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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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füllte sogleich einen davon, dann sank er auf die Bank. Marie verharrte eine Weile regungslos.
    »Nun setz dich hin, oder ekelt es dich auch an, zusammen mit mir zu trinken?«
    Marie antwortete nicht, aber sie nahm gehorsam Platz. Das Gefäß mit dem Trank befand sich in ihrer Truhe. Nun musste sie einen Weg finden, Cadell das Schmerzmittel einzuflößen. Sie staunte, wie hilfreich es war, wieder ein klares Ziel vor Augen zu haben, mit dem sie Hoffnung verband.
    »Nun, reden macht dir wohl auch kein Vergnügen«,
brummte Cadell, nahm einen weiteren Schluck Bier und krümmte sich gleich darauf unter einem Hustenanfall.
    »Alles, was ich jede Nacht vor mir habe, ist dein angewidertes Gesicht. Da würde jedem Mann die Lust vergehen«, knurrte er, als der Husten nachgelassen hatte. »Vielleicht solltest du einmal mit Vater Brian sprechen, damit er dir deine Aufgaben als mein Weib erklärt. Du sperrst dich jeden Tag in deiner Kammer ein, um den Haushalt kümmert sich deine englische Dienerin. Lernen normannische Frauen nichts, außer sich herauszuputzen und herumzuhuren wie diese eitle Schlange, die der König geheiratet hat?«
    Marie senkte ihren Blick. Sie fragte sich, wo ihr häufig gerügter Widerspruchsgeist geblieben war. Cadell musste ihn zerstört haben, als er in der Hochzeitsnacht ihren Körper zerriss. Doch sie fühlte endlich wieder Zorn in sich brodeln.
    »Die Königin ist ihrem zweiten Gemahl treu. Ich habe während meiner Zeit an ihrem Hof keine verdächtigen Anzeichen bemerkt oder Gerüchte zu hören bekommen«, erklärte sie so ruhig wie möglich.
    Cadell leerte seinen Becher in einem Zug und füllte ihn sogleich erneut.
    »Vielleicht warst du ja zu dumm, um es zu merken. Du kümmerst dich auch hier um nichts und niemanden.«
    Maries Kinn fuhr hoch: »Wie soll ich mich um Dinge kümmern, wenn ich eingesperrt bin? Es ist mir verboten, diese Burg zu verlassen. Ich lebe wie eine Gefangene.«
    Cadell knallte seinen Becher auf den Tisch.
    »Du sollst lernen, meine Frau zu sein, nichts weiter. Draußen hast du dich nur mit diesem normannischen Ritter herumgetrieben. Er gefiel dir, nicht wahr?«
    Ein lautes Lachen stieg in Maries Kehle hoch, doch sie zwang es nieder. Wenigstens wusste sie nun, warum ihr die Ausflüge verboten worden waren.

    »Guy de Osteilli ist nicht mein Liebhaber«, entgegnete sie.
    Nun brach Cadell in grölendes Gelächter aus.
    »Natürlich ist er das nicht«, stieß er hervor. »Der Mann hat Augen im Kopf, und er kann hübschere Weiber haben als dich. Aber ich wollte nicht, dass du ihn weiter anschmachtest. Ich bin dein Gemahl, so war Gottes Wille. Und jetzt komm!«
    Maries Eingeweide zogen sich schmerzhaft zusammen. Sie presste ihre Hand an jene Stelle, wo das Rabenamulett verborgen war, und zwang sich, ruhig zu atmen. Cadell würde sich wieder auf ihr winden, sie immer heftiger kratzen und kneifen, und schließlich in Zorn ausbrechen, sobald er begriff, dass ihm auch diesmal die ersehnte Befriedigung versagt blieb. Danach würden weitere Beleidigungen oder gar Schläge folgen.
    »Mir scheint, dass Euch der Schmerz in den letzten Tagen sehr heftig plagt«, stieß sie mühsam hervor, während das Gewicht von Cadells Körper sie niederdrückte. Es gab jetzt keinen anderen Weg mehr, ihm das Mittel einzuflößen. Seine Wange lag dicht an der ihren, und sie konnte die rauen Ränder der Narbe spüren, die sein Gesicht entstellte. Für einen kurzen Augenblick fuhr er erstaunt zurück.
    »Was kümmern dich meine Schmerzen? Du winselst nur selbst, wenn ich dich berühre.«
    »Ich würde gern helfen, Euer Leid zu lindern«, entgegnete Marie. »Es gibt im nächsten Dorf eine Heilerin, zu der die Leute großes Vertrauen haben. Ich schickte meine Dienerin zu ihr und habe ein schmerzlinderndes Mittel bekommen.«
    Cadell schwieg einen Augenblick, dann presste er seine gesunde Hand wieder auf Maries Kehle.
    »Du bist zu dieser Hexe gelaufen, um mich vergiften zu können. So ist es doch. Warum gibst du nicht zu, dass du mich los sein willst?«

    Marie rang verzweifelt nach Atem und konnte daher nicht erwidern, dass er ihr dazu allen Grund gegeben hätte. Als Cadells Griff sich endlich lockerte und sie gierig Luft in ihre Lungen sog, war sie allerdings froh, diesen Gedanken nicht ausgesprochen zu haben. Cadell hatte ihr den Rücken zugewandt. Gekrümmt saß er am Rand des Betts. Ein weiterer Hustenanfall ließ ihn würgen, bevor er das Abendessen erbrach. Marie wich angewidert zurück, dann erkannte sie

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