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Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Titel: Die Diagnose: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gapper
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oder Pflegekräfte wurden relativ häufig angegriffen, und man drillte uns ein, kein Risiko einzugehen. Doch ich wollte herausfinden, was los war, ohne sofort Bob – oder, schlimmer noch, Pagonis – hinzuziehen zu müssen. Also verharrte ich, atmete leise und lauschte. Als ich nach zwei Minuten nichts gehört hatte, ging ich langsam den Flur zu meinem Schlafzimmer hinunter. Die Wohnungstür ließ ich offen. Wenn ich mich getäuscht hatte und jemand in der Wohnung war, musste ich so schnell wie möglich hier verschwinden können. Die Schlafzimmertür war nur angelehnt. Ich drückte sie mit pochendem Herzen ganz auf und spähte hinein.
    Es war in demselben Zustand wie das Wohnzimmer. Die Bettdecken, Laken und Kissen waren vom Bett gezerrt und durch die Gegend geworfen worden, zusammen mit der Kleidung aus dem Schrank. Der Eindringling hatte sämtliche Sachen von der Ablage im Bad gefegt – selbst Rebeccas Urlaubsmuscheln. Zwei waren zerbrochen, und ich hockte mich hin, um sie aufzuheben. Es brachte mich aus der Fassung, als hätte sich jemand an den Familienjuwelen vergriffen. Sie waren das einzig Greifbare, was mir von unserer Beziehung geblieben war.
    Wie ich dort kniete, schaute ich zur Seite und sah eines von Rebeccas Kleidern, die sie versehentlich in meinem Schrank zurückgelassen hatte. Es lag zusammengeknüllt in der Ecke des Badezimmers. Ich hob es auf und sah, dass es von oben bis unten mit einem Messer oder einer Schere aufgeschlitzt worden war. Tiefe Risse durchzogen den Stoff, vom Hals runter bis zur Taille. Das beunruhigte mich mehr als das ganze übrige Durcheinander, und ich ging zurück ins Schlafzimmer, um mir meine Kleidung anzusehen, die ebenfalls von den Bügeln gezerrt war. Es war alles zerknittert, aber unbeschädigt. Er hatte Rebeccas Kleid ausgewählt, um es in Stücke zu schneiden, als hätte er einen Grund gehabt, es zu verabscheuen. Mich überkam das unschöne Gefühl, in die Seele von jemandem zu blicken, der einen sadistischen Groll hegte.
    Im Wohnzimmer hob ich ein paar Kissen aufs Sofa und setzte mich, um meine nächsten Schritte zu überlegen. Ich sollte wohl den Polizisten Bescheid sagen, die zum Tatort im Park gerufen worden waren und denen ich von dem Überfall erzählt hatte, bevor ich aus dem Episcopal entlassen worden war. Vielleicht sollte ich auch Pagonis anrufen und sie informieren. Doch beides würde ich nicht tun, denn es wäre das Ende des bisschen Privatheit, das mir noch geblieben war, und ich würde in eine Ermittlung hineingezogen werden, die alles nur noch schlimmer machen würde. Ich hatte nicht einmal Lust, Bob anzurufen, um mich zu erkundigen, wie der Typ an ihm vorbeigekommen war. Wozu war ein livrierter Pförtner in der Lobby gut, wenn jeder Irre einfach vorbeispazieren konnte? Aber wenn ich es ihm erzählte, wäre er in einer Minute hier oben, um es zu erklären, und dann wüsste es innerhalb von vierundzwanzig Stunden das ganze Haus.
    Ich ging herum, stellte Sachen an ihren Platz zurück, und am Schluss überprüfte ich die Medikamentenfläschchen, die der Einbrecher aus dem Schrank im Bad gerissen hatte. Im Hinterkopf hoffte ich wohl immer noch, es sei ein Süchtiger gewesen – eine letzte beruhigende Möglichkeit –, doch es fehlte nichts. Mein Kopf schrillte, ich war völlig am Ende und zog mich nur noch aus, schluckte eine Vicodin und ließ mich in das Bett plumpsen, das er auseinandergenommen hatte.

14
    Manchmal glaube ich ja, ich bin Psychiater geworden, um keine Fragen beantworten zu müssen. Es gehört zu den tröstlichen Seiten des Berufs, dass man Fragen von Patienten, was man denkt oder fühlt, zurückgeben und sich hinter einer Mauer aus Distanziertheit verstecken kann. Das Problem ist, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich die Fragen beantworten könnte, selbst wenn ich es dürfte. Immer wenn ich in Therapie war – wozu wir angehalten wurden, was ich in letzter Zeit aber vernachlässigt hatte –, bemerkte ich die Gefühle meiner Patienten für mich und meine für sie, jedes bisschen Übertragung und Gegenübertragung. Doch meine Gefühle für mich waren mir irgendwie abhandengekommen.
    Es klopfte am Autofenster, und ich fuhr zusammen. Es war Joe, der aus kurzer Entfernung durch die Scheibe spähte und mir mit einer Geste bedeutete, ihn reinzulassen. Ich hatte in der Nähe der Staatsanwaltschaft Suffolk County geparkt, seitlich des Riverhead Gerichtskomplexes am Gefängnis, wo Harry jetzt in Untersuchungshaft saß.
    »Was, zum Teufel, ist denn

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