Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Titel: Die Diagnose: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gapper
Vom Netzwerk:
mit Ihnen passiert?«, fragte er, als er sich auf den Beifahrersitz gesetzt hatte, und starrte in mein ramponiertes Gesicht.
    Seit meinem Spaziergang im Central Park waren drei Tage vergangen, und die schlimmsten Schwellungen an der Stirn waren schon abgeklungen; doch drumherum hatten sich lilablaue Flecken gebildet, sodass mein Gesicht jetzt erst recht zum Fürchten aussah. Ich hatte niemandem etwas von dem Einbruch in meiner Wohnung erzählt, und mir war immer noch nicht danach: Es gab zu viele unbeantwortete Fragen. Wenn der Angreifer es gezielt auf mich abgesehen hatte, wenn ich nicht willkürlich aus den Passanten und Hundespaziergängern im Park herausgepickt worden war, warum war er so rasend gewesen, und was hatte er gewollt?
    »Mir hat man erzählt, der Central Park wäre heutzutage sicher nach Einbruch der Dunkelheit. Sieht so aus, als wäre das nicht wahr. Ich bin spazieren gegangen«, sagte ich so leichthin wie möglich.
    »Mist. Sie wurden niedergeschlagen?«
    Es war Zeit für die Wahrheit. Doch wenn ich gestand, würde er als Erstes fragen, was ich überhaupt da gewollt hatte, und dann, warum ich mit Harrys Haushälterin zusammen gewesen war, und schließlich, was sie mir erzählt hatte. Ich konnte nicht darüber sprechen, denn ich hatte Anna mein Wort gegeben – sie hatte mich darum gebeten. Ich wusste, dass es dumm war, meine Loyalität zu ihr – vielleicht auch nur meine Schwäche für sie – wichtiger zu nehmen als meine Verteidigung, aber ich hielt mein Wort.
    »Ich hatte Glück. Jemand hat ihn verjagt.«
    »Solange es Ihnen gut geht«, sagte er, ohne mein Zögern zu bemerken. »Und, was werden Sie da drinnen erzählen?«
    »Nur das, was Sie mir gesagt haben.«
    »Wunderbar. Gehen wir rein«, meinte er, stieg aus dem Wagen und knüpfte seinen Mantel zu. Ich folgte ihm die Stufen zum Suffolk County Court hinauf, einem Stück Architektur-Brutalismus aus den Siebzigerjahren, das aussah wie von einem Riesenkleinkind aus rechteckigen weißen Bauklötzen aufgeschichtet. Am oberen Ende der Treppe, an der Doppeltür zur Staatsanwaltschaft, hatte man einen Blick auf die Rückseite von Harrys Gefängnis, wo Stacheldraht verschwenderisch um kahle Höfe drapiert war. Der Anblick war noch unerfreulicher als die Vorderansicht.
    In dem langen Flur im zweiten Stock entdeckte ich eine vertraute Gestalt, die sich mit einem kahlköpfigen Mann in einem dreiteiligen Anzug mit einem Stapel Akten unter dem linken Arm unterhielt.
    »Detective Pagonis«, sagte ich.
    Pagonis sah mich an, als täte es ihr leid, dass sie mich aus dem Vernehmungszimmer rausgelassen hatte, und würde sie ihren Fehler am liebsten so schnell wie möglich ausbügeln. Ein unerbittlicher Blick, in dem nicht das geringste Mitgefühl lag – ein Ausdruck, wie ihn Polizeibeamte sicher lange übten, um Verdächtige einzuschüchtern. Sie kniff die Augen zusammen, als sie mein Gesicht sah, und ich hob verlegen eine Hand an den Kopf.
    Joe bekam die stumme Interaktion mit und trat vor, um dazwischenzugehen. »Ich bin Joe Solomon, Bens Anwalt. Er ist im Central Park auf den Falschen gestoßen«, sagte er unbekümmert.
    Pagonis schüttelte Joe misstrauisch die Hand – wie eine Katze, die einen Hund begrüßte. »Dies ist Steven Baer, der zweite Staatsanwalt«, sagte sie.
    »Ich glaube, ich habe Sie schon mal im Fernsehen gesehen«, sagte ich zu ihm. Ich hatte ihn beobachtet, wie er schweigend auf den Stufen zum Gericht gestanden hatte, als Harrys grauhaariger, massiger Anwalt nach der gerichtlichen Anhörung mit den Reportern gesprochen hatte. Baer hatte sich stur geweigert, einen O-Ton für die Abendnachrichten zu liefern, doch er hatte geduldig dagestanden, während Harrys Anwalt seinen Senf zum Besten gab.
    »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind«, sagte Baer und beugte sich dabei ein wenig vor und betrachtete uns freundlich. Er hatte ein blasses, ovales Gesicht, und sein Schädel war kahl, bis auf zwei Haarsträhnen über den Ohren. »Ich glaube nicht, dass wir uns schon begegnet sind«, sagte er zu Joe. »Sie sind sicher aus New York.«
    Gemessenen Schrittes führte er uns den Flur hinunter, wie jemand, der sich ungern hetzen ließ. Ich spürte, dass Joe seinen natürlichen Vorwärtsdrang bremsen musste. Als wir in Baers Büro kamen, umfing uns ein muffiger Geruch, der von dem hoch mit Akten bepackten Schreibtisch und von den vollgestopften Bücherregalen ausging. Er setzte sich hinter den Tisch, und Joe und ich verteilten uns auf den knarrenden

Weitere Kostenlose Bücher