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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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war.«
    »Sie ist eine Mörderin!«, sagte Mallory.
    »Komisch, Sir, genau das sagt sie von Ihnen.«
    »Wisst ihr, wo sie zu finden sind?«, fragte Fraser.
    Tate schüttelte den Kopf. »Wir könnten uns umsehen.«
    »Das könnten Sie tun, während Sie Foulke beobachten«, sagte Mallory in einem Anflug von Inspiration. »Ich könnte mir denken, dass sie alle irgendwie unter einer Decke stecken.«
    »Foulke ist in Brighton«, sagte Tate. »Konnte den Gestank nicht aushalten – sehr zartfühlend. Und wenn wir nach Brighton fahren wollen, könnten Velasco und ich den Fahrpreis gebrauchen – Spesen, wissen Sie.«
    »Geben Sie mir eine Abrechnung«, sagte Mallory. Er gab Velasco eine Pfundnote.
    »Dr. Mallory will die Spesenabrechnung genau spezifiziert«, sagte Fraser. »Mit Quittungen.«
    »Recht und billig, Sir«, sagte Tate. Er berührte zum Gruß die Hutkrempe. »Sehr erfreut, den Interessen der Nation zu dienen.«
    »Und hübsch höflich bleiben, Tate.«
    Tate ignorierte ihn und lächelte Mallory zu. »Sie werden von uns hören, Sir.«
    Fraser und Mallory sahen ihnen nach. »Ich denke, Sie sind um zwei Pfund ärmer«, sagte Fraser. »Die zwei werden Sie nie wiedersehen.«
    »Vielleicht billig, zu dem Preis«, meinte Mallory.
    »Nein, ist es nicht, Sir. Es gibt viel billigere Methoden.«
    »Wenigstens bekomme ich nicht wieder von hinten einen Knüppel über den Kopf.«
    »Nein, Sir, nicht von denen.«
    Mallory und Fraser aßen sandige, mit Truthahn und Schinken belegte Sandwiches an einem Imbisskarren. Wieder gelang es ihnen nicht, eine Droschke zu mieten. Keine einzige war auf der Straße zu sehen. Die Stationen der Untergrundbahn waren alle geschlossen; zornige Streikposten riefen den Passanten vulgäre Beschimpfungen zu.
    Die zweite Verabredung des Tages, in der Jermyn Street, war für Mallory eine herbe Enttäuschung. Er war zum Museum gekommen, um über seinen Vortrag zu sprechen, aber Mr. Keats, der Kinotropist der Royal Society, hatte ein Tele gramm geschickt, in dem er sich als sehr krank deklarierte, und Huxley war in eine Ausschusssitzung gelehrter Lordschaften gerufen worden, die zusammengekommen war, um die Notlage zu erörtern. Es gelang Mallory nicht einmal, seinen Vortrag abzusagen, wie Disraeli vorgeschlagen hatte, denn Mr. Trenham Reeks erklärte sich außerstande, eine derartige Entscheidung ohne Huxleys Autorität zu treffen, und Huxley hatte nicht hinterlassen, wo er zu erreichen war.
    Um Salz in seine Wunde zu reiben, zeigte sich das Museum für Praktische Geologie fast verlassen; die fröhlichen Schulklassen und die Freunde der Naturgeschichte fehlten bis auf ein paar verlorene Gestalten, die offensichtlich nur der reineren Luft wegen gekommen waren, und um der Hitze zu entgehen. Sie lungerten unter dem ragenden Skelett des Leviathans herum, als würden sie am liebsten seine mächtigen Knochen zerschlagen und das Mark aussaugen.
    Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zurück zum Palast der Paläontologie zu gehen und sich auf das Abendessen mit dem Agnostischen Verein Junger Männer vorzubereiten. Der AVJM war eine Studentengruppe. Von Mallory als der Hauptperson des Abends wurde erwartet, dass er nach dem gemeinsamen Essen ein paar Anmerkungen machte. Er hatte sich auf den Abend gefreut, denn der AVJM war ein fröhlicher Verein, ganz und gar nicht so wichtigtuerisch wie der respektable Name andeuten mochte, und die rein männliche Gesellschaft würde ihm erlauben, ungehemmt ein paar freie Scherze einzuflechten, die für junge unverheiratete Männer geeignet waren. Mallory kannte mehrere von ihnen durch Disraeli, die ihm sehr gut gefallen hatten. Nun aber fragte er sich, wie viele von seinen Gastgebern noch in London sein mochten oder wie die jungen Männer zusammenkommen konnten, wenn sie noch dazu geneigt waren, und, schlimmer noch, wie sich das Essen im Obergeschoss des Gasthauses gestalten würde, das nahe der Blackfriars Bridge und in der vorherrschenden Windrichtung von der Themse lag.
    Die Straßen waren merklich leerer geworden; immer mehr Geschäfte hatten geschlossen. Mallory hielt Ausschau nach einem Barbier, um sich Haare und Bart schneiden zu lassen, doch ohne Erfolg. Die Bürger Londons waren aus der Stadt geflohen, soweit es ihnen möglich war, oder hielten sich hinter verschlossenen Fenstern in ihren Wohnungen auf. Da die Wetterlage noch immer keinen Luftaustausch gestattete, hing der Rauch zwischen den Häusern und bildete mit anderen Ausdünstungen und Verunreinigungen einen

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