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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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verschwunden war. So viel Aufregung hatte das
Dorf nicht mehr erlebt, seit sich 1846 drei aus ihrer Mitte mit Gewehr,
Jagdeifer und Heldenmut aufmachten, in den dichten Wäldern einem marodierenden
Wolf den Garaus zu machen. Auch Steiner, der es so eilig gehabt hatte, nach
Hause zu fahren, blieb verschwunden.
    »Oskar, wo ist Estelle?
Komm, such«, probierte Judith den lädierten Pudel zu animieren.
    Luxusmodell Oskar,
schwer erschöpft von seinem unfreiwilligen Tête-à-Tête mit Stier Luis, hatte
nicht das geringste Talent für eine Karriere als Suchhund. Mit eingezogenem
Schwanz verkroch er sich in eine Ecke, entschlossen, die feindliche Welt da
draußen nie wieder zu betreten.
    Eva hoffte noch immer,
dass sich alles aufklären würde: »Ich wette, Estelle kommt jeden Moment
reinspaziert und lacht uns aus, weil wir uns so aufgeregt haben.«
    »Vielleicht ist sie zur
Bank gefahren? Wegen der gesperrten Karten?«, gab Kiki zu bedenken.
    »Mit dem Fahrrad?
Niemals«, wandte Judith ein. »Die fährt höchstens mit der Limousine vor, um von
vorneherein deutlich zu machen, dass die Sperrung der Karten nur ein Irrtum
sein kann.«
    Und dann passierte
genau das, was Judith vorhergesagt hatte. Der Fall Steiner wurde zur
Belastungsprobe für die Dienstagsfrauen.
    Caroline ging Eva an:
»Ich habe dir immer gesagt, dass Steiner nicht koscher ist. Aber du musstest ja
unbedingt deine posttraumatische Midlife-Crisis ausleben.«
    Eva wollte sich den
Angriff nicht gefallen lassen: »Du bist ihm doch auch hinterhergedackelt. Vögel
beobachten. Als ob dich so was interessiert.«
    Caroline fiel ihr ins
Wort: »Bei mir hatte das einen Grund.«
    »Eifersucht?«, konterte
Eva.
    »Wenn Kiki ihre
Buchhaltung richtig führen würde, wüssten wir mehr«, mischte Judith sich ein.
»Aber sie hat ihn noch nicht mal einen Anmeldezettel ausfüllen lassen.«
    »Jetzt bin ich es
gewesen«, empörte sich Kiki. »Ich habe am allerwenigsten mit Steiner zu
schaffen.«
    Es ging jeder gegen
jeden und alle durcheinander. Bis Judith dazwischenfunkte: »Vielleicht hat sie
keine Lust mehr auf uns, weil hier dauernd Stress ist«, sagte sie in den
heftigen Wortwechsel hinein.
    Caroline überlegte: Es
gab immer wieder Menschen, die einfach verschwinden. Aber Estelle? Niemals.
    Kiki war ähnlicher
Meinung: »Sie ist ohne Wechselklamotten und Antifaltencreme los. Lange Reisen
kann sie nicht geplant haben.«
    Judith blieb bei ihrer
Einschätzung: »Ist doch wahr: Anstatt zusammenzuhalten, machen wir uns
gegenseitig Vorwürfe.«
    Das schrille Klingeln
von Carolines Telefon ließ die Diskussion verstummen. Leider war es nicht
Estelle. Der Anruf kam aus der Kanzlei. Caroline stellte ihr Telefon auf laut,
sodass alle mithören konnten, was Nora über Steiner herausgefunden hatte.
    »Er war im Finanzamt«,
verkündete die Anwaltsgehilfin. »Klassische Karriere: erst
Veranlagungsabteilung, dann Betriebsprüfungen, Bußgeldstelle, später die Fahndung.
Zuletzt hat er eine Frankfurter Bank auseinandergenommen.«
    »Finanzbeamter«,
wiederholte Eva. »Das meinte er also mit Zahlenfetischist.«
    Sie klang enttäuscht.
Steiner war ein Mann der Zahlen, wie Frido. Caroline argwöhnte, dass Eva der
Abenteurer ohne festen Wohnsitz besser gefallen hatte. Und doch machte es Sinn.
Vielleicht war die Steuerfahndung hinter Arthur Heinemann her? Alle Indizien
wiesen in diese Richtung: die Reiseroute von Steiner entlang der Projekte, in
die die Stiftung investierte, die internen Probleme im Apothekenimperium, die
gesperrten Karten, die Andeutungen über finanzielle Schwierigkeiten. Eins
jedoch machte keinen Sinn.
    »Steuerfahnder agieren
grundsätzlich zu zweit«, gab Caroline zu bedenken. »Die haben immer einen
Zeugen dabei.«
    »Man hat ihn vor zwei
Jahren rausgeschmissen. Fristlos gekündigt«, rief Nora dazwischen.
    »Was hat er denn
verbrochen?«, hakte Caroline nach. Sie wusste nur zu gut, dass bei Beamten ein
Rausschmiss nur über ein Disziplinarverfahren erfolgen konnte.
    »Niemand wollte mit der
Sprache raus, aber ich habe eine Quelle gefunden«, sagte ihre Angestellte
stolz. Sie legte eine ihrer berühmten Pausen ein, die den Freundinnen Raum ließ
zu spekulieren, zu raten und mächtig genervt zu sein.
    Caroline verlor die
Nerven mit ihrer Mitarbeiterin: »Nora, wenn Sie jetzt nicht reden, droht Ihnen
dasselbe Schicksal wie Steiner.«
    Genüsslich spielte die
junge Frau ihren Trumpf aus: »Ich habe das psychiatrische Gutachten, das zu
seiner Entlassung geführt hat.«
    »So

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