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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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zertrampelt von einem Ungeheuer? Und nicht nur ihr haben die Folgen dieser schmutzigen Verleumdung das Herz gebrochen, sondern auch für einen Helden von der Krim, dessen ehrliche Absicht es war, sie zu seiner Frau zu machen, ist eine Welt zusammengebrochen …«
    Fraser ächzte laut. »Genug!«
    Brian lehnte sich zurück, befriedigt über den Erfolg seines Appells und zugleich verdrießlich wegen der Unterbrechung.
    Fraser strich sich mit beiden Händen die Rockaufschläge glatt. »Es scheint, diese Zeit ist vom Schicksal bestimmt, uns allen Gefahren und Risiken zu bringen«, räumte er ein. »Ich persönlich habe kein bisschen Glück gehabt, seit ich Ihnen begegnet bin, Dr. Mallory, und ich möchte gern glauben, dass ich für eine Wende zum Besseren fällig bin.« Er blickte in die Runde, und seine Augen glitzerten plötzlich. »Nun gut. Wer sagt, dass wir den Gauner nicht einfangen können, hm? Verhaften! Er ist schlau, aber vier mutige Männer könnten den Bösewicht überraschen, während er im armen geplagten London herumstolziert wie ein Jakobinerprinz.« Frasers Miene verfinsterte sich in nachdenklicher Entschlossenheit.
    »Das Glück begünstigt den Mutigen«, sagte Brian.
    »Und Gott schützt die Narren«, murmelte Fraser. Er zog die Hosenbeine über die knochigen Knie und beugte sich vor. »Das ist keine Sache, die auf die leichte Schulter zu nehmen ist, meine Herren! Kein interessantes kleines Abenteuer für Amateure. Dies ist gefährliche Arbeit! Wir werden das Gesetz und unser Leben und unsere Ehre in die eigenen Hände neh men. Wenn es überhaupt geschehen soll, muss es mit der striktesten Disziplin und unter absoluter Geheimhaltung stehen.«
    Mallory fühlte, dass der Sieg errungen war, und festigte ihn mit einer Geschicklichkeit, die ihn selbst überraschte. »Meine Brüder und ich respektieren Ihre besonderen Fachkenntnisse, Mr. Fraser! Wenn Sie uns zur Gerechtigkeit verhelfen, dann werden wir uns gern Ihrem Befehl unterstellen. Sie brauchen niemals an unserer Diskretion noch an unserer Entschlossenheit zu zweifeln. Die heilige Ehre unserer eigenen lieben Schwester steht auf dem Spiel.«
    Tom und Brian schienen überrumpelt von dieser plötzlichen Richtungsänderung, denn sie misstrauten Fraser noch immer, aber Mallorys feierliches Gelöbnis duldete keinen Einwand von ihrer Seite. Sie folgten seiner Führung.
    »Sie werden mich nicht kneifen sehen!«, bekundete Tom. »Nicht einmal, wenn es zu meinem Grab ginge!«
    »Ich sollte meinen, das Wort eines britischen Soldaten zählt noch immer«, meldete sich Brian zu Wort.
    »Dann werden wir es wagen«, sagte Fraser mit düsterem Fatalismus.
    »Ich muss im Zephyr Dampf aufmachen!«, erklärte Tom und stand auf. »Eine halbe Stunde braucht meine kleine Schönheit, wenn der Kessel kalt ist.«
    Vor dem Palast der Paläontologie suchte Mallory, gewaschen, gekämmt und gründlich eingestaubt mit Flohpulver, sicheren Halt auf dem hölzernen Kohlentender des Zephyr. In der strö mungsgünstigen Blechschale des schnaufenden kleinen Dampf wagens war kaum genug Raum für zwei Personen. Tom und Fraser hatten diese Plätze eingenommen. Sie argumentierten jetzt über einen Stadtplan von London.
    Brian stampfte eine Höhlung in die Segeltuchdecke, unter der die schrumpfenden Kohlenvorräte lagen, und setzte sich hinein. »Diese modernen Dampfwagen haben so kleine Feuerungen, dass sie ständig beheizt werden müssen«, bemerkte er mit einem stoischen Lächeln. Er saß Mallory gegenüber. »Man kann die Kohlenschaufel kaum aus der Hand legen. Aber du solltest Tom hören, wie er mit dieser kostbaren Maschine angibt; auf der Fahrt von Lewes hierher hat er mir ein Loch in den Bauch geredet.«
    Der Dampfwagen mit seinem Kohlenanhänger setzte sich in Bewegung; die mit Gummi belegten Holzspeichenräder des Letzteren drehten sich mit rhythmischem Knarren. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit rollten sie die Kensington Road hinunter. Brian streifte einen vom Schornstein ausgestoßenen Funken von seinem makellosen Ärmel.
    »Du brauchst einen Atemschutz«, sagte Mallory und hielt seinem Bruder eine der behelfsmäßigen Masken hin, die von den Damen im Palast genäht worden waren: ein sauber gearbeitetes Viereck aus leichtem Baumwollstoff, ausgestopft mit billiger Baumwolle aus den Konföderierten Staaten und mit Bändern benäht.
    Brian schnüffelte den Fahrtwind. »Nicht so schlimm.«
    Mallory verknotete die Bänder seines Atemschutzes am Hinterkopf. »Auf lange Sicht, mein

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