Die Dichterin von Aquitanien
Bastarden. Für die ist sie einfach eine Verwandte des Königs. Prinz Rhys hat schon eine Frau, deshalb wird seinem Bruder mit einem ähnlich unaussprechlichen Namen diese Ehre zuteil. Der König hofft, so bleibt wenigstens der Bruder loyal, falls Rhys wieder auf dumme Gedanken kommt.«
»Na, ob das mal gut geht, nur wegen einem Weib!«
Gelächter erklang.
»Und ich wette, der glaubt jetzt, er kriegt die Rothaarige«, wiederholte sich der erste Sprecher. »Wahrscheinlich wird er heute Nacht schon von ihr träumen, denn die ist ja wirklich nicht zu verachten!«
»Ein Eiszapfen ist sie. Trägt ihre Nase so hoch, dass man meint, sie stößt mit ihr gleich an die Decke. Wer die mit ins Bett nimmt, bekommt an einer empfindlichen Stelle Frostbeulen.«
Weiteres Gelächter, diesmal noch lauter und zügelloser, drang aus dem Raum und hallte von den Wänden des Gangs wider.
»Die andere, diese unscheinbare Kleine, die der junge Geoffroy gezeugt hat, scheint viel netter«, warf ein weiterer Mann ein.
»Na, das wird diesen Wilden sicher trösten, dass er eine nette kleine Frau kriegt, die in einem Dorf aufgewachsen ist und deshalb in der Einöde nicht jammern wird«, wurde sogleich spöttisch gekontert. »Wenn du mich fragst: Nette Frauen sind auf Dauer langweilig. Diese Rothaarige ist sicher nicht übel, wenn ein Kerl ihr erst einmal Manieren beigebracht hat. Die hat Feuer im Blut, das hält einen Mann bei Laune.«
Zustimmendes Grölen ertönte, dann kam lautstarker Widerspruch. Vor- und Nachteile unscheinbarer Frauen von liebenswerter Natur wurden erörtert, doch Marie hatte jegliches Interesse verloren, weiter zu lauschen. Der letzte Funken Hoffnung, dass es hier um eine andere Person gehen könnte als sie selbst, war soeben erloschen. Sie presste sich noch enger gegen die Wand, denn ihre Knie schienen weich wie schmelzende Butter und drohten unter ihr nachzugeben. Der Herzschlag hämmerte so laut in ihren Ohren, dass er alle anderen Geräusche verdrängte.
Das konnte nicht stimmen, versuchte sie sich zu beruhigen. Es war mit Sicherheit nur ein dummes Gerücht, das der Wächter irgendwo aufgeschnappt hatte. Warum sollte ein Ritter mit seinen Männern über die Pläne des Königs sprechen? Sie wollte nicht daran denken, dass sie selbst oft genug mit Hawisa redete, und einige der Damen unter den Bediensteten ihre Vertrauten hatten.
Eine innere Stimme flüsterte, dass sie in den großen Saal zurückgehen sollte, denn sie war schon viel zu lange fort gewesen. Sie würde nachfragen, was von dem Gerücht zu halten sei. Sich an Aliénor selbst zu wenden, wagte sie nicht, doch vielleicht würde Torqueri ihr Auskunft geben können. Oder auch Hawisa, der ebenfalls kaum eine Neuigkeit entging. Bald schon würde sie über ihre Ängste lachen können. Warum sollte ihr königlicher Onkel sie denn an den
Hof geholt haben, nur um sie bald darauf in die Wildnis zu schicken?
Allmählich nahm die Welt wieder klare, vertrauenswürdige Formen an. Marie setzte langsam Fuß vor Fuß und fühlte sich einigermaßen gefasst, als sie den großen Saal betrat. Inzwischen waren Braten aufgetischt worden, die Gäste nagten gierig an den Knochen und spülten das Fleisch mit schwerem Rotwein hinunter. Leider war Marie jeglicher Appetit vergangen. Sie ließ sich an ihrem angestammten Platz zwischen Torqueri und Emma nieder und versuchte, so entspannt wie möglich dreinzublicken. Durstig leerte sie die Hälfte ihres Weinbechers und fühlte, wie die letzten Reste ihrer Verkrampfung allmählich nachließen.
»Wo warst du so lange?«, fragte Torqueri.
Marie suchte rasch nach einer passenden Ausrede, doch missfiel es ihr, die gutherzige Dame zu belügen.
»Ich wollte nach dem Mädchen sehen, das von dem Ritter am anderen Ende des Saals belästigt wurde, aber leider konnte ich es nicht finden«, gestand sie daher.
Torqueri lächelte nachsichtig.
»Das war nicht schön, ich weiß, aber es geschieht leider oft. Die Ritter behandeln Dienstmägde wie Wild in den Wäldern. Ein hübsches Mädchen hat es da nicht einfach, sollte aber mittlerweile daran gewöhnt sein«, erklärte sie. Marie fühlte Unmut in sich aufsteigen und wollte etwas erwidern, doch Emma, die gern die Gespräche anderer belauschte, fiel ihr ins Wort.
»Aber unsere Ritter wissen wenigstens, wie Damen zu behandeln sind. Diese wilden Waliser machen da offenbar keinen Unterschied. Da sitzt so ein bärtiger Kerl neben diesem Prinzen aus Wales, der gafft mich die ganze Zeit an, als wäre
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