt der Gewalt getrieben hatte.
    Der Mann links von Harry war völlig entspannt. Er war groß − oder wäre es jedenfalls, wenn er aufstünde − und wirkte gepflegt. Sein braunes Haar war so ordentlich, dass es aussah wie gegossen, fast wie bei einer Ken-Puppe. Er hatte blasse, klare Haut und einen starken Kiefer mit einem Grübchen im Kinn. Die Fotografen bedrängten auch ihn, doch er wirkte nicht gestresst. Sein Verhalten deutete an, dass er sicher war, für ihn werde alles gut ausgehen. Er beugte sich vor und rückte die Karte vor ihm sorgfältig zurecht: MARCUS GREENE. Ich hätte ihn nicht erkannt.
    Die Fotografenmeute eilte zurück, um sich vor einen halbrunden Tisch zu

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